Sprachlabor (44):Leonidas uns seine 300 Kämpfer

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger über eine indirekte doppelte Verneinung und ein zweiter Kant.

Hermann Unterstöger

BEIM KÄMPFEN kommt es nicht nur auf Kraft, Ausdauer und Strategie an, sondern auch und sehr entscheidend darauf, dass man Freund und Feind auseinanderkennt. Als in unserem Medienteil der Sandalenfilm "300" angekündigt wurde, geschah dies unter Zuziehung eines Fotos, das Gerard Butler als Spartanerkönig Leonidas zeigte. Der Bildtext "Kämpft gegen die 300" führte indessen in die Irre, um nicht zu sagen in den Hinterhalt, in dem damals auch die Spartaner saßen, nachdem die Perser ihre Schlüsselstellung bei den Thermopylen umgangen hatten. Hier nochmal zum Mitschreiben: Die Schlacht fand im August 480 vor Christus statt, die Perser waren gewaltig in der Übermacht, doch Leonidas hielt sie mit seinen 300 Kämpfern eine ganze Weile auf. Legendär auch seine Antwort auf König Xerxes' Drohung, die Pfeile der Perser würden die Sonne verdunkeln: "Dann kämpfen wir eben im Schatten."

Die undatierte Aufnahme zeigt den Fremdsprachenunterricht im Sprachlabor einer Schule in Frankfurt am Main. (Foto: ag.dpa)

IN DER REZENSION eines Buchs über die Heimatvertriebenen hieß es, diese seien nach ihrer Eingliederung lange kein Thema gewesen. Der Autor fuhr fort: "Das gesellschaftliche Versäumnis, diesen Sektor der Kriegsfolgen tabuisiert oder ausgeblendet zu haben, wird allmählich aufgeholt . . ." Unser Leser Sch. sieht den Kollegen insofern als Opfer einer indirekten doppelten Verneinung, als das Versäumnis, diese Kriegsfolgen tabuisiert zu haben, ja so zu verstehen sei, dass die Gesellschaft sich damit offen auseinandergesetzt habe. In diesem Fall gebe es aber nichts auf- oder nachzuholen.

DIE GEHOBENE SPRACHE hat mehr Anhänger, als man denkt. Im Kommentar des Lokalteils hieß es anlässlich des Demjanjuk-Prozesses, es bleibe dahingestellt, ob dem Landgerichtspräsidenten dies und das "angelegentlich hätte sein können". Unser Leser E. ließ es sich angelegen sein, dagegen Einspruch zu erheben: Das Wort angelegentlich sei ein Adverb im Sinne von eingehend, nachdrücklich und könne nicht adjektivisch gebraucht werden. Von dem Punkt an wird die Sache verwirrend, weil der große Duden angelegentlich zwar als Adverb führt, als erstes Beispiel aber das klar adjektivische eine angelegentliche Bitte präsentiert. Im Grimm wird diese Verwendung mit Kant untermauert, der in der "Kritik der reinen Vernunft" dafür plädiert, "so angelegentliche Untersuchungen" nicht aus Bedenklichkeit aufzugeben. Andererseits: Ist der Lokalkommentator ein zweiter Kant?

© 12./13.12.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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