Champions League: Werder Bremen:Ab in den Supermarkt

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Mit dem Erreichen der Champions League und dem Verkauf von Mesut Özil hat Werder Bremen Millionen eingenommen. Im Schlussverkauf muss der Verein dieses Geld nun mit Bedacht investieren.

Jürgen Schmieder

Thomas Schaaf war sauer, mürrisch stand er da am Spielfeldrand. Das verwunderte zunächst ein wenig, hatte Werder Bremen doch gerade durch ein 2:3 bei Sampdoria Genua die Gruppenphase der Champions League erreicht. Der Verein darf sich zum siebten Mal mit den besten Vereinen Europas messen und über zusätzliche Millionen-Einnahmen freuen.

Markus Rosenberg erzielt das 1:3 - durch seinen Einsatz in Genua darf er in dieser Spielzeit nicht mehr für einen anderen Klub in der Champions League spielen. (Foto: dpa)

Schaaf grummelte über die Szene in der 72. Spielminute, als Schiedsrichter Viktor Kassai dem Bremer Spieler Sandro Wagner den Zugang zum Spielfeld verwehrte. Wagner hatte sich bei einem Zweikampf wenige Minuten zuvor eine Platzwunde an der rechten Wange zugezogen, sein Trikot war voller Blut, ein Ersatzleibchen auf die Schnelle nicht aufzutreiben. "Künftig wird unser Zeugwart mit drei Koffern rumlaufen müssen", sagte Schaaf.

Er hatte Wagner vom Feld nehmen und gegen Markus Rosenberg tauschen müssen, der mit seinem Treffer zum 1:3 in der 93. Spielminute dafür sorgte, dass diese Partie um 30 Minuten verlängert wurde. Der Trainer wurde quasi zu seinem Glück gezwungen, wenig später traf Claudio Pizarro zum 2:3, was nach dem 3:1-Erfolg im Hinspiel die Teilnahme an der Königsklasse bedeutete. "Es ist wohl so, dass die Mannschaft immer etwas Besonderes macht: Sie bringt sich selbst in Not und zieht sich dann selbst wieder raus", sagte Schaaf. "Sie ist für beide Ausschläge zu haben." In diesem Moment war sogar ein Lächeln in seinem Gesicht zu sehen.

Schaafs Ärger zuvor lässt sich vermutlich mit dem 31. August begründen, jenem Tag, an dem die Transferfrist endet. Die Komposition des Kaders von Werder Bremen für die Spielzeit, die längst begonnen hat, ist längst nicht abgeschlossen. Manager Klaus Allofs hatte schon vor der Partie in Genua angekündigt, sich noch einmal in den Spieler-Supermarkt begeben zu wollen, um sowohl Zukäufe zu tätigen als auch Spieler abzugeben.

Rosenberg ist ein Akteur, den die Bremer Verantwortlichen in die Auslage gestellt haben in der Hoffnung, dass ein anderer Verein zugreift. Durch seinen - wenn auch überaus erfolgreichen - Einsatz in Genua darf er für keinen anderen Klub in der Königsklasse spielen und rutscht deshalb vom Schaufenster auf einen der Wühltische des europäischen Fußballs.

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Durch den Verkauf von Mesut Özil an Real Madrid hat Werder Bremen kolportierte 18 Millionen Euro eingenommen, durch die Teilnahme an der Champions League werden mindestens 15 Millionen hinzukommen. Als kostenintensive Zugänge stehen bereits Marko Arnautovic (6,2 Millionen) und der brasilianische Dribbler Wesley (7,5 Millionen) fest.

Claudio Pizarro nach seinem Treffer zum 2:3. Der Peruaner kam nach seinen Gastspielen beim FC Bayern und dem FC Chelsea vor zwei Jahren zurück nach Bremen. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Bei der Partie in Genua fehlten mit Aaron Hunt und Hugo Almeida offensive Stammkräfte, womit sich die spielerischen Defizite in den ersten 90 Minuten begründen ließen. Probleme hatten die Bremer indes vor allem in der Defensive - nicht nur wegen des Ausfalls von Innenverteidiger Naldo. "Am Anfang haben wir im Prinzip alles falsch gemacht", sagte Schaaf. "Wir haben lange gebraucht, um Sampdoria zu stoppen."

Der linke Außenverteidiger Petri Pasanen beteiligte sich vermehrt am Aufbauspiel von Sampdoria und lieferte sich mit seinem Kollegen auf der rechten Seite, Clemens Fritz, das gesamt Spiel über einen internen Wettbewerb, wem die meisten Stellungsfehler unterlaufen (knapper Punktsieger: Fritz). Wie schwer es jedoch ist, gerade auf dieser Position einen Spieler zu finden, der höchsten Ansprüchen genügt und gleichzeitig den finanziellen Rahmen nicht sprengt, zeigt nicht zuletzt die Ankündigung des nun wirklich nicht klammen FC Bayern, Diego Contento auf der linken Außenbahn vertrauen zu wollen.

Einen Tag nach der Qualifikation bestätigte Manager Klaus Allofs das Interesse am französischen Defensivspieler Mikael Silvestre. Der 33-Jährige war in seiner Karriere bereits für Inter Mailand, Manchester United und den FC Arsenal tätig, ist derzeit jedoch ohne Verein und deshalb ablösefrei zu bekommen. "Wir sind in aussichtsreichen Gesprächen, es sieht so aus, dass Silvestre zu uns kommt", sagt Allofs.

Ob die Bremer Verantwortlichen auch noch einen Ersatz für Mesut Özil verpflichten, ist indes ungewiss. Zugang Arnautovic konnte sein Talent bislang erfolgreich verbergen, doch Thomas Schaaf ist sich sicher, dass "Bremen ihn lieben wird". Wesley spielte beim FC Santos meist auf der rechten Seite, laut Allofs kann der Brasilianer "im Mittelfeld auf allen Positionen eingesetzt werden".

So bleibt die interne Lösung mit Aaron Hunt zunächst die erste Alternative, zumal Allofs auch eine Rückkehr des brasilianischen Dribblers Diego ausschließt. Zwar hat Werder Bremen in den vergangenen Jahren immer wieder Spieler an die Weser zurückgeholt, die bei ihren neuen Vereinen nicht glücklich wurden, Torsten Frings und Tim Borowski etwa, doch bezeichnete Allofs eine Verpflichtung von Diego als schöne Utopie: "Die Gehälter können wir nicht zahlen. So reizvoll es ist, wirtschaftlich ist es nicht möglich."

Allofs wird sich nun in aller Ruhe zum Schlussverkauf begeben, ob er jedoch schnelle Zukäufe tätigt, ist ungewiss. "Irgendwann werden wir das Geld investieren", sagte er. Den Zeitpunkt ließ er jedoch offen. Es wäre nicht das erste Mal, dass der gewiefte Manager sich in der Öffentlichkeit zurückhaltend gibt, um dann mit einem prägenden Spieler vom Wühltisch zurückzukehren. Vor zwei Jahren präsentierte er kurz vor dem Ende der Transferperiode Claudio Pizarro.

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