Basketball-Playoffs, Artland - Bayern:Warten auf die letzte Reaktion

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Die Artland Dragons und der FC Bayern München bestreiten am Abend das fünfte und entscheidende Viertelfinale in den Basketball-Playoffs. Lassen sich die Bayern wieder von der emotionalen Kulisse in Quakenbrück beeindrucken?

Ralf Tögel

Es war viel die Rede von Reaktionen. Dirk Bauermann hatte "diese Reaktion" von seiner Mannschaft erwartet. Diese Reaktion war der 82:71-Sieg im vierten Playoff-Viertelfinale gegen die Artland Dragons. Nun erwartet Stefan Koch eine Reaktion seiner Spieler. Denn er will eine Einstellung wie bei der Niederlage am vergangenen Dienstag nicht mehr sehen. Damit meint der Artland-Coach natürlich das finale fünfte Spiel am Donnerstag in Quakenbrück (17.10 Uhr, live bei Sport1), das entscheiden wird, wer den amtierenden deutschen Meister Bamberg im Halbfinale um die deutsche Meisterschaft herausfordern darf.

Ein letzter Kampf am Donnerstag: Der Münchner Aleksandar Nadjfeji (Mitte) gegen Darren Fenn (r.) und Guido Gruenheid (l.) von den Dragons. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Schon in den ersten drei Spielen der Serie gab es Reaktionen. Einige allerdings waren nicht unbedingt zu erwarten. Denn dem überragenden Sieg im ersten Spiel in Quakenbrück ließen die Bayern eine miserable Leistung vor eigenem Publikum (84:92) folgen und vergaben die große Chance, vorentscheidend in Führung zu gehen. Unrühmlicher Höhepunkt war die Tätlichkeit von Artlands Bestem, Point Guard David Holston, der Steffen Hamann mit einem Schlag im Gesicht traf. Die Folge: ein Spiel Sperre und eine aufgeladene Atmosphäre in Quakenbrück, von der sich die Bayern beeindrucken ließen und nach noch schwächerer Leistung beim 67:83 regelrecht vorgeführt wurden. Ohne den Quakenbrücker Topscorer und Spielmacher.

Am Dienstag nun war Holston wieder dabei, aber die Bayern hatten das richtige Mittel gegen ihn: Demond Greene. Bauermann sagt, dass er Greene deshalb in die Anfangsformation stellt, damit der ein Signal gibt, ein Signal an den gegnerischen Spielmacher. Holston bekam dieses Zeichen, und er blieb hinter seinen Möglichkeiten zurück. Sechs Punkte sind für einen Point Guard seiner Qualität kümmerlich, Holston pflegt im Normalfall zweistellig zu punkten. War Greene auf der Bank, entnervte Bastian Doreth mit einer ebenso aggressiven Abwehrleistung den 1,70 Meter kleinen Quakenbrücker Regisseur. Oder Steffen Hamann nahm sich seines Pendants an, die beiden verbindet ja diese besondere Beziehung.

In München blieb es im Übrigen erfrischend fair. Selbst der Stadionsprecher, der bisweilen ins Marktschreierische abdriftet, wusste sich zu benehmen. Die Vereinsführung hatte im Vorfeld des Spiels an die Fairness der Fans appelliert, das Publikum verhielt sich vorbildlich. Steffen Hamann, der die Rolle des Buhmanns in fremden Hallen gepachtet hat, wurde mit Freudengesängen bedacht und bedankte sich mit einer starken Leistung. "Natürlich tut mir das gut", sagte der Bayern-Kapitän, "aber ich weiß, was mich in Quakenbrück wieder erwartet. Ich bin es gewohnt, nicht der Liebling zu sein."

Bayern sind ruhig geblieben

Vor allem dank Hamanns Präsenz im ersten Viertel kamen die Bayern sofort ins Spiel. Was auch Uli Hoeneß nicht verborgen blieb: "Ich habe nach fünf Minuten gesehen, dass wir dieses Spiel gewinnen. Quakenbrück war nicht ein einziges Mal in Führung, das war eine souveräne Vorstellung", sagte der Münchner Präsident. Drei Tage zuvor in Quakenbrück reichten Hoeneß ebenfalls ein paar Minuten, um zu sehen, dass das erste Auswärtsspiel, das er besuchte, verloren wird. Dass Hoeneß am Donnerstag erneut dabei sein wird, ist unwahrscheinlich: "Das ist schon sehr kurz vor dem Champions-League-Finale."

Der Sieg in München war auch deshalb bemerkenswert, weil die Bayern in den Phasen, in denen die Dragons bedrohlich nahe kamen (50:52, 23./57:58, 39.), ruhig blieben und immer zu kontern wussten. Besonders Bayerns wuchtiger Center Jared Homan (20 Punkte) riss sein Team in engen Phasen mit, entweder mit erfolgreichen Abschlüssen oder spektakulären Blocks, auch bei den Rebounds hatte der Amerikaner den Tagesbestwert. Damit hielt er Wort, denn nach der jüngsten Pleite im Artland war er mit dem Kollegen Je'Kel Foster eigeninitiativ beim Trainer vorstellig geworden und hatte eine bessere Leistung versprochen.

In Jonathan Wallace (13), Chevon Troutman (12), Aleksandar Nadjfeji (11) und Hamann (13) punkteten vier weitere Münchner Akteure zweistellig. "Vielleicht der Schlüssel zum Sieg", wie Bauermann festhielt: "Wir haben heute wie im ersten Spiel als Mannschaft funktioniert. "Auf die Animositäten der vergangenen Partie, wollte Bauermann nicht weiter eingehen, versprach aber im fünften Spiel: die richtige Reaktion seiner Mannschaft.

Artland "pomadig, überheblich, arrogant"

Kollege Koch wurde in der Pressekonferenz gefragt, wie er denn der Schwächung durch das Mitwirken von Holston im fünften Spiel begegnen wolle. Der Artland-Coach musste erst einmal tief Luft holen, dann entgegnete er: "Das ist eine interessante Frage, aber wir haben auch schon mit Holston Spiele gewonnen." Frei übersetzt: Er werde sicher nicht so dämlich sein und seinen besten Akteur auf der Bank lassen. Die Leistung seines Teams aber bezeichnete Koch als "pomadig, überheblich und ein Stück weit arrogant". Und er versprach: richtig, die angemessene Reaktion.

Es wird ein Spiel mit offenen Karten, beide Teams haben sich nun vier Partien lang gegenseitig studieren können. Taktische Kniffe sind daher kaum zu erwarten, die große Frage wird sein, ob sich die Bayern einmal mehr von einer emotionalen Kulisse werden beeindrucken lassen. Das ist die Achillesferse der Mannschaft, die zum Schluss der Vorrunde eigentlich behoben schien. Bayern-Kapitän Hamann meinte, dass es weder um taktische, noch spielerische Dinge gehen werde: "Das wird im Kopf entschieden". Und: "Playoffs sind die Zeit der Reaktionen."

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