Bundesliga:Beim FC Bayern zählt die große Show

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Mario Götze läuft vor dem Spiel gegen den FC Schalke in die Münchner Arena. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Vorsprung auf den Rest der Bundesliga ist riesig, nun könnte auch noch Mats Hummels nach München wechseln. Geht das ewige Siegen des FC Bayern weiter, muss über Veränderungen nachgedacht werden.

Kommentar von Thomas Kistner

Nebenbei, es ist wieder so weit: Bereits am Wochenende fällt dem FC Bayern, wenn es gut läuft, der Meistertitel zu - sehr viel länger wird es sicher nicht dauern. Dann kann das Augenmerk gleich dem Pokal-Finale gelten, in dem die Münchner, richtig, Favorit sind. Obwohl der Gegner Dortmund ist, das zweite Spitzenteam im deutschen Fußball. Aber Zweiter wird die Borussia auf Dauer bleiben. Das legt ein anderes Liga-Brauchtum nahe, das just zu besichtigen ist: Mats Hummels, Dortmunds Weltklasse-Abwehrspieler, grübelt über einen Wechsel nach München. Wo er auf gute alte BVB-Kollegen träfe.

Nein, das ist den Bayern nicht vorzuwerfen. Sie tun alles für den Erfolg in einer darwinistischen Milliardenindustrie: The winner takes it all - auch von den Sponsoren, die sich eben nur mit Siegern schmücken. Soeben rügte der UN-Sonderberater Willi Lemke, ein Wettanbieter habe sogar Verträge mit anderen Klubs aufgelöst, um den Bayern mehr bezahlen zu können. All das ist legitim. Es treibt halt die Schere auseinander. Zumal die Bayern bei der steten Sponsorenjagd die Schmerzgrenze selbst weit nach oben setzen. Das zeigt ihre neue Liaison im höchst umstrittenen Katar, der dortige Airport ist stolzer Partner der Münchner Kicker.

Dass der FC Bayern den Titel das vierte Mal nacheinander so leichtfüßig erobert, als werde die Schale vom Versandhandel verschickt, ist sportlich verdient und schön für seine Fans. Nur geht damit ein atmosphärischer Wandel im deutschen Fußball einher. Einer, der Freunde des sportiven Wettbewerbs alarmiert.

Vorbei ist die Zeit, als sie in München klagten, jeder Gegner gebe 110 Prozent

Die Bayern spielen gefühlt zuweilen schon außer Konkurrenz. Es ist, als greife ein stilles Agreement, das niemand besiegelt hat, aber immer häufiger zu spüren ist. Jüngst offenbarten Darmstadt und Bremen, wie nachrangig Spiele sind gegen ein Team, das eh jeden schlägt: Stammkräfte provozierten Gelbsperren für das Bayern-Match - damit sie danach wieder eingreifen konnten. Als DFB-Richter Hans Lorenz in der Tendenz die logische Gefahr sah, die Bayern könnten auf zu devote Gegner treffen, kam sofort Sperrfeuer aus München: Der Mann solle "vorsichtig sein", Bayern in den Kontext der Wettbewerbsverzerrung zu stellen.

Gesten der Unterwerfung sind nicht gut im Sport, auch wenn die Arithmetik ja letztlich passt: Wenn alle gegen Bayern verlieren, geht im Wettstreit der Hinterbänkler kein Punkt verloren. Das Problem aber: So betrachtet, hat die Bundesliga 16 Hinterbänkler. Das ahnen sogar die Bayern-Fans; kürzlich protestierten sie mit Plakaten gegen Setzlisten in Pokalbewerben, die den Wettkampf-Gedanken weiter marginalisieren würden.

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In den letzten Wochen war Arturo Vidal der Spieler für die entscheidenden Momente. Doch dann flog der Bremer heran. Es folgten Schwalbe und Fragen.

Vorbei die Zeit, als die Bayern beklagten, dass andere Klubs stets 110 Prozent gegen sie gäben. Damals kürte die Liga oft erst am letzten Spieltag ihren Meister und konnte mitfühlend auf Spanien oder Italien schauen, wo sie die ewig selben Titelduelle abspulten: Real/Barça, Juve/ Mailand. In der Bundesliga war der Anspruch mal ein anderer. Deshalb ist noch abzuwarten, ob das neue Kastensystem auf Dauer ankommt. Richtig, der Rekordmeister füllt mühelos jedes Stadion. Aber wollen die Leute noch erleben, wie´s ausgeht - oder einfach nur Helden gucken?

Vorläufig zählt die große Show. Sollte sich aber das Defizit an Spannung verfestigen, sollte die Entwicklung den Markenkern der Liga - dass jeder jeden schlagen kann - tangieren, muss über Veränderungen nachgedacht werden. Modelle offeriert der US-Sport mit Gehaltsgrenze und Draft-System, das schwächeren Teams den Vorgriff auf Toptalente sichert. Klingt exotisch? Klar. Aber bis dahin spielen die Bayern dort, wo sie der Volksmund längst verortet: in ihrer eigenen Liga.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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