Basketballer des FC Bayern:Ein Fall à la Lewandowski

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Einer geht, einer kommt: Tyrese Rice (rechts) hat ein hoch dotiertes Angebot aus Tel Aviv angenommen, Anton Gavel kommt 2014 zum FC Bayern.   (Foto: Andreas Gebert/dpa)

Der FC Bayern plant, nach dem Fußball auch die Macht im Basketball an sich zu reißen. Die beiden Berliner Heiko Schaffartzik und Nihad Djedovic heuern in München an. Zudem kommt 2014 der begehrteste Spieler der Liga: der Bamberger Anton Gavel.

Von Ralf Tögel

Gerade hatte sich Svetislav Pesic der lästigen Pflicht entledigt und das Playoff-Aus seiner Mannschaft moderiert. Jetzt stand er mit gelöstem Krawattenknopf vor dem Presseraum der Bamberger Basketball-Arena und referierte entspannt über die Zukunft. Viel Zeit war noch nicht vergangen nach der 66:85-Niederlage des FC Bayern München gegen den späteren Meister Brose Bamberg, das 2:3 in der Best-of-five-Serie schien sich aus den Gedanken des Münchner Trainers aber schon zu verflüchtigen. Pesic plauderte lieber über das Morgen, kündigte moderate Änderungen im Kader an.

Nicht einmal zwei Monate ist das her, die Änderungen gestalten sich nun doch etwas umfangreicher und halten die Konkurrenz in Atem. Die neuesten Zugänge dürften deren schlimmste Befürchtung bestätigen: Der FC Bayern plant, nach dem Fußball nun auch im Basketball die Macht an sich zu reißen.

Nach SZ-Informationen haben die Berliner Heiko Schaffartzik, 29, und Nihad Djedovic, 23, für zwei Jahre beim FC Bayern angeheuert. Zudem wird in Anton Gavel der begehrteste Bundesliga-Spieler im nächsten Sommer vom Meister Bamberg nach München kommen; er soll bereits einen Vertrag unterzeichnet haben.

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:FC Bayern verpflichtet Lucca Staiger

In Erwartung einer Wildcard für die kommende Europa-League-Saison verstärken die Basketballer des FC Bayern ihren Kader. Nach SZ-Informationen verpflichtet der Halbfinalist den deutschen Nationalspieler Lucca Staiger bis 2015. Staigers Zugang hat weitere Auswirkungen auf die Mannschaft.

Von Ralf Tögel

Der Kader der Münchner hat damit weiter signifikant an Qualität zugelegt - und dabei ist er noch nicht einmal komplett. Deon Thompson (Berlin), der jüngst für die Chicago Bulls in der NBA-Summer-League spielte, ist ein Kandidat. Bislang sind der Ulmer Center John Bryant (wertvollster Bundesliga-Spieler der vergangenen zwei Spielzeiten), die deutschen Nationalspieler Lucca Staiger (Ludwigsburg) und Yassin Idbihi (Berlin), der sprungstarke Bryce Taylor (Quakenbrück) sowie Guard Malcolm Delaney vom ukrainischen Meister und Eurocup-Teilnehmer Kiew gekommen.

Schaffartzik, der sich momentan mit dem Nationalteam auf die EM in Slowenien (4. bis 22. September) vorbereitet, ist ein exzellenter Distanzschütze. Neben dem Spiel unter dem Brett, für das Bryant und Idbihi geholt wurden, war das in der abgelaufenen Saison die Schwäche der Münchner. Djedovic gilt als einer der talentiertesten Spieler der Liga und hat trotz seiner Jugend bereits eine bewegte Basketball-Vita vorzuweisen.

Im Alter von 17 Jahren wurde er vom FC Barcelona verpflichtet, er spielte unter anderem für Virtus Rom und Galatasaray Istanbul. Auch Djedovic ist ein guter Schütze, dem Vernehmen nach soll der Bosnier, der in München aufgewachsen ist, eingebürgert werden.

Mit der Verpflichtung von Schaffartzik, dessen Vertrag mit Berlin gegen eine Ablöse vorzeitig aufgelöst wurde, haben die Bayern dem Serienmeister Bamberg ein Schnippchen geschlagen. Der Nationalspieler - einer von vielen Akteuren, die Berlin verlassen - war auch von den Franken umworben worden. Schmerzhafter dürfte indes der angekündigte Abschied von Gavel in einem Jahr sein, den Bamberg aus dem laufenden Vertrag nicht freigeben will. Spielgestalter Gavel ist das Herz der Meistermannschaft, einer, der den Unterschied macht.

Die angestrebte Vertragsverlängerung hatte Gavel abgelehnt, der wohl beste Spieler der Bundesliga schließt sich dem ambitioniertesten Projekt seit Bestehen derselben an. Was vor drei Jahren in der zweiten Liga begann, ist nun auf dem besten Weg, sich auf höchster europäischer Ebene konkurrenzfähig zu präsentieren. Die wirtschaftliche Potenz des Münchner Projekts ist unbestritten, was dem Klub schon nach seiner zweiten Erstligasaison eine Wildcard für die Euroleague (vergleichbar mit der Fußball-Champions-League) eingebracht hat.

Neben den Bayern ist Meister Bamberg qualifiziert, der Meisterschaftszweite Oldenburg kann mittels einer Qualifikation noch in die Euroleague kommen. Doch gerade den Bambergern, die 2010, 2011 und 2012 jeweils das Double schafften und in der abgelaufenen Saison von den Bayern aus dem Pokalwettbewerb geworfen wurden, erwächst im Süden ein ernsthafter Konkurrent; die Wachablösung scheint lediglich eine Frage der Zeit zu sein. Widerstandslos will der Platzhirsch aber nicht weichen, der Umbau der Halle ist auf den Weg gebracht, die Stadt beteiligt sich. Doch vor allem der namensgebende Hauptsponsor Brose in Person von Michael Stoschek - dem Vorsitzenden der Gesellschafterversammlung, der auch die Namensrechte an der Arena erwerben will - schießt vergiftete Pfeile in Richtung des umtriebigen Kontrahenten.

Hauptkritikpunkt ist die Personalpolitik des FC Bayern, dem Stoschek ein bewusstes Schwächen der Konkurrenz vorwirft. Wie emotional die Debatte mittlerweile geführt wird, war in der vergangenen Woche auf einer Podiumsdiskussion in Bamberg zu beobachten, als Stoschek die Bamberger mit Borussia Dortmund verglich.

Mit einer pathetischen Kampfansage via Liveticker aus der Stechert-Arena: Wie im Fußball werde man versuchen, der roten Übermacht Paroli zu bieten, "wir sind die Guten". Ob Stoschek zu diesem Zeitpunkt von der neuesten Pointe wusste, ist unklar, jedenfalls haben die Bamberger jetzt wie das Dortmunder Vorbild einen Fall Lewandowski zu überstehen.

Fakt ist indes auch, dass das stetig steigende Engagement des FC Bayern die Konkurrenz animiert und somit die gesamte Liga aufwertet. Vor allem für amerikanische Profis ist die Bundesliga deutlich attraktiver geworden. Ein Umstand, den gerade die Bamberger in der Vergangenheit gut zu nutzen wussten.

© SZ vom 23.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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