Boxstall Sauerland:Kampf um die Kämpfe

Lesezeit: 3 min

Marco Huck (rechts) ist vielen TV-Zuschauern ein Begriff. (Foto: dpa)

Zu teuer, schlecht für das Image - und die große Zeit vorbei: Bislang lebt der Boxstall Sauerland davon, dass die ARD seine Events überträgt. Doch nun stehen Einbußen bevor, denn beim Fernsehsender nehmen kritische Stimmen zu.

Von Benedikt Warmbrunn, München

Der schwarze Smoking, die schwarze Fliege, das weiße Hemd. Dazu diese Stimme: der sonore Klang, das rollende R, das Auszittern jedes Buchstabens. Nur wenige Menschen aus der Boxwelt sind international so bekannt wie Michael Buffer. Der Ringsprecher hat sich als Marke etabliert, er singt sein "Let's get ready to rumble", reist um die Welt, längst kann er sich aussuchen, welche Kämpfe er ankündigt. Am Samstag sprach er in Kopenhagen im Ring, vor dem Kampf von Cecilia Braekhus. Ein gutes Zeichen, wer sich Michael Buffer auf seine Veranstaltung holt, muss sich keine Gedanken über die Zukunft machen. Oder doch?

Breakhus, 32, Norwegerin, gewann den Kampf. Sie boxt für das Team Sauerland. Für ein Team, das in den vergangenen Jahren erfolgreich in Dänemark Kampfabende veranstaltete, seit diesem Jahr tut es das auch in England. Für ein Team, das in einem anderen Land vor einer ungewissen Zukunft steht. In seinem Heimatland, in Deutschland.

Box-Weltmeister Mayweather Jr.
:"Nach der achten Runde waren meine Finger taub"

Floyd Mayweather Jr. bleibt Box-Weltmeister, er wirft seinem Gegner vor, ihn gebissen zu haben. Die deutschen Volleyballer verlieren gegen Russland. Golfer Greg Norman trennt sich mit einer Kettensäge beinahe die Hand ab.

Am Montag und am Dienstag treffen sich die Intendanten der ARD, reden werden sie unter anderem über den Vertrag mit dem Team Sauerland, der seit 13 Jahren läuft und am 31. Dezember endet. Es gibt viele kritische Stimmen in der ARD über den Vertrag: zu teuer, nicht gut für das Image, die große Zeit von Sauerland sei vorbei. Im Frühjahr haben sie sich daher dafür ausgesprochen, den Vertrag in seiner jetzigen Form nicht zu verlängern.

"Wir haben vieles hinterfragt"

Dieser hatte im Jahr bis zu zehn Kampfabende vorgesehen, dafür zahlte die ARD pro Abend meist etwas mehr als eine Million Euro. Geld, von dem Sauerland sich Glamour leisten konnte, die besten Boxer, Geld, durch das das Team von Gründer Wilfried Sauerland zum größten der europäischen Boxszene geworden ist. Geld, das fehlen wird.

In der Berliner Zentrale von Sauerland bereiten sie sich schon seit knapp zwei Jahren auf das Ende des bisherigen Rahmenvertrages mit der ARD vor. "Wir haben vieles hinterfragt", sagt Geschäftsführer Frederick Ness. Der TV-Vertrag macht ungefähr 80 Prozent des Etats aus, dazu kommen vor allem die Einnahmen aus dem Ticketverkauf sowie aus dem Sponsoring. "Wir rechnen damit, dass wir weiter mit einem Rahmenvertrag arbeiten werden", sagt Ness, "wenn wohl auch nicht in dem Ausmaß wie bisher." Also sparen sie.

In den vergangenen zwei Jahren wurden auf der Verwaltung vier Stellen gestrichen, acht Mitarbeiter sind geblieben. Vor allem aber wurden die Verträge mit elf Boxern nicht verlängert, das deutsche Team Sauerland hat jetzt noch 14 Boxer. Erst, wenn ein Athlet wenigstens um die EM boxt, wird er für die Fernsehsender interessant, erst dann profitiert Sauerland finanziell davon. Vor einem EM-Kampf kostet er das Team bis zu 400 000 Euro, darunter Kampfbörsen, Trainergehalt, Unterkünfte, Reisekosten. Viele Boxer waren zuletzt erst gar nicht so weit gekommen. Also verkleinerte Sauerland den Kader.

Ein Schritt, den sie bei der ARD wohlwollend gesehen haben, sie mussten ja auch nur noch acht Kampfabende übertragen. In den Rundfunkanstalten sehen sie die vergangenen Jahre teilweise kritisch: Der bekannteste Boxer, Arthur Abraham, ist nicht mehr so stark wie früher; den anderen bekannten Boxer, Marco Huck, finden einige unsympathisch.

Die Kämpfe einzeln vermarkten? Das wollen sie bei Sauerland nicht

Die Befürworter einer Zusammenarbeit mit Sauerland verweisen auf die Quoten; selbst Hucks Kampf gegen den unbekannten Mirko Larghetti sahen Ende August 2,97 Millionen Zuschauer, das entspricht einem Marktanteil von 17,5 Prozent. Vor allem beim Mitteldeutschen Rundfunk betonen sie zudem den integrativen Charakter des Boxens; in Ostdeutschland sind auch die Einschaltquoten besonders hoch. Dass die Intendanten dafür plädieren, die Zusammenarbeit mit Sauerland komplett zu beenden, ist daher unwahrscheinlich. Es könnte jedoch darauf hinauslaufen, dass die ARD nur noch einzelne Kampfabende kauft. Das wollen sie aber bei Sauerland nicht. "Wir gehen davon aus, dass wir bis Ende September einen neuen TV-Vertrag abgeschlossen haben", sagt Geschäftsführer Ness, "und wir sind zuversichtlich, dass das ein Rahmenvertrag sein wird."

Ness führt auch Gespräche mit anderen Sendern, etwa mit Sat1, er sagt: "Die Frage ist nicht, ob es weiter geht - sondern wie." Ness glaubt, dass Sauerland weiter mit einem Vertrag arbeiten wird, der eine bestimmte Anzahl an Übertragungen garantiert. Sollte dies nicht ausreichen, um alle Boxer zu beschäftigen, wollen sie junge Deutsche auch bei Veranstaltungen in England oder Dänemark antreten lassen. "Wir wissen, dass wir auch ab dem 1. Januar einen solide finanzierten Boxstall aufrechterhalten können", sagt Ness.

Am 27. September wird Arthur Abraham wieder boxen, in Kiel, bis dahin erhoffen sie sich Klarheit bei Sauerland. Einen Ringsprecher für den Kampf haben sie auch schon organisiert. Nicht den glamourösen Michael Buffer. Sondern den BR- Moderator Roman Roell.

© SZ vom 13.09.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: