Hotels im Epochenstil:Einchecken zur Zeitreise

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Von der Steinzeit bis in die bunte Hippie-Zeit: Für nahezu jede Epoche gibt es das passende Hotel. Das kann in Kappadokien in einer Tuffsteinhöhle liegen. Oder in Hessen.

Von Hans Gasser, Jochen Temsch und Julia Höftberger

Steinzeit:

Gamirasu Cave Hotel, Kappadokien Die Tuffsteinhöhlen Kappadokiens sind Weltkulturerbe. Seit mehr als 8000 Jahren werden sie bewohnt. Das Gamirasu Cave Hotel ist in einem ehemaligen byzantinischen Höhlenkloster aus dem 11. Jahrhundert untergebracht. Noch immer wird in der einstigen Klosterküche für die Gäste gekocht, der Speisesaal ist das Refektorium der Mönche. Reste byzantinischer Fresken sind zu sehen, und unter niedrigen Gewölben sind die luxuriös eingerichteten Zimmer untergebracht. Von außen sieht das Hotel mit seinen in die Felswand gehauenen Räumen und vielen schiefen Treppen wie das Set eines Hobbitfilms aus. Auf moderne Annehmlichkeiten wie Hotelpool, Internet oder Jacuzzi müssen die Gäste aber nicht verzichten. (DZ / F ab 185 Euro / Nacht, www.gamirasu.com)

12. Jahrhundert:

Die Burg von Sigüenza in Kastilien gehört zu einer Hotelkette, die nur historische Gebäude nutzt. (Foto: Paradores)

Castillo de Sigüenza, Spanien Mehr Burg geht nicht. Wer durch die schmalen Gassen des kastilischen Städtchens Sigüenza hinaufsteigt und plötzlich diese mächtige, von Hunderten Zinnen, von runden und eckigen Wehrtürmen umgebene steinerne Festung sieht, der fühlt sich wie in einem Mittelalter-Film. Da haben die Architekten in den 1970ern ganze Arbeit geleistet, als sie die im spanischen Bürgerkrieg zerstörte mittelalterliche Anlage wieder aufgebaut haben, vermutlich sogar ein bisschen märchenhafter als das Original. Heute gehört es zu den Paradores, jener Kette spanischer Hotels, die in historischen Gebäuden untergebracht sind. Man schläft in geräumigen Zimmern, über den Betten hängen Baldachine aus schwerem Stoff, aus den oft schmalen Fenstern kann man weit ins spanische Herzland schauen. In den Restaurants dominieren schwere Balken, schöner ist da der große Innenhof, wo man auch abends sitzen und was trinken kann. (DZ ab ca. 110 Euro, www.parador.es)

19. Jahrhundert:

Das Hotel Fex im Engadin. (Foto: Stephan Rumpf)

Hotel Fex im Engadin Pferdekutschen bringen die Gäste von Sils-Maria durch das Fextal bis auf 1973 Höhenmeter. Hier steht das Hotel Fex inmitten wilder Natur, ein Holzgebäude mit kurioser Geschichte. Es wurde in St. Moritz erbaut. Balthasar Arquint, ein Concierge, kaufte es um die Wende zum 20. Jahrhundert, ließ es auseinandernehmen, die Einzelteile zum Talschluss transportieren und wieder zusammensetzen. Heute ist das Fex vor allem beliebt bei Tagesausflüglern und Skitourengehern. Mit seinen Holzwänden, dem Fischgrätenparkett und den hölzernen Isolatoren an der Decke, über die offene Stromdrähte zu den Lampen laufen, wirkt das Fex wie eine Mischung aus Grandhotel und Berghütte. Im Speisesaal sitzt man auf Thonetstühlen, genießt lokale Bio-Spezialitäten und den Blick durchs Panoramafenster auf Gletscher und Gipfel. In diesem Raum meint man das Silberbesteck der Herrschaften von anno dazumal noch auf dem Porzellan klingen zu hören. Ein Ausflug zu den Anfängen des alpinen Tourismus. (DZ / F und Abendmenü ca. 140 Euro p. P., www.hotelfex.ch)

20. Jahrhundert:

Im Astoria in St. Petersburg kann man seinen Tee so stilvoll nehmen wie in der Belle Epoque. (Foto: Rocco Forte Hotels)

Hotel Astoria, St. Petersburg Es gibt viele luxuriöse historische Hotels. Das Astoria in St. Petersburg, vis-à-vis der bombastischen Isaak-Kathedrale gelegen, ist aber richtig vornehm, auf eine angenehme und stilvolle Art. Das Gebäude wurde vom schwedischstämmigen St. Petersburger Architekten Fjodor Lidvall 1912 im Jugendstil erbaut. Es wurde schnell das beliebteste Hotel der Stadt, allerdings nur für kurze Zeit. Mit der Revolution 1917 wurde es erst zum Lazarett, dann zum Sitz des Petrograder Sowjets. 1919 soll Lenin vom Balkon im ersten Stock eine Rede gehalten haben. Allein die Lobby schickt einen auf eine Zeitreise in die Belle Époque, auch der alte Wintergarten und der Ballsaal sind erhalten. Die mit edlem Holz und schweren Sesseln ausgestattete Lichfield-Bar lässt einen sofort an James Bond denken. Die Zimmer sind passend und elegant modernisiert worden. (DZ ab 230 Euro, www.roccofortehotels.com)

Dreißigerjahre:

Das Looshaus in den Wiener Voralpen. (Foto: Looshaus)

Looshaus, Wiener Alpen "Staatlich anerkannte Ornamentseuche" hat Adolf Loos den Jugendstil genannt. Der große Wiener Architektur-Modernisierer baute nach dem Prinzip "form follows function". Das Landhaus, das er 1930 für einen Seifenfabrikanten in die Wiener Voralpen stellte, sieht von außen wie ein größeres Bauernhaus aus. Innen schläft man in modernen Zimmern, die wie begehbare Möbelstücke wirken: Loos hat jedes mit durchdachten Einbaumöbeln versehen, kojenartige Betten, Sekretäre, viele Schubladen. Am schönsten sind die in Hellblau gehaltenen Zimmer des ehemaligen Hausherrn und seiner Frau, noch heute mit den tollen Badearmaturen von 1930 versehen. Das Haus wurde nur geringfügig umgebaut, Küchenchefin Hannah Sehn bietet sehr gute regionale Küche. Gegessen wird in der zentralen "Halle" mit zweistöckiger Fensterfront und offenem Kamin - damals wie heute der Mittelpunkt des Hauses. (DZ ab 88 Euro, www.looshaus.at)

Siebzigerjahre:

Wer es gerne knallig mag, steigt im Parkhotel 1970 in Hessen ab - alles original! (Foto: Marcus Schwetasch)

Parkhotel, Michelstadt Nein, hier wurden nicht in der gesamten Republik Nierentischchen und Cordsofas gekauft, um ein möglichst authentisches Siebzigerjahre-Hotel einzurichten. Im Parkhotel 1970 ist alles original - von der Blumentapete über die orange-braunen Vorhänge bis zum Swimmingpool mit Entenmosaik. Zu verdanken ist das Ann-Katrin Thimm und ihrer Großmutter. Letztere hat das Hotel gegründet, in den Neunzigerjahren aber zugesperrt. Sie lebte dennoch darin und pflegte alles, bis ihre Enkelin das Haus 2012 neu eröffnet hat. So kann man hier Urlaub wie mitten in der Flower-Power-Zeit machen. Es kommen Oldtimer-Clubs, Hochzeitsgesellschaften und Hipster, um hier gediegen zu feiern und zu schlafen. Die 84-jährige Großmutter ist immer noch dabei und erzählt gerne Geschichten von früher, als hier James Last und Katja Ebstein Urlaub machten. (Geöffnet April bis Ende Oktober, DZ / F ab 95 Euro, www.parkhotel-1970.de)

© SZ vom 08.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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