Sprachlabor (143):Absolutes Anti-Deutsch

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SZ-Redakteur Hermann Unterstöger freut sich über Wortspiele und gibt landentwöhnten Kollegen einen Hinweis.

VON DER SONNE heißt es in einer Motette Heinrich Schützens, sie freue sich, "wie ein Held zu lauffen den Weg", und so ähnlich muss es auch dem VfB Stuttgart ergangen sein - mit dem Unterschied, dass bei ihm auf den guten Lauf immer wieder ein unerfreulicher "Anti-Lauf" folgte. Leser Dr. B. ist zwar ein Freund unserer auf kritische Berichte geeichten Sportredaktion, den von ihr verwendeten Anti-Lauf aber hält er für derart "absolutes Anti-Deutsch", dass er sogar mit "nichts für anti-gut" grüßt. Eine überschlägige Suche im Internet bringt keine letzte Klarheit, ob der Anti-Lauf nur Stillstand ist oder schon Rückwärtsbewegung. Der Terminus scheint beim Pokern üblich zu sein, und so sei denn für Herrn Dr. B., die anderen Leser und den VfB Stuttgart eine Definition aus dieser Sphäre nachgereicht: "Wer einen Pot zugestandenermaßen tragisch verliert, dann aber angetiltet das nächstbeste Coinflip-Szenario sucht und findet, hat eine 50% Chance, sich selbst in einen Antilauf denken zu dürfen."

Fußball Bundesliga 25. Spieltag: VfB Stuttgart - 1. FC Kaiserslautern am 9. März.2012  in der Mercedes-Benz Arena in Stuttgart. Stuttgarts Martin Harnik (l) im Zweikampf mit Kaiserslauterns Leon Jessen (r). Das Spiel endete 0:0. (Foto: dpa)

WENN SICH LESER über den in der Tat unsäglichen Plural "Mitgliederinnen" mokieren, geht das selten ohne die einschlägigen, ihrerseits ebenfalls nicht besonders noblen Wortspiele ab. Leser S. hat natürlich recht: Der Begriff hätte nicht vorkommen dürfen, übrigens auch nicht in der von der taz schon verwendeten Form "MitgliederInnen", die keinen Deut besser ist. Seine an diesen Lapsus anknüpfenden Scherze geben wir trotzdem nicht wieder.

MÄDCHEN, die Fußball spielen, wären nach obigem Muster Mitgliederinnen ihres Clubs. Als grammatische Wesen sind jedoch sowohl sie als auch die Mitglieder Neutra, und darum kann man auch nicht, wie auf unserer TV-Seite geschehen, die Geschichte eines Mädchens erzählen, "die entgegen dem Willen ihrer Eltern ihrer Liebe zum Fußball frönt". Die Forderung Leser W.s, den Verfasser oder die Verfasserin dieses Halbsatzes zu rügen, ist ein Pass, den wir aufnehmen und unverzüglich "verwandeln".

DIE LIEBE ZUR TIERWELT ist meist größer als die Kenntnisse davon, siehe den nicht nur in Jägerkreisen gern belachten Merksatz: Der Mann vom Reh ist der Hirsch. In einer Notiz über die Pandabären Ying Ying und Le Le wurde kurz erörtert, dass und wie diese Tiere "schwanger" werden könnten, was unsere Leserin B. zu dem Hinweis bewegt, dass diese Tiere, wenn überhaupt, trächtig würden. "Bitte sagen Sie das", fährt sie fort, "Ihren landentwöhnten, städtischen Journalisten." Was hiermit getan sei.

© SZ vom 24./25.03.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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