Champions League:Guardiola hofft auf Jesus

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Torjubel mit Telefon: Auf ähnliche Bilder von Stürmer Gabriel Jesus muss Manchester City gegen den FC Liverpool hoffen nach dem 0:3 im Hinspiel. (Foto: REUTERS)
  • Nach dem 0:3 beim FC Liverpool im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinales stützt Manchester-City-Trainer Pep Guardiola seine Hoffnungen auf den besten Angriff der Premier League.
  • Dazu zählt: Gabriel Jesus. Er hat im Jahr 2017 in 38 Spielen 17 Tore und neun Vorlagen geliefert, obwohl ihn zwischenzeitlich ein Mittelfußbruch stoppte.
  • Allerdings gelang es City seit 1970/71 im Europapokal nicht mehr, nach einer Niederlage in der ersten Begegnung noch weiterzukommen.

Von Sven Haist, Manchester

Wenn nur noch ein Wunder hilft, dann ist es für einen Verein wahrscheinlich beruhigend zu wissen, dass man Spieler hat, die in ihren Karrieren schon sogenannte Wunder vollbracht haben. Als Manchester City im Mai 2012 am letzten Spieltag der Saison die Meisterschaft verspielt zu haben schien, erzielte Sergio Agüero mit der letzten Aktion der Partie doch noch das siegbringende Tor. Das 3:2 über die Queens Park Rangers durch zwei Treffer in der Nachspielzeit sicherte City den ersten Titel in der Premier League. Neben dem Angreifer Agüero besitzt ManCity aber noch einen weiteren Stürmer, der bisher zwar an keinem offiziell zertifizierten Fußballwunder mitgewirkt hat, dem derartiges aber schon wegen seines Namens zugetraut wird. Dieser Stürmer heißt Gabriel Jesus.

Nach dem 0:3 beim FC Liverpool im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League ist Manchester City an diesem Dienstag im Rückspiel gezwungen, an alles zu glauben, was sich herbeikonstruieren lässt, um das Aus im prominentesten Wettbewerb noch abzuwenden. Seit dem Aufeinandertreffen mit dem polnischen Klub Górnik Zabrze 1970/71 gelang es City im Europapokal nicht mehr, nach einer Niederlage in der ersten Begegnung die nächste Runde zu erreichen.

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Immerhin hat der FC Barcelona in der Vorsaison durch ein 6:1 zuhause gegen Paris bestätigt, dass sich sogar ein 0:4 aus dem Hinspiel noch umkehren lässt. Beim Versuch, ein ähnliches Kunststück zu bewerkstelligen, wird der beste Angriff der Premier League auf jene Protagonisten zurückgreifen, die maßgeblich verantwortlich sind für die Bilanz von bisher 90 Toren in 32 Ligaspielen. Hinter dem besten Torschützen Agüero (21 Tore), der sich nach Kniebeschwerden rechtzeitig fit gemeldet hat, reihen sich Raheem Sterling (16) und der ehemalige Schalker Leroy Sané (9) ein, sowie eben: Jesus (9).

Für 30 Millionen Euro holte Guardiola den Brasilianer aus Sao Paulo

Im Kalenderjahr 2017 hat Jesus im Trikot der Citizens in 38 Spielen 17 Tore und neun Vorlagen geliefert, obwohl ihn zwischenzeitlich ein Mittelfußbruch aus der Balance gebracht hatte. Für etwa 30 Millionen Euro holte City den Wunderknaben im Sommer 2016 aus seinem Vertrag bei Palmeiras São Paulo, wobei die Engländer ihn dort noch bis Winter spielen ließen.

Bei seiner Ankunft im Nordwesten der Insel forderte Jesus dann direkt in einem südamerikanischen Schlagabtausch den Argentinier Agüero auf der Position des Mittelstürmers heraus - und löste dessen Monopol auf. Mit seiner Bereitschaft, nach hinten mit derselben Intensität zu laufen wie nach vorne, verdrängte Jesus den Konkurrenten Agüero umgehend auf die Bank. Der gönnte sich in der gegnerischen Hälfte auch mal den Luxus, trotz anders lautender Anweisungen seines Trainers Pep Guardiola einfach stehen zu bleiben.

Inzwischen hat der Überbietungswettkampf zwischen dem lernwilligen Jesus, 21, und dem abgezockten Agüero, 29, dafür gesorgt, dass sich beide in den Torschützenlisten nach oben geschossen haben. Gemeinsam können sie nämlich ebenfalls auf Torjagd gehen: In der Hinrunde der Premier League schossen sie als Doppelspitze die ersten drei Treffer beim 5:0 über Liverpool. Eine Wiederholung der Aufführung würde Manchester City an den Reds vorbei zum zweiten Mal in der Klubgeschichte ins Halbfinale der Königsklasse führen. In 50 Pflichtspielen dieser Saison schaffte Guardiolas Team neun Mal ein Ergebnis, das fürs Weiterkommen reichen würde. Vier weitere Resultate hätten immerhin für die Verlängerung gereicht. An der Fitness der Angreifer wird das Vorhaben wohl kaum scheitern, Jesus und Agüero kamen am Wochenende schonungshalber nur in der Schlussphase zum Einsatz.

Die Erholungspause war für Jesus notwendig geworden, weil er im Jahr 2018 erst zweimal den Ball im Tor untergebracht hat. Etwa anderthalb Monate bremste ihn eine Knieverletzung aus, und der verloren gegangene Rhythmus hängt ihm weiter nach, weil seine Begabung hauptsächlich in den schwungvollen Bewegungen im Strafraum liegt. Ein Zusammenschnitt der Treffer offenbart wenig spektakuläre Szenen.

Das liegt nicht etwa an fehlender Fußfertigkeit und Körperbeherrschung, bei Jesus ist es schlicht so, dass er durch seine Dynamik und seinen Instinkt einfach früher am Ball ist als seine Gegner. Das bringt ihm sogar den nötigen Vorsprung ein, wenn er sich bei einer Größe von lediglich 1,75 Metern im Kopfballzweikampf behaupten muss. "Er hat alles, um einer der besten Stürmer der Welt zu werden", stellt sein Mentor Guardiola fest.

Die Furcht vor körperlich stärkeren Spielern hat sich Jesus bereits in der Kindheit abtrainiert. Im Armenviertel Jardim Peri im Norden der Millionenstadt São Paulo duellierte er sich mit Menschen jeglicher Altersklassen auf den maroden Plätzen eines Militärgefängnisses. Einer der Gegenspieler drohte an, ihm die Füße zu brechen, weil Jesus ihn mit seinen Dribblings nervte. Über ein Sozialprojekt, das Talenten die Möglichkeit bietet, sich für bekannte Vereine in Brasilien zu empfehlen, entkam Jesus dem Schlamassel. Nach diesen Erlebnissen dürfte ihn auf seinem Lebensweg nicht mehr viel schocken. Schon gar kein 0:3 in Liverpool.

© SZ vom 10.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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