Arsenals Niederlage gegen Manchester:"Schmerzhaft, erniedrigend und demütigend"

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Der FC Arsenal, einst gefürchteter Rivale von Manchester United, taugt mittlerweile nicht mal mehr zum Sparringspartner. Die Elf verliert das Duell mit 2:8 - die höchste Niederlage der "Gunners" seit 1896. Erste Stimmen legen Trainer Arsène Wenger nun den Rücktritt nahe - doch der bittet um Vertrauen.

Raphael Honigstein, London

Arsène Wenger leistete noch ein bisschen Widerstand gegen die erdrückende Macht des Faktischen: "Das war gar kein 8:2-Spiel, wir hatten einige gute Passagen", befand der Franzose nach Arsenals höchster Niederlage seit einem 0:8 gegen den FC Loughborough im Jahre 1896 zunächst rätselhaft.

Historische Niederlage: Arsenal verliert bei Manchester United mit 2:8. (Foto: Getty Images)

Doch dann bahnte sich der Schwermut seinen Weg. "Schmerzhaft, erniedrigend und demütigend" sei der Nachmittag im Old Trafford gewesen, gab Wenger zu und hatte dabei noch Glück, die finale, böseste Beleidigung zu verpassen. Wengers Intimfeind Alex Ferguson servierte sie, hübsch verpackt unter der Haube des Mitleids. "Wir haben heute fantastische Treffer erzielt und hätten mehr machen können", sagte der Manchester-United-Trainer: "Aber gegen so ein geschwächtes Team will man ja nicht mehr Tore machen."

Mit anderen Worten: Die Gunners aus London, einst die gefürchtetsten Rivalen der Roten, taugen nicht mal mehr zu Sparringspartnern. Ein solches Ungleichgewicht hatte sich vor Anpfiff bereits angedeutet, auch wenn das ganze Ausmaß dieses Jahrhundertdebakels nicht abzusehen gewesen war.

Wenger musste acht Stammkräfte ersetzen und Namen auf den Spielberichtsbogen schreiben, die hinterher unfreiwillig zum Programm wurden. Francis Coquelin, 20, und Armand Traoré, 21, starteten, auf der Bank saßen Oguzhan Ozyakup, 18, und Gilles Sunu, 20, die ebenfalls nur Insidern ein Begriff sind.

Junge Spieler hatte United auch in den Reihen - und zwar so viele, dass der Altersdurchschnitt bei den Gastgebern sogar einige Dezimalstellen unter dem von Arsenal (23,6) lag. Doch im Gegensatz zu Wenger, der nach dem Abschied von Kapitän Cesc Fàbregas (Barcelona) und Samir Nasri (Manchester City) die letzten Eckpfeiler in seinem schon länger wackelnden, ungenügend befestigten Bau verloren hat, kann Ferguson Talente wie Stürmer Danny Welbeck, 20, Verteidiger Phil Jones, 19 oder Mittelfeldspieler Tom Cleverly, 22, behutsam in funktionierende Strukturen einbinden.

Bis die von den wenigen etablierten Kräften wie Arschawin oder van Persie weitgehend allein gelassenen Neulinge mit ihren Mitspielern Bekanntschaft gemacht hatten, hatte United die Partie durch Tore von Welbeck (22.) und Ashley Young (28.) schon entschieden.

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Erst die Superzeitlupe ließ die vielleicht verstörendste Szene aus Arsenal-Sicht erkennen. Tomas Rosicky, der Erfahrenste in Dunkelblau, drehte sich nach Wayne Rooneys Freistoß nicht mal um, um die Flugbahn des Balles zu verfolgen. Vielleicht wusste der Tscheche, dass er zum 3:0 einschlagen würde, vielleicht war es ihm auch schlichtweg egal.

Die Botschaft vor dem Spiel gegen Manchester war eindeutig: Die Fans vertrauen Trainer Arséne Wenger. Ob das nach der historischen Niederlage auch noch so ist, wird sich zeigen. (Foto: dapd)

In der zweiten Hälfte fügte sich Arsenal gänzlich dem Schicksal. Der überforderte Carl Jenkinson, 19, im vergangenen Jahr noch beim Sechstligisten Welling beschäftigt, flog mit Gelb-Rot vom Platz.

"Wir waren körperlich am Ende", sagte Wenger über ein Nicht-Team, dem jeglicher Glauben abhanden gekommen war. Die vermeintlichen Leistungsträger erscheinen ob der endlosen Verjüngungskur erschöpft und viel älter, als sie es in Wahrheit sind. Mit einem Punkt steht Arsenal auf Platz 17 der Tabelle. Keine Moment- sondern eine Trend-Aufnahme.

Nach Abpfiff musste der neue Kapitän van Persie etliche Kollegen zurück in die Gästekurve zerren, wo die mitgereisten Fans nie aufgegeben hatten - zum Trost will ihnen der Klub das Ticket fürs nächste Auswärtsspiel erstatten. "Arsenal war unglaublich peinlich, eine Beleidigung für das Trikot", schrieb der seriöse Daily Telegraph; "keine Leistung, einen Hilfeschrei", hatte Independent erlebt. Die Times fühlte sich an einen biblischen Präzedenzfall erinnert: "Rooney führt das Massaker der Unschuldigen an!"

Wenger musste sich fragen lassen, ob nach dem brutalen Kindermord im Old Trafford als nächstes der eigenwillige König dran glauben müsse, aber der Elsässer bat um Zeit und Vertrauen: "Wir haben das Geld für Verstärkungen, falls wir die richtigen Spieler finden. Es sind erst drei Spiele gespielt, es ist zu früh um zu sagen, dass ich völlig falsch liege."

Die Hoffnungen der Fans, dass der Trainer die dringend benötigten Defensivspezialisten bis zum Ablauf der Transferperiode überzeugt, sind nicht mehr allzu groß. Am Sonntag gab Wenger bekannt, dass man sich wahrscheinlich mit Chu-Young Park (AS Monaco) einig werde. Der Mann ist 26 Jahre alt, allerdings von Beruf Stürmer.

© SZ vom 30.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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