Sprachlabor (243):So krass daneben!

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Verona Pooth (geb. Feldbusch) machte den Werbespruch "Da werden Sie geholfen!" populär. (Foto: AP)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger erklärt Formulierungen.

DER UNTERSCHIED zwischen transitiven und intransitiven Verben ist der Nation richtig bewusst geworden, als Verona Pooth, geb. Feldbusch, für die Telegate AG den Slogan "Da werden Sie geholfen" in Umlauf brachte. Das war so krass daneben, dass sich viele fragten, ob die oder der deutsche/n Sprache auf Erden noch geholfen werden könne. Weniger spektakulär war die Formulierung "Ignazio Visco . . . drängelt die Geldhäuser zum Handeln", die bei unserer Leserin M. die Frage wachrief, ob sich drängeln so mit einem Akkusativobjekt koppeln lässt, wie man das von drängen kennt und für richtig hält. Sieht man von Ausreißern à la "Sie drängelten die Mutter, ihnen ein Eis zu kaufen" ab, so wird drängeln intransitiv gebraucht. Es ist dies laut Wolfgang Fleischers Wortbildungslehre eine syntaktische Spezialisierung, wie sie manchen Verben zuwächst, wenn sie um das Suffix el-n erweitert werden, etwa von lieben zu liebeln oder von kränken zu kränkeln . Das heißt aber nicht, dass drängen nicht ebenfalls intransitiv verwendet werden könnte: "Ein jeder fragt und drängt und eilt, / Die Fiedel stockt, der Tänzer weilt."

"DOOF ODER WITZIG?", fragt Leser B. und meint damit die auf eine Schulleiterin gemünzte Formulierung "setzte sich hin und ein Schreiben an die Eltern auf". Die Frage lassen wir im weiten Feld des Geschmacks stehen, aber dass es sich bei dieser Stilfigur um ein Zeugma handelt, kann man ja wieder mal erwähnen. Bei Umberto Eco findet sich dazu folgende schöne Stelle:

"Gerade hat mir jemand ein Destillat von unsäglichem Alter geschenkt. Wie wär's, wollen Sie nicht auf einen Sprung mit raufkommen? Ich habe Pappbecher und den Nachmittag frei."

"Das ist ein Zeugma", bemerkte ich.

"Nein, ein Bourbon, ich glaube aus der Zeit vor dem Fall von Alamo. "

KEUCHEN UND FLEUCHEN? Daran stieß sich Leserin W., genauer gesagt an der Erwähnung dessen, "was dort oben", nämlich auf dem Monte Verità, "alles keuchte und fleuchte". Auch dies kann im weiten Feld stehen bleiben, diesmal in dem der Zitiertreue. Die Formulierung stammt aus dem Querschnitt , einem 1921 gegründeten "Magazin der aktuellen Ewigkeitswerte", und es wird sich nicht eruieren lassen, ob keuchte schon damals eine scherzhafte Abwandlung von kreuchte war. Das heißt, die Vergangenheitsformen sind überhaupt mehr als dubios.

© SZ vom 29./30.03.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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