Champions League:Erzürnter BVB: "Das war eine einzige Sauerei"

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Nach dem 2:1 in Lissabon klagen die Dortmunder über das unfaire Verhalten der Portugiesen. Umso größer ist die Freude über den wichtigen Sieg.

Von Felix Meininghaus, Lissabon

Etwa 20 Minuten waren nach dem Abpfiff vergangen, als Thomas Tuchel noch einmal den Rasen des Estádio José Alvalade betrat. Dortmunds Trainer wandte sich nach links zum Block, in dem sich die in Schwarz und Gelb gekleideten Fans des BVB versammelt hatten, reckte seine Daumen in die Höhe. Im Normalfall verweigert der 43-Jährige der Anhängerschaft einen solchen Auftritt, weil er die Überzeugung vertritt, die große Bühne gebühre einzig und allein den Spielern. Hier in Lissabon machte Tuchel eine Ausnahme - was dokumentierte, wie wertvoll ihm der kurz zuvor errungene Sieg erschien.

Nicht nur, weil das 2:1 (2:0) beim 18-maligen portugiesischen Meister Sporting Lissabon einen wichtigen Schritt im Kampf um den Einzug in die K.-o.-Phase der Champions League bedeutet, sondern auch, weil er mit unglaublich viel Engagement und Leidenschaft erkämpft wurde. Die 90 Minuten bestritt die arg dezimierte Dortmunder Mannschaft an der Schmerzgrenze, so bewegten sich die Spieler nach dem Schlusspfiff dann auch.

"Wir waren müde, auch vom Kopf her", berichtete der starke Torhüter Roman Bürki, "dieses Spiel hat viel Energie und viele Nerven gekostet."

Ginter und Bartra mit Kreislaufproblemen ausgewechselt

Tatsächlich war es ein echter Kraftakt, den die Dortmunder vor fast 50 000 fanatischen Zuschauern in der portugiesischen Hauptstadt hingelegt hatten. Er wurde belohnt, obwohl der BVB in der zweiten Hälfte trotz einer recht komfortablen Zwei-Tore-Führung arg in die Bredouille geraten war. Dass der so kostbare Vorsprung trotz neun Verletzter und neuer Ausfälle im Spielverlauf ins Ziel gerettet wurde, wertete Tuchel als riesigen Schritt in der Entwicklung seiner jungen Mannschaft: "Wir haben unglaublich gefightet, viel gearbeitet und sehr gelitten. Es hat unglaublich viel Energie und Bereitschaft gekostet, so verbissen um diesen Sieg zu kämpfen."

In der Endphase dieses so vehement geführten Schlagabtauschs mussten Matthias Ginter und Marc Bartra mit Kreislaufproblemen ausgewechselt werden, auch der 18-jährige Felix Passlack, der sich auf der linken Außenbahn mit Gelson Martins unglaublich intensive Duelle lieferte, hielt nicht bis zum Ende durch: "Er hatte Krämpfe und braucht bis zum Spiel am Samstag in Ingolstadt Elektrolyte", berichtete Tuchel.

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Halbe Mannschaft verletzt, halb so wild: Der BVB beweist beim 2:1 in Lissabon internationale Reife - und gewinnt dank schöner Tore.

Da die Portugiesen ähnlich leidenschaftlich, manchmal sogar unfair, dagegenhielten, stand das Spiel lange auf der Kippe, bei dem Torjäger Pierre-Emerick Aubameyang (9.) in der Anfangsphase traf und Julian Weigl mit seinem ersten Profitor (43.) nachlegte. Tuchel wusste, dass es auch anders hätte ausgehen können: "Gerechtigkeit ist kein Maßstab, wenn Spiele so eng sind. Aber wir fühlen uns als verdiente Sieger, weil wir so viel investiert haben."

Dortmunds Trainer zeigte sich nicht nur von der Willensstärke der eigenen Spieler beeindruckt, sondern auch "von der Wucht und dem immer massiver werdenden Druck von Sporting. Da haben wir mit großem Aufwand dagegengehalten, selbst wenn wir von diesem Gegner und dieser Kulisse ein Stück weit beeindruckt waren." Dortmund bestand den Charaktertest, was den starken Matthias Ginter nicht sonderlich überraschte: "Wir haben schon oft genug bewiesen, dass wir unsere Qualitäten in die Waagschale werfen können."

Sein Kollege Sebastian Rode erhofft sich vom Erfolgserlebnis angesichts der angespannten Personallage und vieler Spiele in drei Wettbewerben sogar mildernde Wirkung: "So ein Sieg lässt die Wunden leichter heilen." Mit zwei Siegen und einem wertvollen Remis gegen Titelverteidiger Real Madrid ist der BVB nach drei Vorrundenpartien voll im Soll. "Die Mannschaft hat sich mit jeder Faser des Körpers gegen den Ausgleich gestemmt", lobte Sportdirektor Michael Zorc, den allerdings das unfaire Verhalten des Gegners erzürnte.

Zwei Mal spielte Sporting den Ball nicht zum Gegner zurück, nachdem BVB-Spieler den Ball aufgrund von Verletzungen ins Aus geschossen hatten: "So etwas habe ich in den 30 Jahren, die ich jetzt im Profifußball unterwegs bin, noch nicht erlebt", ereiferte sich Zorc: "Das war eine einzige Sauerei."

"So wachen alle mit einem wohligen Gefühl auf"

Belohnt wurden die Portugiesen dafür nicht, was Tuchel spürbar erleichterte: "Nicht auszudenken, wie sich ein spätes Gegentor auf uns ausgewirkt hätte", dozierte der Schwabe. "So wachen alle mit einem wohligen Gefühl auf." Tatsächlich vermittelten alle Statements und auch die Körpersprache der BVB-Profis den Eindruck, dass dieser Sieg als besonders wertvoll eingestuft wurde. "Wir erlauben es uns, heute sehr glücklich zu sein und diesen Sieg zu genießen", sagte Tuchel. "Wir werden ein bisschen feiern, auch wenn wir wissen, dass erst Halbzeit ist in diesem Vergleich.

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