Bayer Leverkusen:Schlitzohr Chicharito gelingt der perfekte Hattrick

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Chicharito: Wichtiger Treffer zum 3:2 gegen Mainz (Foto: dpa)

Ein Tor mit links, mit rechts und mit dem Kopf: Chicharitos Glanzleistung gegen Mainz verleiht Bayer Leverkusen die Hoffnung, doch noch in Fahrt zu kommen in dieser Saison.

Von Tobias Schächter, Mainz

Nachdem doch noch alles gut geworden war für Bayer Leverkusen, zeigte Rudi Völler auf seinen Bauch: Das dünne, hellblaue Hemd des Bayer-Sportdirektors war durch einen großen Schweißfleck durchnässt, und Völler erklärte mit einem typischen Rudi-Völler-Augenzwinkern: "Ich habe nicht geschwitzt, das war der Chicharito." Ja, ja, der Chicharito war's, so fest drückte der nach diesem Spektakel auch noch seinen Sportdirektor, dass der sich nicht in allerbester Etikette präsentieren konnte.

Aber böse war Völler dem Schweißfleckmacher aus Mexiko natürlich nicht. Ganz im Gegenteil: Javier Hernandez, den sie einst in seiner Heimat Mexiko Chicharito, die kleine Erbse, tauften, sorgte mit seinen drei Toren beim 3:2-Auswärtssieg in Mainz für beste Stimmung und große Erleichterung bei all jenen, die für Bayer sind.

Als schon die Nachspielzeit lief, flog ein allerletztes Mal der Ball nach einem langen Schlag in den Mainzer Sechzehnmeterraum - und weil sich der eingewechselte Leverkusener Stürmer Stefan Kießling und der Mainzer Innenverteidiger Stefan Bell gegenseitig erfolgreich am Kopfball hinderten, kam die Kugel noch einmal zum kleinen Chicharito, der die Kugel am verdutzten Mainzer Torwart Jonas Lössl vorbei doch noch zum 3:2-Siegtreffer für Bayer ins Netz köpfelte.

Das Risiko von Trainer Schmidt wird belohnt

Statt fünf Punkte nach fünf Spieltagen haben die Leverkusener nun also sieben - und sie haben vor dem Champions-League-Spiel am Dienstag in Monaco und dem nächsten Ligaspiel gegen Dortmund erst einmal die große Krisendiskussion verhindert. "Der Sieg tut richtig gut", gab Völler zu. Besonders gut tut dieser Erfolg den Leverkusenern auch deshalb, weil er nicht nur auf der Kaltschnäuzigkeit von Chicharito beruhte.

Nach einer schwachen ersten Halbzeit, nach der die Mainzer nach Toren von Yunus Malli (31.) und Bell (35.) nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich (32.) mit 2:1 führten, steigerten sich die Leverkusener im zweiten Durchgang zu "ihren besten 45 Minuten in dieser Saison", wie Kapitän Ömer Toprak bemerkte. Die Mainzer kamen zu keiner einzigen Torchance mehr.

Trainer Roger Schmidt hatte taktisch statt von Kurzpassspiel auf lange Bälle in den Strafraum umgestellt und in Stefan Kießling zudem eine zweite Spitze neben Chicharito ganz vorne und in Kevin Volland einen weiteren Stürmer gebracht. Das Risiko von Schmidt wurde belohnt. Mit dem wuchtigen Kießling kamen die Mainzer überhaupt nicht zurecht, nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung legte dieser per Kopf dem Matchwinner den Ausgleich vor (67.).

"Man hat gesehen, dass Chicharito es gutgetan hat, als wir mit einer zweiten Spitze spielten", lobte Bayer-Trainer Roger Schmidt sich quasi selbst. Aber es stimmte schon, die Einwechslungen und die Umstellung auf lange Bälle nach vorne brachten die Wende gegen die Mainzer, die in der zweiten Halbzeit nach ihrem fünften Spiel in 13 Tagen körperlich immer mehr abbauten. Auch Bayers Trainer Schmidt tut dieser Sieg gut nach dem nicht optimalen Saisonstart. Nun ist plötzlich wieder Hoffnung da, dass Leverkusen mit Verspätung in Liga und Champions League Fahrt aufnimmt.

Im Sommer hätte er nach England wechseln können

Das tut langsam aber sicher Chicharito, nach seinem Dreierpack sagte er nur: "Es war der perfekte Hattrick: mit links, mit rechts und mit dem Kopf." Mehr wollte der 28 Jahre alte Stürmer nicht sagen, er hatte sich den Ball als Souvenir geschnappt, mit dem er das 3:2 erzielt hatte, tischte ihn ein paar Mal auf wie ein Basketballer, winkte noch kurz und verschwand im Mannschaftsbus.

Dafür redeten andere viel über diesen Torjäger, den Bayer im Sommer nicht hatte nach England ziehen lassen. "Er kommt langsam in Topform", meint der Trainer und fügte schmunzelnd hinzu: "Wobei: Vier Tore nach fünf Spielen sind ja nicht so schlecht." Man habe Chicharito in den letzten Spielen doch angemerkt, so Schmidt, dass diesem nach einem Handbruch kurz vor dem Saisonstart mit anschließender Pause ein bisschen Physis verloren gegangen sei. Aber Chancen verwerten, kann dieser Strafraumschleicher auch, wenn er nicht in allerbester physischer Verfassung ist. "Wenn er Chancen hat, dann macht er den Ball rein", weiß Schmidt.

Am Samstag in Mainz hat dieser Chicharito genau das gezeigt. Und der gut gelaunte Rudi Völler, einst selbst ein Torjäger, erzählte noch eine Anekdote: Schon sein Lehrmeister Otto Rehhagel habe ihm gesagt, man müsse als Stürmer nicht alle Zweikämpfe gewinnen - aber die wichtigen im Strafraum. Und genau das mache Chicharito mit seiner Schlitzohrigkeit, lobte Völler. Ins Schwitzen kommen gegen diesen Stürmer im Nahkampf nicht nur Sportdirektoren.

© SZ vom 25.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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