Bundesliga: Mats Hummels:Absage an die Heimat

Lesezeit: 3 min

Mats Hummels widersteht dem Ruf des FC Bayern und entscheidet sich für das Jugendprojekt von Borussia Dortmund. Dabei verzichtet er offensichtlich auf viel Geld.

Freddie Röckenhaus

Scheibchenweise wurde die Nachricht erst dementiert, dann teildementiert und zuletzt, um 15.04 Uhr, unter dem anschwellenden Druck der Anfragen offiziell bestätigt: Jung-Nationalspieler Mats Hummels verlängert seinen Arbeitsvertrag mit Borussia Dortmund um ein Jahr bis 2014.

Gegenseitiges Vertrauen: Mats Hummels mit seinem Trainer und Förderer Jürgen Klopp. (Foto: dapd)

Damit erteilte der 22-Jährige, der gleichauf mit seinem Mannschaftskollegen Nuri Sahin im Fachblatt Kicker als notenbester Bundesliga-Spieler der laufenden Saison geführt wird, den Avancen seines Stammvereins Bayern München eine schmerzhafte Abfuhr. Laut BVB-Manager Michael Zorc soll der Vertrag bereits an diesem Mittwoch unterzeichnet werden.

Der FC Bayern hatte hinter den Kulissen heftig um Mats Hummels geworben, der 13 Jahre für den Verein die Jugend-Mannschaften durchlaufen und dort auch sein Bundesliga-Debüt gegeben hatte. Dortmund hatte Hummels im Dezember 2007 zunächst auf Leihbasis aus München geholt und dann für knapp 4,5Millionen Euro fest engagiert - für einen 19-jährigen Abwehrspieler eine mehr als stattliche Ablösesumme.

In München wurde der Transfer seinerzeit als Erfolg gewertet. Weder Ottmar Hitzfeld noch Jürgen Klinsmann hatten Verwendung für den jungen Hummels gesehen. Trainer Jürgen Klopp ließ in Dortmund dagegen weitere 4,5 Millionen in den fast auf den Tag gleich alten Neven Subotic investieren und erklärte die beiden Teenager zur neuen Innenverteidigung von Borussia Dortmund. Subotic und Hummels sind in Dortmund in den vergangenen 18 Monaten zum besten Innenverteidiger-Paar der Bundesliga aufgestiegen.

"Wir haben unsere Gehaltshygiene für diese Vertragsverlängerung eingehalten", sagt Dortmunds Manager Michael Zorc. Das Gehalt von Hummels sei "sinnvoll" angehoben worden, seinem neuen Status als Nationalspieler angemessen. "Aber wir müssen nicht befürchten, dass Teamkameraden von Mats jetzt auf der Matte stehen und mehr Geld wollen. Diese Balance ist uns sehr, sehr wichtig und wir haben sie beibehalten." Zorcs Vorstandschef Hans-Joachim Watzke behauptet ebenfalls: "Wir haben nichts Unvernünftiges gemacht."

Bundesliga: Elf des Spieltags
:Kuriose, ernste Fußballwelt

Lehrer Udo Lattek würde in Schalke das Licht ausmachen, Frank Rost enteiert und fackelt weg, zwei Münchner Sorgenkinder therapieren sich selbst. Doch der Fußball erinnert sich auch, dass der Ball nicht alles ist.

Die Elf des Spieltages

In der Mannschaft kursiert das neue Gehalt von Hummels in der Größenordnung von etwa zwei Millionen Euro; der FC Bayern soll bei seinem Werben um Hummels weitaus höher gelegen haben. Wenn die Zahlen halbwegs verlässlich sind, dann ist Hummels sein Verbleib beim Fast-schon-Meister Dortmund viel Geld wert, auf das er verzichtet. Zorc wollte sich zu den Zahlen nicht äußern, bestätigte aber, dass "wir einige Gesetzmäßigkeiten im Profisport im Moment ein wenig außer Kraft setzen".

Die Fußballgötter
:Lame Ducks

Bei der Partie zwischen dem FC Bayern und dem Hamburger SV treffen zwei Trainer aufeinander, die am Saisonende den jeweiligen Verein verlassen. Wie reagieren die Spieler?

Fußballcomic

Roger Wittmann, der Berater von Hummels' Mitspieler Marcel Schmelzer, der kürzlich ebenfalls in Dortmund bis 2014 verlängerte, hatte kürzlich bereits berichtet, dass er von seinem Klienten keine Erlaubnis erhielt, "ernsthaft mit anderen Klubs zu verhandeln". Auch um Schmelzer hatte sich der FC Bayern angeblich bemüht und eine Absage bekommen.

Das Gruppengefühl der Mannschaft um Jürgen Klopp scheint so hohe Bindungskräfte zu erzeugen, dass es derzeit bei den im Schnitt etwa 22 Jahre jungen Spielern offenbar tatsächlich mehr um das gemeinsame Gruppen- und Erfolgserlebnis geht als um reine Profitmaximierung.

Auch von Hummels heißt es, er habe sich über die Empfehlungen seines Vaters Hermann Hummels, zugleich sein Berater und außerdem Jugendmanager beim FCBayern, hinweg gesetzt. Manager Zorc wollte die konträre Haltung von Berater-Vater Hummels nicht bestätigen: "Ich denke, dass es nicht wirklich entscheidend war, welche Haltung der Vater hier hatte. Mats ist ja ein sehr kluger junger Mann, der allein weiß, was gut für ihn ist und wo er für sich die besten Entwicklungschancen sieht." Eine Ausstiegsklausel, wie sie der bisherige Vertrag von Hummels enthielt, soll der neue Kontrakt nicht mehr enthalten.

Dortmund ist es mit dem Vertrag von Hummels gelungen, praktisch alle wichtigen, jungen Spieler langfristig an den BVB zu binden. Zuvor hatten auch Sven Bender, Mario Götze, Kevin Großkreutz, Neven Subotic, Marcel Schmelzer und der allerdings bereits 30-jährige Torwart Roman Weidenfeller ihre Verträge bis mindestens 2014, zum Teil 2016 verlängert.

Bis 2014 läuft auch der Vertrag von Trainer Klopp. Offenbar ist das den Dortmundern bisher ohne Aufblähen des Gehaltsvolumens gelungen, das bei 35Millionen liegt, aber in der Saison 2011/2012 durch Europacup-Einnahmen ansteigen wird. Innerhalb des Teams hat sich offenbar die Haltung gebildet, dass man gemeinsam ganz hoch hinaus kommen kann. Dieses "Projekt Champions League" will offenbar zurzeit keiner verlassen - auch nicht für lukrative individuelle Angebote.

© SZ vom 16.03.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: