Ausschreitungen in Hamburg:"Es war noch Schlimmeres befürchtet worden"

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Die Polizei muss in Hamburg eingreifen. (Foto: AFP)
  • Der Hamburger SV steigt trotz eines 2:1-Sieges gegen Gladbach zum ersten Mal aus der Bundesliga ab.
  • Kurz vor dem Ende der regulären Spielzeit zünden einige Fans Böller und Rauchbomben im Volkspark. Die Polizei muss aufs Feld.
  • Hamburgs Innensenator Andy Grote sagte später, er habe noch Schlimmeres befürchtet.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Die Uhr des HSV in der Bundesliga war schon fast abgelaufen, da ging der Irrsinn los. Erst sah man im Fanblock des Absteigers plötzlich ein Plakat mit einem Dino mit gefletschten Zähnen hängen. Dahinter wölbte sich über Hooligans ein düsteres Transparent, das vermutlich absichtlich aussah wie ein Sargdeckel. Dann erschütterten die ersten Böllerschüsse der mächtigeren Art das Volksparkstadion, und bald sah man bis in den Strafraum hinein Flammen und pechschwarzen Rauch.

Binnen Minuten verwandelte sich die Arena in ein Schlachtfeld. Selbst die Ordner mit den zitronengelben Signalwesten an den Tribünen mussten sich vor den Geschossen der Pyromanen auf den Rasen flüchten, Dutzende schwarz gekleideter Polizisten mit weißen Helmen liefen auf den Rasen. Auch Beamte mit Schäferhunden und hoch zu Ross stürmten den Platz, während die Mannschaften drinnen in Deckung gingen. In letzter Sekunde drohte der Liga ein Spielabbruch. Solche wahnsinnigen Bilder hatte man im deutschen Profifußball noch selten gesehen (vergleichbar waren Szenen beim Abstieg des 1.FC Köln vor sechs Jahren). Und wenn nicht alles täuscht, dann haben sie sich sehr schnell ins Gedächtnis eingebrannt. Sie werden bleiben, wie jene der Straßenschlachten bei G20 vor fast einem Jahr.

Gut, Schiedsrichter Felix Brych ließ schließlich doch noch für einige symbolische Sekunden fertig spielen, nachdem die Vandalen ihren Vorrat abgeschossen und abgebrannt hatten und ins Freie verschwunden waren, verfolgt von Uniformierten. Mindestens zwei Festnahmen waren draußen zu beobachten. Der Verein sei größer als "ein paar Böller", versuchte der Stadionsprecher nach Schlusspfiff zu beruhigen, Brandgeruch lag noch in der Luft, das Gras blieb stellenweise verkohlt zurück. Es waren nur 200, vielleicht 300 Extremisten, der Rest wollte ein versöhnliches Ende dieser verkorksten Saison und wünschte die Brandstifter zum Teufel. Das Publikum feierte die Spieler am Ende sogar für ihren schließlich vergeblichen Einsatz in den vergangenen Wochen. Aber wie konnte eine durchgeknallte Minderheit dieses Chaos anrichten? Wie bekamen diese Leute all das Feuerwerkszeug hinein?

Es war ja zu erwarten gewesen, dass die schlimmsten Hardliner unter den Anhängern dieses Klubs sich irgendwie bemerkbar machen würden. Vor Wochen, als das Team besonders mies spielte, hatten sie mal versucht, in die Kabine einzufallen und sich danach gegenseitig verprügelt. Auch waren schon mal Kreuze mit drohenden Botschaften am Trainingsplatz aufgestellt worden. "Es war ehrlicherweise noch Schlimmeres befürchtet worden", berichtete Innensenator Andy Grote hinterher auf dem Parkplatz und bedankte sich bei der Polizei. "Hässliche Szenen" habe es wegen "einiger kranker Köpfe" gegeben. Die hässlichen Szenen begleiten den HSV jetzt in Liga zwei.

© SZ vom 13.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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