Tibet-Express:Leiden im Wunder-Zug

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Nicht bewegen, Sauerstoff-Leitung in die Nase, an was Schönes denken - eine Fahrt auf der höchsten Strecke der Welt bringt Fahrgäste an ihre Grenzen.

Nach zwei Tagen und 1142 Kilometern ist der erste Zug aus China in Tibet eingetroffen. Viele der rund 900 Passagiere hatten die Fahrt auf der höchstgelegenen Eisenbahnstrecke der Welt allerdings nur schlecht überstanden, wie sich bei ihrer Ankunft in der tibetischen Hauptstadt Lhasa zeigte.

Peking - Lhasa
:Mit dem Zug aufs Dach der Welt

Die höchste Strecke der Welt: Eine Bahnlinie führt von China bis in die tibetische Hauptstadt Lhasa, teilweise auf über 5000 Metern Höhe.

Obwohl der Zug extra mit Sauerstoffmasken und einer Druckregulierung ausgestattet war, litten viele Reisende unter Symptomen der Höhenkrankenheit. Die Strecke führt über den 5072 Meter hoch gelegenen Tanggula Pass. In Durchsagen wurden die Fahrgäste aufgefordert, plötzliche Bewegungen zu vermeiden, um sich trotz des Druckausgleichs in den Kabinen vor Übelkeit zu schützen.

Ältere Passagiere legten sich hin, Kinder schrien, und einige Menschen übergaben sich auf den Toiletten. "Jetzt, wo wir den Gipfel erreicht haben, ist mir übel und ich habe Kopfschmerzen", sagte ein 32 Jahre alter chinesischer Tourist. Andere Reisende verschliefen die Ankunft im 3650 Meter hoch gelegenen Lhasa.

Das Bahnprojekt ist höchst umstritten: Der chinesische Präsident Hu Jintao bezeichnete die neue Eisenbahnlinie bei der Einweihung als "Wunder". In Tibet wird sie hingegen als Symbol einer Besatzermacht aufgefasst.

Chinas kommunistische Truppen waren 1950 in die Himalayaregion mit der Begründung einmarschiert, sie vom buddhistischen Glauben befreien zu wollen. Das geistliche Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama, hatte im Vorfeld erklärt, er sei nicht grundsätzlich gegen das Projekt, solange damit keine politischen Ziele verfolgt würden.

Gerade das aber befürchten viele. Hu hatte Tibet von 1988 bis 1992 verwaltet, eine Zeit, die wegen der Unterdrückung von Unabhängigkeitsbestrebungen in Erinnerung geblieben ist.

Tibet ist mit einer Durchschnittshöhe von 4500 Metern die höchste Region der Erde. Die bisher höchst gelegene Bahnstrecke ist die Verbindung zwischen Lima und Huancayo in Peru. Bislang konnten Reisende von China aus nur auf beschwerlichen Bustouren oder teuren Flügen nach Tibet gelangen. Eine Fahrt mit der neuen Zuglinie kostet dagegen weniger als 50 US-Dollar.

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