Sprachlabor (225):Kopf verkauft!

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Eine Frau, die käuflichen Sex anbietet, steht auf der Fahrbahn. (Foto: Patrick Pleul/dpa)

SZ-Redakteur Hermann Unterstöger nimmt neutrale Formen.

WER SEINEN KÖRPER VERKAUFEN will, hat dazu zwei Möglichkeiten: Er kann ihn gegen Entgelt an ein anatomisches Institut geben oder sich der Prostitution widmen. Um die zweite Variante geht es in François Ozons Film "Jung & schön", und so war denn auch in unserer Rezension davon die Rede, dass dessen Heldin, die Schülerin Isabelle, "ihren Körper verkauft". Leser Dr. L. wendet dagegen ein, dass Sexarbeiterinnen Dienstleistungen verkauften, nicht jedoch ihre Körper. Eine dieser Damen habe ihm einmal gesagt, sie verkaufe ihren Körper nicht, nehme ihn vielmehr allabendlich wieder mit heim. Wir in der Redaktion, fährt er fort, hätten doch auch nicht unseren Kopf an die SZ verkauft. Ach, lieber Herr Dr. L., wenn Sie wüssten . . .

"NORDSPRECH" vermutet Leser W. hinter dem Titel "Hessisches Machtpoker", wobei es die neutrale Form das Poker ist, die ihn stört: Poker sei nun mal maskulin. Der Autor des Artikels hätte ebenfalls für der Poker plädiert, wurde jedoch, wie er sagt, durch "das Duden" ausgebremst. Nun ist freilich auch das Duden in dieser Frage geteilter Meinung. Der aktuelle Rechtschreibduden legt sich auf das Poker fest. Vor ein paar Jahren ließ der große Duden aber der und das Poker noch nebeneinander gelten, und wenn man der neutralen Form zugutehält, dass in ihr das Spiel widerhallt, ist das ja eine passable Lösung. Das Englisch-Wörterbuch gibt dazu nichts her, dafür erfährt man dort, dass poker auch der Schürhaken heißt. Das merken wir uns, für alle Fälle.

DEN KREISSSAAL schreibt man (in Versalien) mit drei "s", sonst mit "ßs"; mit zwei "s" wäre er der Saal eines Landkreises. Bei uns wurde er so geschrieben, obwohl der Geburtsraum in Krankenhäusern gemeint war, und Leser Pf. war darüber mit Recht erstaunt. Das Verb kreißen für gebären ist dem absinkenden Wortgut zuzuzählen, es lebt eigentlich nur in dem Sprichwort "Der Berg kreißt . . ." fort. Bereits im Grimm ist zu lesen, dass im Alltag kein Mensch mehr "von dem kreiszen einer frau" spricht, dass man dabei vielmehr an Kreis denke.

UM AUF DIE KÖRPER zurückzukommen, so sagte Franck Ribéry nach dem Spiel Frankreich gegen Ukraine: "Wir haben mit den Eingeweiden gespielt." Üblicherweise spielt man mit den Beinen, oft auch mit dem Kopf, dann und wann sogar mit der Hand. Aber mit den Eingeweiden? Leser H. weiß Rat. Er kennt Ribérys Originalsatz "On a joué avec nos tripes" und die ihm zugrunde liegende Redewendung faire qc. avec ses tripes , woraus folgt, dass Ribérys Leute mit Leib und Seele dabei waren.

© SZ vom 30.11./01.12.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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