Australian Open:Heiß wie im Backofen

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Kippte sich erstmal Wasser ins Gesicht: Gaël Monfils. (Foto: AP)
  • Die Spieler bei den Australian Open leiden unter extremer Hitze von mehr als 38 Grad.
  • Trotzdem wird die Extreme Heat Policy noch nicht angewendet.
  • Der Franzose Gaël Monfils glaubte sogar "sterben zu müssen".

Von Gerald Kleffmann, Melbourne

Als um 10 Uhr und nicht eine Minute früher wie jeden Morgen Horden von Zuschauern den Melbourne Park fluten durften, steuerten Kinder, Eltern, Großmütter, ältere Damen, kernige Männer nicht gleich einen der Tennisplätze an. An manchen Stellen auf dem weitläufigen Areal der Australian Open stehen riesengroße Ventilatoren, die nasskalte Luft fabrizieren. Hinter einigen Courts wiederum lassen sich aus Wasserhähnen Flaschen und Becher befüllen. Überall herrschte Andrang, und er sollte nicht nachlassen. Am Nachmittag stieg die Temperatur auf mehr als 38 Grad Celsius.

"Wie ein Föhn, der einem ständig ins Gesicht bläst", so umschrieb später Angelique Kerber die Bedingungen. "Es war hart an der Grenze", äußerte der Serbe Novak Djokovic. Nur die Japanerin Naomi Osaka meinte, es sei "nicht so heiß" für sie gewesen. Sie führte das darauf zurück, dass sie Wärme gewohnt sei, wegen ihres Wohnortes in Florida. Und der Österreicher Dominic Thiem behauptete nach seinem Spiel, er gehe warm duschen. Er hasse Eisbäder. Er lachte.

Die Extreme Heat Policy wurde noch nicht angewandt

Dass sich auf diesem Kontinent im Sommer Hitze wie in einem Backofen entfalten kann, ist nicht unbedingt eine Überraschung. Daher verlief dieser Donnerstag zwar stark geprägt von Debatten zum Wetter. Aber Konsequenzen blieben aus. Noch. Die Extreme Heat Policy, die besagt, dass Spiele bei den Australian Open zum Schutz der Profis unterbrochen werden können, wurde nicht angewandt, da zum einen keine 40 Grad Celsius erreicht wurden (am Freitag könnte dies aber geschehen) und auch ein gewisser Koeffizient nicht, der die Luftfeuchtigkeit zusätzlich beinhaltet. Ein leichter Wind machte die Lage immerhin minimal erträglicher.

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Schaden haben die meisten Profis nicht genommen, die in den Pausen bei den Seitenwechseln sich mit Eis gefüllte Schals um den Hals legten. Ausnahmen gab es natürlich, der Franzose Gaël Monfils sagte: "Während 40 Minuten glaubte ich, sterben zu müssen." Kerber, die Siegerin von 2016, habe sich schon morgens auf diese Konditionen eingestellt und früh zu trinken angefangen, berichtete sie. Auch ihr Abend sollte mit dem Verzehr von Flüssigkeiten zu Ende gehen, allerdings wollte sie sich dann wohlschmeckend vergärte Trauben in Form eines "Glases Wein" zu Gemüte führen. "Ich habe ja hier immer Geburtstag", sagte sie, diesmal war es ein besonderer - 30 Jahre alt wurde Kerber. Nach ihrem 6:4, 6:1-Zweitrundensieg gegen Donna Vekic sangen ihr die Zuschauer in der Margaret Court Arena ein Ständchen.

Kerber erlebte eine prächtige Arbeitsschicht, gegen die Kroatin, trainiert von Kerbers früherem Coach Torben Beltz, dominierte sie fast durchgehend, die nächste Aufgabe dürfte eine andere werden. "Ich rechne mit einer starken Scharapowa", befand Kerber. Die Russin Maria Scharapowa, die 2017 in Melbourne gefehlt hatte, weil sie eine 15-monatige Doping-Sperre verhängt bekommen hatte, ist ihre Gegnerin. Die 30-Jährige besiegte die Lettin Anastasja Sevastova 6:1, 7:6 (4). "Das Thema ist durch, sie hat ihre Strafe abgesessen", sagte Kerber, "sie wird gefährlich sein."

Dass Kerber und Scharapowa sich schon jetzt begegnen, hat damit zu tun, dass Scharapowa nach ihrer gesperrten Phase in der Rangliste weit abgerutscht war und sich zurückarbeiten muss; sie ist momentan auf Rang 48 angelangt. Kerber ist jetzt die letzte Deutsche in der dritten Runde, Andrea Petkovic verabschiedete sich mit einem typischen Petkovic-Match - also mit skurrilen Wenden, wie schon bei ihrem Sieg zuvor mit 10:8 gegen die Tschechin Petra Kvitova. Gegen die Amerikanerin Lauren Davis führte sie 4:0, dann: 4:4. 6:4. 0:6. 0:6. In der ihr eigenen Art sagte sie zu dieser Abfolge: "Ich mache jetzt einfach auf Amnesie. Die letzten zwei Sätze existieren für mich nicht."

Am vierten Spieltag setzte sich der Trend fort, dass Favoriten straucheln, gerade bei den Frauen. Gescheitert ist diesmal Wimbledon-Siegerin Garbiñe Muguruza, die Spanierin unterlag Su-Wie Hsieh aus Taiwan 6:7 (1), 4:6. Neun der ersten 16 gesetzten Frauen waren bis Donnerstagabend draußen. Bei den Männern musste Stan Wawrinka, Sieger von 2014, erkennen, dass er nach seiner Knie-Operation noch nicht fit ist, der Amerikaner Tennys Sandgren besiegte den Schweizer 6:2, 6:1, 6:4 - und trifft auf eine deutsche Überraschung. Maximilian Marterer setzte sich gegen den Spanier Fernando Verdasco 6:4, 4:6, 7:6 (5), 3:6, 6:3 durch.

Der Nürnberger hatte in Melbourne seinen ersten Sieg auf ATP-Tour- und Grand-Slam-Ebene überhaupt erst geschafft, nach 14 Erstrunden-Niederlagen zuvor. Jan-Lennard Struff (Warstein) durfte in der Night Session in der Rod Laver Arena Erfahrung sammeln in der Partie gegen Titelverteidiger Roger Federer. Er schlug sich achtbar beim 4:6, 4:6, 6:7 (4). Wie Peter Gojowczyk, doch für den Münchner war Alexander Zverev zu stark beim 1:6, 3:6, 6:4, 3:6.

Als Zverev den Matchball verwandelt hatte, kurz nach 21 Uhr, mit seinem letzten von 25 Assen, zeigte das Thermometer immer noch 32 Grad Celsius an.

© SZ vom 19.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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