Bundesliga: Leverkusen - Dortmund:Schon witzig, dieser Klopp

Lesezeit: 3 min

Meisterliche Dortmunder gewinnen in Leverkusen 3:1. Trainer Jürgen Klopp bewertet die Leistung seiner Elf zunächst zurückhaltend - und muss dann doch selbst über seine Versuche lachen, die Euphorie zu dämpfen.

Philipp Kreutzer, Leverkusen

Nach dem 4:0-Sieg in der Hinrunde bei Hannover 96 hat Jürgen Klopp ein bemerkenswertes Fernsehinterview gegeben. "Schönsaufen" müsse er sich seinen Spieler Roman Weidenfeller angesichts der eklatanten Fehler des Torhüters, und weil seine Mannschaft die Vorgaben einfach nicht umsetze, beklagte der Dortmunder Trainer mit traurigem Blick, er sei wohl nicht mehr der Richtige für das Team.

Wollte nach dem Sieg gegen Leverkusen eigentlich listig und nicht lustig sein: BVB-Trainer Jürgen Klopp. (Foto: REUTERS)

Über die schauspielerische Glanzleistung Klopps in dem fingierten Gespräch haben dann viele gelacht, denn es war ja alles nur ein Spaß.

Mannschaft schützen, Fragen abwürgen

Inmitten eines neuerlichen Scherzes wähnte sich am Freitagabend mancher Beobachter der Pressekonferenz nach dem 3:1-Erfolg der Borussen zum Rückrundenauftakt bei Verfolger Bayer Leverkusen.

Da lamentierte der Trainer des weit enteilten und erneut siegreichen Spitzenreiters über "fehlende Konsequenz im Abschluss". Zu selten sei seine Mannschaft in "die letzte Linie gekommen". Immerhin: Der Sieg sei "nicht unverdient" und die Vorstellung seiner Elf insgesamt "in Ordnung" gewesen.

Schon witzig, dieser Klopp, er hat dabei ja auch selbst etwas lachen müssen. Dabei wollte er diesmal gar nicht in erster Linie lustig sein. Sondern listig.

Wie schon während der Hinrunde und in der Winterpause versuchte er herunterzuspielen und zu dämpfen, weil er darin die einzige Chance sieht, die Mannschaft vor der immer größer werdenden öffentlichen Erwartungshaltung zu schützen und wenigstens ein paar der seit Wochen penetrant gestellten Fragen nach womöglich nun doch vorhandenen Titelambitionen frühzeitig abzuwürgen.

Das mag verständlich sein, doch zu den Geschehnissen auf dem Spielfeld wollte die bescheidene Haltung nicht so recht passen. In Leverkusen dokumentierte die junge Dortmunder Mannschaft ohne jede Zurückhaltung und sehr eindrucksvoll, weshalb sie die Tabelle mit so deutlichem Vorsprung anführt.

Eine Mannschaft in der Rolle ihres Lebens

Sie zeigte eine herausragende Vorstellung, sie spielte meisterlich. Die Borussia lieferte schlichtweg den Beweis, der Situation gewachsen zu sein. Die Rolle des Gejagten belastet die Spieler (noch) nicht, sie scheint sie im Gegenteil sogar zu beflügeln. Womöglich ist es die Rolle ihres Lebens.

Denn während Bayer dem BVB durch Aussetzer von Daniel Schwaab und Manuel Friedrich formidable fünf Minuten mit Treffern von Kevin Großkreutz zum 1:0 (49.) und 2:0 (53.) sowie von Mario Götze (55.) zum 3:0 gestattete, leistete sich Dortmund einfach keine Fehler. Jedenfalls keine gravierenden.

Mit aggressivem Pressing, das ein außergewöhnliches Laufpensum aller sechs Mittelfeld- und Angriffsspieler sichtbar machte, drängten die Dortmunder ihren Gegner weit zurück und schalteten bei Ballgewinn blitzartig auf Angriff um. Die auf diese Weise entlastete Abwehr agierte genauso stabil wie schon in der Hinrunde. Elf Gegentore in 18 Partien sprechen für sich.

Wenigstens einer der beiden Trainer bestätigte diese Eindrücke. "Das war ein klar verdienter Sieg für Dortmund. Da ist Substanz, da ist Klasse, fußballerisches Vermögen und Phantasie", erkannte Jupp Heynckes und folgerte: "Das ist eine Klassemannschaft, die alle Möglichkeiten hat, auch nach dem 34. Spieltag oben zu stehen."

Borussia Dortmund: Einzelkritik
:Die Unaufhaltbaren

Ein doppelter Sicherheitsdienst in der Abwehr, ein Zermürber im Mittelfeld und ein Matchwinner, der kleinste Fehler mehr als gnadenlos ausnutzt. Die Einzelkritik mit Vote.

Philipp Kreutzer, Leverkusen

Leverkusen dagegen zeigte erst nach der Entscheidung durch das 0:3 - und damit zu spät - "dass wir Fußball spielen und Chancen herausarbeiten können", wie Heynckes feststellte. Stefan Kießling gelang immerhin noch der Treffer zum 1:3 (80.). Gleich drei Spieler von der nominell vortrefflich besetzten Reservebank hatte der Bayer-Coach in der 60. Minute eingewechselt, um so der grassierenden Resignation in seinem Team Einhalt zu gebieten und einer zwischenzeitlich drohenden Heimniederlage von historischer Dimension vorzubeugen.

"Er hat ein relativ gutes Spiel gemacht"

Michael Ballack jedoch mochte der Trainer nicht mehr auf das Feld beordern. Heynckes ist eben weise: Den angesehensten und mächtigsten Spieler des Klubs nach langer Verletzungspause in aussichtsloser Lage zu opfern, hätte ihm womöglich einen schwerwiegenden internen Konflikt beschert.

So wartete auch der als Zuschauer auf der Tribüne sitzende Bundestrainer vergeblich auf das Comeback des 98-fachen Nationalspielers. Dafür boten sich Joachim Löw am Freitag eine ganze Reihe potenzieller Nachfolger Ballacks an.

Dortmunds Matchwinner Großkreutz beispielsweise, der seine Laufstärke und Kaltschnäuzigkeit ja auch schon in der DFB-Elf demonstrieren durfte. Genauso Mario Götze, der den beim Asien-Cup weilenden Japaner Shinji Kagawa vortrefflich vertrat. Dank seiner außergewöhnlichen technischen Fertigkeiten und schnellen Bewegungen offenbart der erst 18-Jährige einen Spielwitz, den es in der Bundesliga so kaum zu sehen gibt.

Zur Leistung des jungen Mannes hat sich übrigens auch dessen Trainer geäußert: "Er hat ein relativ gutes Spiel gemacht", sagte Jürgen Klopp - und lachte.

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: