Bayern-Basketballer verpflichten Pesic:Der Sohn holt den Vater

Lesezeit: 3 min

Die kriselnden Basketballer des FC Bayern verpflichten den nächsten Bundestrainer: Svetislav Pesic gibt sein Amt beim DBB endgültig auf und übernimmt die ambitionierten Münchner. Vereinspräsident Hoeneß sagt: "Diese Mannschaft in den Griff zu kriegen, das ist jetzt das wichtigste."

Von Andreas Burkert

Trainervorstellung in München: Coach Svetislav Pesic (Mitte), Vereinspräsident Uli Hoeneß und Sportdirektor Marko Pesic (links). (Foto: dapd)

Eigentlich will sich der Chef des Hauses in die Mitte setzen, Uli Hoeneß steht ja auch auf dem Namenschild des zentralen Podiumssitzes. "Aber in der Mitte sitzt immer der Trainer", murmelt Svetislav Pesic dem Präsidenten zu, und Hoeneß nimmt dann tatsächlich einen Stuhl weiter außen Platz und lässt die Schilder tauschen. So kennt man Svetislav Pesic, der 63-jährige Serbe ist eine starke Persönlichkeit, und genau so jemanden hat die starke Persönlichkeit Hoeneß jetzt benötigt für seine Basketballer, die ihm auch in ihrer zweiten Bundesliga-Saison selten Freude machen.

Deshalb ist Pesic hier, am Sonntag traf er sich mit Hoeneß und hat die Offerte angenommen, auf die er wohl seit zwei Monaten wartete: Der bisherige Bundestrainer übernimmt die Basketballer des FC Bayern, zunächst bis Saisonende gilt der Vertrag. Für die EM 2013 in Slowenien muss sich der Deutsche Basketball-Bund (DBB) einen neuen Coach suchen.

Grund ist eine Art Familienzusammenführung, die da am Wochenende stattfand. Denn Sportdirektor der Bayern ist der frühere Nationalspieler Marko Pesic, 36, der Sohn. Sieben Jahre hat Pesic senior mit ihm bei Alba Berlin gearbeitet; der Sohn hatte keinen leichten Stand unter der Regie des strengen Trainers. "Jetzt ist er mein Chef", sagt der Vater grinsend. Doch wichtig sei nun ohnehin nur, "dass wir hier sehr schnell etwas bewegen".

Anfang Oktober, kurz vor Saisonstart, hatte Hoeneß seinen einstigen Projektleiter Dirk Bauermann unter großem Getöse gefeuert. Assistent Yannis Christopoulos, 38, übernahm, obwohl sie in München schon damals an Svetislav Pesic dachten. Die Bilanz des Griechen Christopoulos ist durchwachsen: fünf gewonnene Spiele und fünf verlorene. Am Samstag offenbarte das Team daheim gegen den bisherigen Vorletzten Braunschweig (73:78), dass die teuerste Mannschaft der Liga kaum Fortschritte gemacht hat: Neunter ist sie momentan, der selbsternannte Titelkandidat würde damit sogar die Playoffs verpassen.

"Eigentlich hatten wir uns ja vorgestellt, dass wir uns das bis Weihnachten anschauen", sagt Hoeneß, doch es sei nun "einfach nicht mehr einzusehen, dass bei der individuellen Qualität der Mannschaft solche Ergebnisse herauskommen." Am Sonntag beriet er sich deshalb mit Pesic junior, und der rief gleich den Vater an: Svetislav Pesic hatte sich am Samstag mit seinem Enkel die Bayern-Fußballer in der Arena angeschaut und am Abend die triste Darbietung des Basketball-Teams, das sein Sohn verantwortet. "Ich war schon mit meiner Frau unterwegs zurück nach Berlin", erzählt Svetislav Pesic, "da rief Marko an. Wir haben angehalten und erst mal einen Kaffee getrunken. Dann bin ich umgedreht, wieder zurück nach München."

Pesic ist der logische Trainer für Hoeneß' Start-up-Unternehmen, das Bauermann aus der zweiten Liga in die BBL führte und das dort nun auch im zweiten Jahr eine vor allem wurfschwache und führungslose Mannschaft präsentiert. "Diese Mannschaft in den Griff zu kriegen, das ist jetzt das wichtigste", sagt Hoeneß, wohl ein letzter Seitenhieb gegen Bauermann, dem er Undiszipliniertheiten im Team vorwarf. Auch Christopoulos (der nun von sich aus auf die angebotene Weiterbeschäftigung als Assistent verzichtete) suspendierte zuletzt wegen einer privaten Verfehlung den US-Center Jared Homan. "Das war wieder eine Abmahnung, beim nächsten Mal gibt es die Kündigung", sagt Hoeneß.

Dass der autoritäre Fachmann Pesic auf dem Markt war, "weil sein Vertrag beim Verband ausgelaufen war", sei ein Glücksfall gewesen: "Er hat viel Erfahrung, und unser Ziel ist es nach wie vor, hinter den starken Bambergern irgendwo zwischen Platz zwei und vier zu landen - das wäre eine gute Ausgangslage für die Playoffs."

Für Platz neun ist Pesic nicht gekommen. Den Titel könne er "nicht versprechen", sagt er, aber doch zusagen, "dass wir um die Meisterschaft mitspielen, denn wir haben Potenzial". Weitere Zugänge werde es nicht geben, "die Frage stellt sich nicht", findet Hoeneß. Der Neue soll ein verunsichertes Team ordnen. "Er war mit seiner Erfahrung die bestmögliche Entscheidung", sagt Pesic junior und wünscht "dem Trainer von meiner Seite alles Gute".

Verlierer des Deals, der über die Saison hinaus Bestand haben dürfte, ist der DBB. Pesic hatte mit einem verjüngten Team souverän die EM-Qualifikation geschafft. Im Oktober - nach Bauermanns Entlassung in München - stellte er aber plötzlich die anvisierte längere Zusammenarbeit in Frage. DBB-Präsident Ingo Weiss äußerte sich dennoch im Oktober zuversichtlich, "dass Pesic unsere Mannschaft bei der EM betreut". Dies ist nun nicht mehr möglich, nachdem sich Pesic dafür entschied, "kein Verwaltungstrainer" sein zu wollen, wie er spitz bemerkte.

Eine Doppelfunktion verbietet die BBL, seitdem Bauermann einmal beide Ämter innehatte, den Job als Bundestrainer und einen als Ligacoach. Auch ein Kniff mit einem neuen Vertrag in München nach der EM ist "nach unseren Regeln unzulässig", sagt BBL-Chef Jan Pommer der SZ. "Und ich glaube nicht, dass sich ein seriöser Klub wie die Bayern auf so ein Fingerhakeln einlässt." Wolle man auch gar nicht, sagt Marko Pesic: "Es geht nicht und ist auch nicht in unserem Sinne."

Der DBB hat die Bayern am Dienstag beglückwünscht zu Pesic' Verpflichtung. Dessen Vorgänger als Nationaltrainer ist ja außerdem frei und nach eigener Aussage nicht abgeneigt: Dirk Bauermann.

© SZ vom 28.11.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: