Bayern zaubert in der Champions League:Als wäre es Hoffenheim

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Der FC Bayern macht schon wieder sieben: Entfesselte Münchner gewinnen 7:0 gegen den FC Basel und ziehen ins Champions-League-Viertelfinale ein - Mario Gomez schießt vier Tore, Robben trifft zweimal, Müller einmal. Nach dem höchsten Sieg in der Europapokal-Geschichte der Bayern ist der Klub ein Top-Favorit auf den Titel.

Irgendwann kam Basels Trainer Heiko Vogel eine feine Idee. Er entschied sich zu einer Auswechslung, und so brachte er nach einer guten Stunde Valentin Stocker ins Spiel. Ja, genau jenen Valentin Stocker, der vor drei Wochen in Basel ebenfalls eingewechselt worden war, dann das einzige Tor des Abends erzielt hatte und den Bayern heftige Diskussionen eingebracht hatte.

Drei Tore aus je einem Meter: Gomez bei seinem ersten Treffer zum 3:0 (Foto: Bongarts/Getty Images)

Es wirkte, als wolle Vogel sich und allen Zuschauern beweisen, dass es diesen Basler 1:0-Sieg wirklich gegeben hatte - und dass er nicht die Erfindung eines Schweizer Märchenerzählers war. Denn beim Rückspiel war sein Team chancenlos: Zum Zeitpunkt des Stocker-Wechsels führten entfesselt aufspielende Münchner schon 5:0, am Ende gewannen sie sogar 7:0 (3:0). "Vielleicht muss die Mannschaft erst mit dem Rücken zur Wand stehen, um zu solchen Leistungen fähig zu sein", sagte Bayern-Präsident Uli Hoeneß nach dem Spiel. "Es hat Spaß gemacht zuzusehen."

Angesichts der Hinspiel-Niederlage hatten die Münchner vor der Partie ja vom "wichtigsten Spiel des Jahres" gesprochen. Und Trainer Jupp Heynckes hatte durchaus den Eindruck erweckt, er erwäge daher einen Einsatz des nach einer Sprunggelenksverletzung wieder genesenen Bastian Schweinsteiger. Doch beim Anpfiff saß der Mittelfeldspieler auf der Bank, Heynckes nominierte die Elf, die am Wochenende Hoffenheim mit 7:1 bezwungen hatte.

Das war eine geschickte Entscheidung, denn die Münchner taten über weite Strecken so, als würden sie einfach weiter gegen Hoffenheim spielen. Sie waren von Beginn an dominant, zeigten ein gutes Pressing und rochierten im Offensivspiel viel. Schon nach sechs Minuten passte Thomas Müller wunderbar auf Arjen Robben, doch der hätte alleine vor Basels Torwart Yann Sommer das machen müssen, was er nur ungern tut - mit rechts schießen.

Nur wenig später tat Robben das, was er gerne tut: von rechts kommen, den Ball auf den linken Fuß legen und aus gut 16 Metern abziehen, aber der Ball ging knapp vorbei. Doch in seiner dritten Szene vor dem gegnerischen Tor gelang dem Niederländer, was die Bayern so sehnlich erhofft hatten: die frühe Führung. Ein Ball von Toni Kroos wurde so abgefälscht, dass Robben erneut frei vor Sommer stand und mit links zum 1:0 einschoss (10.).

Angestachelt von diesem Tor erarbeiteten sich die Münchner in der nächsten Viertelstunde etliche weitere Chancen: Robben schoss von der Sechzehnmeterlinie, Gomez probierte es mit der Hacke, Müllers Kopfball zwang Sommer zu einer starken Parade.

Und der vielgerühmte FC Basel? Der wirkte zu keiner Phase wie ein Team, das in dieser Saison erst zwei Spiele verloren hat, das letzte im Oktober - sondern eher so passiv und fehlerhaft wie Hoffenheim. Erst nach einer knappen halben Stunde gelang es den Schweizern, sich besser zu sortieren. Und nach 40 Minuten kam der FC Basel dann auch zum ersten Moment, der die Bezeichnung Torchance verdient hatte: Alexander Frei nahm am zweiten Pfosten einen langen Ball direkt, schoss aber knapp vorbei.

Stattdessen jubelten wenig später die Bayern. Nach einer Flanke von Robben schlich sich Müller so instinktsicher wie nur Müller schleicht in den Fünfmeterraum, hielt den rechten Fuß in die Luft und traf zum 2:0 (42.) - es war sein erstes Tor in der laufenden Champions-League-Saison. "Das ist ein gutes Gefühl, das kann ich jedem nur empfehlen", sagte Müller. "Auch wenn ich immer so tue, als ob ich ein cooler Hund bin, nimmt man sich das sehr zu Herzen, wenn es mal nicht so läuft."

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Manuel Neuer hätte "Läckerli" naschen können, Philipp Lahm kreiselt um Arjen Robben, Franck Ribéry wird wie ein Volkstribun gefeiert und Mario Gomez bewirbt sich um einen Platz im chinesischen Staatszirkus. Die Münchner treten beim Sturmlauf gegen Basel als harmonische Gruppe auf. Der FC Bayern in der Einzelkritik.

Andreas Burkert und Claudio Catuogno, Fröttmaning

Für die Bayern hätte nun eine Phase mit lauter lästigen Gedanken beginnen können. Weil sie wussten, dass diese Basler gegen Manchester United beim Stand von 0:2 innerhalb von 20 Minuten drei Tore geschossen hatten. Und weil sie wussten, welch verzwickte Pointe das Spiel hätte bereithalten können: dass sie hier nämlich 89 Minuten lang dominieren, mit 2:0 führen - und nach einem späten und unglücklichen Gegentreffer doch noch ausscheiden.

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Doch die Bayern machten das Cleverste, was sich tun lässt, um lästige Gedanken an das Schicksal von ManUnited oder an einen späten und unglücklichen Gegentreffer gar nicht aufkommen zu lassen - sie schossen einfach das nächste Tor. Und das übernächste. Und das überübernächste.

Noch vor der Pause erreichte ein Freistoß von Kroos am zweiten Pfosten Holger Badstuber, der den Ball parallel zur Torauslinie ins Feld zurückspielte, wo Gomez aus kurzer Distanz zum 3:0 einschob (44.). Nur fünf Minuten nach der Halbzeit flankte Franck Ribéry von links auf Gomez, der aus knapp sieben Metern Entfernung artistisch zum 4:0 vollendete.

Und nach einer guten Stunde flankte Ribéry wieder auf Gomez, der, diesmal per Kopf, auf 5:0 erhöhte. Irgendwann waren die einzigen offenen Fragen, ob Gomez vielleicht Lionel Messis Fünf-Tore-Rekord-Gala gegen Bayer Leverkusen überbieten könnte - und ob die Bayern noch einmal so viele Tore wie gegen Hoffenheim schießen würden.

Die Antworten: Ersteres gelang nicht, weil Gomez zwar nach einer weiteren feinen Vorarbeit von Ribéry zum 6:0 traf (67.), aber danach unverständlicherweise nicht mehr. Letzteres gelang dafür schon, weil Arjen Robben in der 81. Minute noch das 7:0 markierte. "Wir haben von der ersten bis zur letzten Minute ein absolutes Top-Spiel gesehen", sagte Bayern-Trainer Jupp Heynckes. "Wir haben sehr clever, sehr ruhig und sehr durchdacht gespielt. Ich denke, es war insgesamt ein perfektes Spiel von uns."

© SZ vom 14.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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