2. Bundesliga: 1860 München:1860 - in den Sümpfen der Traurigkeit

Lesezeit: 3 min

Fußball-Zweitligist 1860 München verliert in letzter Sekunde beim heimstarken FC Erzgebirge Aue 0:1. Stürmer Benny Lauth vergibt zwei gute Chancen - über seine Zukunft herrscht weiter Ungewissheit.

Am Montagabend haben sich die Fußballmannschaften FC Erzgebirge Aue und 1860 München zum letzten Duell des 22. Spieltages getroffen, irgendwelche cleveren Programmplaner waren auf die Idee gekommen, dass sich diese Partie als Topspiel der Woche eignen würde. Aue war immerhin Herbstmeister der zweiten Liga, und der Name Sechzig ist ja nach wie vor kein ganz schlechter in Deutschland.

Duell um den einen kleinen Vorteil: Münchens Benjamin Lauth (rechts) und Aues Marc Hensel kämpfen bei erschwerten Bodenverhältnissen verbissen um den Ball. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Das Spiel also wurde live im Fernsehen übertragen, was sich im Nachhinein als Fehlplanung herausstellte. Genauso gut hätte der Sender eine DVD des Meditationsklassikers "Zuschauen - Entspannen - Nachdenken" einlegen können. Denn das Spiel bot nur eine einzige packende Szene, als nämlich Enrico Kern in der Nachspielzeit das 1:0 erzielte. Aue verteidigte damit seinen Ruf als beste Heimelf. 1860 dagegen kassierte mal wieder in der Schlussphase ein Erfolg vernichtendes Gegentor.

Das war schon zuletzt öfter so gewesen, dabei hätte der TSV diesmal einen Punkt verdient gehabt. Die Partie war zwar über weite Strecken schlecht gewesen, was auch am Boden lag. Denn der sah nach wenigen Minuten aus wie die Sümpfe der Traurigkeit in der wunderbaren Verfilmung des Michael-Ende-Klassikers "Die unendliche Geschichte". Aue, das war von Beginn an zu sehen, wollte mit einem Sieg die 40-Punkte-Marke erreichen, die symbolisch für den geschafften Klassenerhalt steht.

Trainer Rico Schmitt rief das Duell gegen 1860 daher prompt zum wichtigsten Spiel in dieser Saison aus. Die Münchner hielten aber bestens eingestellt dagegen, und so ergaben sich auf beiden Seiten zahlreiche Chancen, oder besser formuliert: Halbchancen. Dominik Stahl schoss bei der ersten TSV-Chance über die Latte (3.), Daniel Bierofkas zielte auf das Tor, aber zu schwach (6.).

Auf der Gegenseite musste Löwen-Torwart Gabor Kiraly bereits bis zur siebten Minute dreimal eingreifen. Immer dann, wenn Skerdilaid Curri und Tobias Kempe Aues Spiel lenkten, war Gefahr im Verzug. Eine klare Einschussmöglichkeit ergab sich jedoch nicht.

Benjamin Lauth dagegen hatte die beiden besten Gelegenheiten zum Führungstor, der Münchner Stürmer drehte sich in der 34. Minute samt Ball um 180 Grad und zog ab. Doch Aues Torhüter Martin Männel bekam auf magische Weise noch die Fingerspitzen an die Kugel. Drei Minuten später dribbelte Lauth pfeilschnell an drei Gegnern vorbei, kurz sah es aus, als könnte er frei zum Abschluss gelangen an der Strafraumgrenze. Aber irgendwoher sauste noch ein Bein heran und bremste Lauth aus.

1860 München
:Gute Spieler, schlechte Spieler

Vor mehr als zwei Jahren wurde Miroslav Stevic Sportchef bei 1860 München: eine Transferbilanz von Nikola Gulan über Juan Barros bis hin zu den Bender-Zwillingen.

Markus Schäflein

Wie hatte der 1860-Verteidiger Kai Bülow doch zuvor gesagt? Auf Aue als Auswärtsgegner haben die wenigsten Teams Lust, weil beim FC Erzgebirge jeder kämpft, kratzt und beißt, das einem schwindelig wird.

1860 München
:Gute Spieler, schlechte Spieler

Vor mehr als zwei Jahren wurde Miroslav Stevic Sportchef bei 1860 München: eine Transferbilanz von Nikola Gulan über Juan Barros bis hin zu den Bender-Zwillingen.

Markus Schäflein

Lauth immerhin zeigte mit seinen guten Aktionen, dass er weiterhin mit Leidenschaft seinem Beruf nachgeht, was zurzeit nicht selbstverständlich ist. 1860-Geschäftsführer Robert Schäfer hatte ja gerade verkündet, man habe Lauth ein verbessertes Vertragsangebot gemacht, dabei aber hinzugefügt: "Richtig optimistisch bin ich bei Benny nicht - vom Bauchgefühl her."

Lauth erwiderte das trocken so: "Ich weiß nicht, was Herr Schäfer mit diesem Satz sagen will. Und ich weiß auch noch gar nichts über dieses neue Angebot." Fast könnte man glauben, Schäfer wolle Lauth loswerden, der sicher nicht ganz billig ist, aber immer noch einer der besten Profis bei den Münchnern.

In der zweiten Halbzeit allerdings nahm sich Lauth eine Auszeit, andere Akteure setzten die Akzente. In der 48. Minute hätte Aue das 1:0 erzielen müssen. Zunächst schoss Marc Hensel aus 18 Metern, Kiraly hielt den Ball, ließ ihn aber wieder fallen, und Enrico Kern brachte daraufhin das Kunststück fertig, aus sechs Metern vor dem quasi leeren Tor in den Himmel zu schießen. Das war Glück für 1860 München, das kurz darauf durch Kevin Vollands Flachschuss beinahe zu einem Treffer kam (54.).

Für einen skurrilen Moment sorgte der frühere Münchner Patrick Milchraum, der inzwischen in Aue gestrandet ist. Er wurde in der 64. Minute eingewechselt, in der 65. Minute erhielt er die gelbe Karte; Milchraum hatte Lauth am Trikot lange festgehalten. 1860 rannte und rackerte verbissen bis zum Ende, doch dann kam jene 92. Minute, in der Kern noch einmal im Strafraum frei zum Schuss kam.

Der Ball prallte an den linken Innenpfosten und dann ins Tor. Die sechste Saisonniederlage der tapferen Löwen war besiegelt.

© SZ vom 15.02.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: