Sprachlabor (287):Zu spät

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Der Stecker eines Netzwerkkabels. (Foto: dpa)

Die Vorratsdatenspeicherung speichert tatsächlich keine Vorratsdaten, sondern Daten auf Vorrat.

Von Hermann Unterstöger

DETERMINATIVKOMPOSITA? Das sind zusammengesetzte Wörter, deren erster Teil die Extension des zweiten bestimmt. So wird etwa bei dem Wort Buch die Menge der denkbaren Bücher durch geeignete Erstglieder eingeschränkt: Gästebuch, Lesebuch, Handbuch, Grundbuch. Analog dazu werden die Daten durch Bestimmungswörter in Eingabedaten, Stammdaten, Metadaten usw. aufgeteilt. Vorratsdaten wären nach dieser Logik Daten, die sich auf Vorräte beziehen, und Leser B. fragt sich, welche Vorräte mit dem Titel "Merkel will Vorratsdaten speichern" gemeint sind: "Lebensmittel? Heizöl? Spermavorräte von Samenbanken?" Bei der vielberedeten Speicherung werden in der Tat keine Vorratsdaten gespeichert, sondern Daten auf Vorrat; insofern sollte man die Vorratsdatenspeicherung besser Datenvorratsspeicherung nennen. Ob es dafür nicht schon zu spät ist? Bei Google stand es am Donnerstag 691 000 : 6570 für die Vorratsdatenspeicherung.

(Foto: Luis Murschetz (Illustration))

DAS NÄCHSTE THEMA hängt mit dem ersten fatal zusammen. Bei dem Charlie-Hebdo-Massaker haben die Angreifer "Allahu akbar" gerufen, was auf Deutsch allgemein mit "Gott ist groß" wiedergegeben wird. Leser M. weist darauf hin, dass die korrekte Übersetzung "Gott ist größer" laute; "Gott ist groß" heiße auf Arabisch "Allahu kabīr". Bei Wikipedia findet sich dazu dies: Allah ist das arabische Wort für Gott, akbar der Elativ des Adjektivs kabīr (groß, großartig, wichtig). Akbar hat die Bedeutung größer, am größten oder sehr groß, weil der Elativ in seiner grammatischen Funktion für den Komparativ und für den Superlativ steht. Das vom Zentralrat der Muslime betriebene Portal islam.de übersetzt den Gebetsruf "Allahu akbar" mit "Allah ist der Allergrößte". Angesichts dessen, dass die Rede von Gottes Größe immer auf die größte denkbare Größe zielt und dass ferner der deutsche Komparativ größer nicht annähernd diesen Sinn entfaltet, sollte man bei "Gott ist groß" bleiben. Muss ja nicht gleich wieder so ein übler Anlass sein.

© SZ vom 31.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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