Bayern-Basketballer:Mit Herz und ohne Struktur

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Der knappe Sieg des FC Bayern beim Mitteldeutschen BC offenbart, dass die Münchner derzeit weit davon entfernt sind, eine Spitzenmannschaft in der Basketball-Bundesliga zu sein. Es fehlt an Struktur. Wenn es kriselt, dann sind es Einzelaktionen, die die Münchner im Spiel halten.

Jürgen Schmieder

Enttäuscht oder erleichtert? Bayern-Trainer Yannis Christopoulos. (Foto: dpa)

Nach dem Spiel stand Yannis Christopoulos in der Stadthalle in Weißenfels, die Hände stemmte er in die Hüften, die Mundwinkel zog er nach oben, die Augenbrauen schob er weit nach unten. Es war keinesfalls herauszufinden, was der Trainer des FC Bayern gerade fühlte - zwischen Jubel und Erleichterung, über Wut bis hin zu tiefer Enttäuschung war alles möglich.

Die Basketballer des FC Bayern hatten gerade gewonnen, mit 73:71 beim Aufsteiger Mitteldeutscher BC, es war der zweite Sieg im vierten Saisonspiel. Also sagte Christopoulos erst einmal: "Wir haben uns gefangen und konnten einen wichtigen Sieg einfahren." Das war der Satz für die nach oben gezogenen Mundwinkel. Die Münchner hatten allerdings schrecklich gespielt, also brauchte der Trainer noch Aussagen für die Augenbrauen und die Hände in den Hüften.

"Der MBC hat zu viele Offensivrebounds und dadurch zweite und dritte Chancen bekommen", sagte er, "hinzu kommen 17 Ballverluste von uns. Wir haben den Rhythmus nicht kontrolliert." Mehr sagte er nicht, obwohl er durchaus noch andere Mängel hätte ansprechen können: Einfache Würfe wurden an den Ring oder gar daneben gesetzt, der Offensivrebound war nicht vorhanden, es gab nur einen erfolgreichen Dreier, die vor der Saison hochgelobten Zugänge waren kaum zu sehen.

Der knappe Sieg des FC Bayern beim basketballerisch limitierten Mitteldeutschen BC offenbart, dass die Münchner derzeit weit davon entfernt sind, eine Spitzenmannschaft in der Bundesliga zu sein. Im Gegenteil: Es mangelt an Struktur. Es muss den Bayern wie eine Ohrfeige vorkommen, wenn der Trainer des MBC, dessen einziges Saisonziel der Klassenerhalt ist, nach dem Spiel gegen den selbst ernannten Meisterkandidaten enttäuscht ist. "Wir hätten das Spiel eigentlich gewinnen müssen", sagte Silvano Poropat, "man kann nicht mehr erwarten, als wir heute gezeigt haben."

Natürlich muss sich die neu zusammengesetzte Mannschaft des FC Bayern erst noch finden, die Zugänge Tyrese Rice, Lawrence Roberts, Yotam Halperin und Brandon Thomas müssen intergriert werden, andere Spieler wie Steffen Hamann müssen damit zurecht kommen, nur noch Ersatzspieler zu sein. Zudem muss der neue Trainer nach der turbulenten Entlassung von Dirk Bauermann den Spielern erst einmal seinen Stil beibringen.

Das braucht Zeit - doch genau die hat der mondäne Klub aus dem Süden derzeit nicht. Präsident Uli Hoeneß und Vizepräsident Bernd Rauch hatten vor der Saison das Ziel festgelegt, um die Meisterschaft spielen zu wollen. Auch Christopoulos sagte bei seinem Amtsantritt als Cheftrainer: "Wir wollen um die Meisterschaft kämpfen" - und ergänzte wenig später: "Druck, ach, was ist schon Druck?"

Das kann er nun erleben: Der FC Bayern liegt auf Platz zwölf der Tabelle, die derzeit ein wenig überraschend der BBC Bayreuth anführt. Dort hat Trainer Marco van den Berg aus eher durchschnittlichen Spielern eine verschworene Einheit geschaffen: "Bei uns ist auch nicht alles perfekt, aber was sich jedes Mal bei unserem Team zeigt: Wenn es auf dem Platz kriselt, dann löst es die Mannschaft gemeinsam. Wir halten zusammen, das ist das Wichtigste."

Beim FC Bayern ist derzeit das Gegenteil der Fall: Wenn es kriselt, dann sind es Einzelaktionen, die die Münchner im Spiel halten. Gegen den MBC hielten sich beim Elf-Punkte-Rückstand die beiden Amerikaner Jared Homann und Tyrese Rice an keinerlei Konzepte mehr, sondern machten einfach, was immer sie wollten - und drehten damit die Partie.

Nun kann man dem FC Bayern attestieren, am Ende mit viel Herz gespielt und doch zwei Spieler im Kader zu haben, die Verantwortung übernehmen, sich ins Getümmel stürzen und auch mal schmutzigen Basketball spielen. Es ist jedoch wahrlich kein Kompliment an einen Trainer, wenn eine Mannschaft immer dann herausragend spielt, wenn sie sich nicht mehr an die Vorgaben des Chefs an der Seitenlinie halten muss. So war es schon bei Bauermann, so ist es nun auch bei Christopoulos.

Der stand ja nach der Partie auf dem Spielfeld und vollführte die Augenbrauen-Mundwinkel-Hüften-Kombination. Er wird sich etwas einfallen müssen, dass seine Mannschaft auch dann gewinnt, wenn sie nach seinen Vorgaben spielt. Am besten schon am kommenden Sonntag in heimischer Halle gegen Ludwigsburg.

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