Sprachlabor (130):Weihnachten

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger denkt über Könige und Engel nach.

WEIL WEIHNACHTEN IST und wir von den Heiligen Drei Königen immer noch nicht genau wissen, ob sie heilig, zu dritt und echte Könige waren, sei hier kurz der Rüge nachgehorcht, die uns unsere Leserin W. erteilte. "Bitte nehmen Sie zur Kenntnis", schrieb sie, "dass Frau Marianne Sayn-Wittgenstein österreichische Staatsbürgerin ist und den Titel Fürstin nicht führen darf - auch wenn sie es gerne möchte." Wir nehmen das zur Kenntnis, erstens weil Frau W. selbst Österreicherin ist, zweitens weil Marianne Sayn-Wittgenstein-Sayn bei uns ausschließlich "Manni" genannt wird, und drittens weil wir hier in Bayern auch oft gescholten werden, wenn wir Gloria Prinzessin von Thurn und Taxis, geb. Mariae Gloria Ferdinanda Gerda Charlotte Teutonia Franziska Margarethe Frederike Simone Johanna Joachima Josefine Wilhelmine Huberta Gräfin von Schönburg-Glauchau, als Fürstin bezeichnen, obwohl ihre Ländereien ja kein Fürstentum im eigentlichen Sinn darstellen. Mutatis mutandis gilt dies auch für den Chef des Hauses Wittelsbach, Franz Herzog von Bayern. Die Sozis würden gern "Herr Bayern" zu ihm sagen, trauen sich aber nicht, die Monarchisten würden ihn gern mit "König Franz, halten zu Gnaden" anreden, dürfen das aber nicht, weswegen sie sich mit einem hastig und verschämt hingenuschelten "Knnglichoheit" begnügen. So wollen wir's auch mit den sogenannten Heiligen Drei Königen halten.

Krippenausstellung im Bayerischen Nationalmuseum. (Foto: Robert Haas)

UND WEIL IMMER NOCH WEIHNACHTEN IST, wollen wir uns von einem anderen, dem Vernehmen nach nur mäßig heiligen Dreikönig etwas Erfrischendes über die Moral sagen lassen: von Immanuel Kant. Seiner Ansicht nach bedarf diese "zum Behuf ihrer selbst (sowohl objektiv, was das Wollen, als subjektiv, was das Können betrifft) keinesweges der Religion"; vielmehr ist sie "vermöge der reinen praktischen Vernunft" sich selbst genug. Wir zitieren das zu dem Behuf, das Wort Behuf in seiner ganzen Schönheit darzustellen. Zur Schönheit gehört, wie man bei Kant an anderer Stelle lesen kann, auch die Richtigkeit, und im Sinn dieser Maxime sollte der Behuf , wenn überhaupt, nur sinnvoll eingesetzt werden. Wie gründlich das danebengehen kann, zeigte sich im Streiflicht , ausgerechnet. Dort hieß es anlässlich diverser Dumme-Jungen-Streiche, man müsse "zu diesem Behelf" wieder einmal "Max und Moritz" lesen. Der Schachtelsatz, den uns Leser O. dazu schrieb, konnte den Lapsus nicht ungeschehen machen, aber ein Notbehuf war er allemal.

WEIHNACHTEN III: Das "Magnus Opus", als welches Paul Simons Album "Graceland" bei uns bezeichnet wurde, korrespondiert mit dem "gaudium magnus", den die Engel den Hirten verkündeten.

© SZ vom 24./25./26.12.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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