Biathlon-WM:Dahlmeier: "Das braucht, bis ich das kapiert habe"

Lesezeit: 3 min

Laura Dahlmeier: Dritte Medaille im dritten Rennen (Foto: dpa)
  • Dass sie WM-Bronze im Einzel gewonnen hat, erfährt Biathletin Laura Dahlmeier erst nach dem Umziehen.
  • Es ist schon ihre dritte Medaille bei dieser WM.
  • Der nächste Wettbewerb ist das Einzel der Männer, am Donnerstag ab 15.30 Uhr gibt es den Liveticker hier.

Von Volker Kreisl, Oslo

Jeder Erfolg fühlt sich anders an für Laura Dahlmeier. Die erste Bronzemedaille war der Lohn an "einem der besten Tage meines Lebens" und Gold in der Verfolgung dann der perfekte Genuss. Aber es blieb immer noch Platz für eine Überraschung, und die erlebte Dahlmeier am Mittwoch im Einzelrennen über 15 Kilometer. Sie gewann Bronze, und noch eine Stunde später sagte sie: "Das braucht noch ein bisschen, bis ich das wirklich kapiert habe."

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Die 22-Jährige aus Garmisch-Partenkirchen hatte ja zweimal daneben geschossen in diesem recht erbarmungslosen, nacheinander gestarteten, langen Wettkampf, der jeden Fehler mit einer Minute Zeitstrafe ahndet. Also verzog sie sich nach ihrem Zieleinlauf in die Kabine, wechselte die Kleider und wartete alleine auf das Renn-Ende. Nach einer halben Stunde trat sie ins Freie und staunte, dass sie auf Platz drei gelandet war: "Der Pressechef hat es mir gesagt, ich konnte es nicht fassen."

Das Rennen wird wegen Nebels vorverlegt - nicht alle Zuschauer bekommen das rechtzeitig mit

Eindeutig besser waren an diesem Tag die beiden Läuferinnen aus Frankreich, Marie Dorin Habert und Anaïs Bescond. Sie zielten jeweils nur einmal daneben, waren aber auch im Laufen jeweils schneller als Dahlmeier. Dorin Habert (Gold) und Bescond (Silber) holten nach Mixed-Gold ihre vierte, beziehungsweise zweite Medaille. Sie bestätigen damit, dass die Spitze des französischen Teams nicht nur aus Martin Fourcade (bislang dreimal Gold in Oslo) besteht. Frankreich holte bislang die meisten Medaillen (7), vor Norwegen (5) und Deutschland (4).

Beachtlich war aus deutscher Sicht auch die Leistung von Franziska Hildebrand, 28, die dank guter Schießleistung Sechste wurde. Von den Top-Läuferinnen wie Gabriela Soukalova (Tschechien) und Dorothea Wierer (Italien) konnte auf der Schlussrunde niemand mehr mit Dahlmeier mithalten. Verliererinnen waren an diesem mal verschneiten, mal grauen Mittwoch die Norwegerinnen, deren beste Platzierung Fanny Birkeland als 31. erreicht hatte. Verloren hatte auch ein Teil der Zuschauer aus Oslo, denn danebengeschossen hatten vorab vor allem die Experten vom Wetterbericht.

Sie hatten am Abend zuvor schweren Nebel für den späten Nachmittag prophezeit, weshalb das Rennen um zweieinhalb Stunden auf den frühen Nachmittag vorverlegt wurde. Der Nebel auf dem Holmenkollen ist legendär, schon einmal wurde eine WM-Staffel wegen komplett blockierter Sicht abgebrochen (die Deutschen lagen im Jahr 2000 vor dem letzten Schießen in Führung) und später in Kontiolahti/Finnland neu gestartet (die Deutschen wurden Dritte). Und tatsächlich - bei der Fahrt hinauf lag der Nebel schon wie eine dicke Mütze über dem Berg, die sich dann aber doch als löcherig genug erwies.

Die Schützen hatten genügend Sicht, und auch jene glücklichen Zuschauer, die sich spontan frei nehmen konnten, nachdem die Nachricht von der ersten Vorverlegung eines Biathlon-WM-Rennens am Abend zuvor über Fernsehen, Radio und Internet verbreitet wurde. Wer Pech hatte und davon nichts mitbekam - wie manche ausländische Biathlon-Touristen - bekam live höchstens noch eine frisch ausgedruckte Ergebnisliste in die Hand.

Laura Dahlmeier war die Vorverlegung verhältnismäßig egal, im Gegenteil, sie barg sogar Vorteile. Dahlmeier konnte ausschlafen, "bis viertel nach acht", berichtete sie, und anders als bei spät angesetzten Renn-Terminen "musste man nicht so viel Zeit totschlagen". Stattdessen diesmal: Etwas Koordinationstraining zur Einstimmung, dann ein dickes Frühstück und schon ging es ins Stadion zum Einlaufen und Justieren der Visierlinie, und dann ab in den Wettkampf.

Dahlmeier genießt diese Tage, "ich bin jetzt einfach voll im Flow", sagte sie, weshalb sie ihre Erfolge, die inneren und äußeren Siege auch nicht vergleichen mag. Das Einzelrennen war zweifellos das kraftraubendste in Dahlmeiers Oslo-Serie. Sie hofft, dass sich das Team bis zum Staffelwettkampf am Freitag bestmöglich erholt. In der Staffel gilt die Mannschaft als Favorit, sie hat ja bei der WM vor einem Jahr gewonnen, und sie hat neben Dahlmeier, Hildebrand und den diesmal eher mäßig platzierten Vanessa Hinz (37.) und Maren Hammerschmidt (27.) auch noch Franziska Preuß (Haag) in ihren Reihen. Die hatte im Langstreckenrennen pausiert, war aber in der Verfolgung am Sonntag auf Bronzekurs gelegen.

Preuß hatte alles getroffen, aber vor dem letzten Schießen eine halbe Minute verloren, weil sie eine Schneeflocke aus ihrer Zielvorrichtung pusten musste. Zumindest das sollte nicht mehr vorkommen. Falls die Meteorolegen diesmal recht behalten, scheint fortan die Sonne.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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