Neuer Klettersteig auf dem Sinabell:Angst vor dem Schluss

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Über Ramsau am Dachsteingebirge führt ein neuer Steig auf den Gipfel des Sinabell, der für Geübte einfach zu bewältigen sein soll. Doch beim Anblick der mauerglatten Felsabstürze beschleichen den Kletterer ernsthafte Zweifel - so steil und abweisend steht die Wand da. Doch Mutige werden belohnt.

Stefan Herbke

Der neue Klettersteig auf dem Sinabell ist einer unter vielen, zwischen denen Sportler in Ramsau wählen können. Die Grundlagen für Österreichs Klettersteigziel Nummer eins wurden früh gelegt. Der "Randkluftanstieg" auf den Hohen Dachstein gilt sogar als ältester Klettersteig der Alpen: Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts wurde er mit Drahtseilen gesichert.

Vom Klettersteig aus fast immer im Blick: das Guttenberghaus. (Foto: Stefan Herbke)

Mittlerweile ist das Angebot auf 17 Klettersteige angewachsen. Darunter finden sich extreme wie der "Sky Walk Klettersteig" ( Kategorie D/E) oder Klassiker wie der Johann (E) durch die Südabbrüche des Dachsteins, dessen schwerer Einstiegsüberhang schon manchen zum Verzweifeln brachte.

In Verbindung mit dem im Sommer 2010 neu errichteten Anna-Klettersteig (D) im Zustieg und dem Schulteranstieg auf den Dachstein ergibt das eine der längsten Klettersteigtouren der Alpen. Auf der "Superferrata" überwindet man vom Einstieg der Anna (1800 m) bis zum Gipfel (2996 m) fast 1200 Höhenmeter am Drahtseil - einen größeren Höhenunterschied bietet kein Klettersteig in Österreich.

Steil und abweisend

Die extremen Klettersteige sind zwar das Aushängeschild der Region, doch für die Mehrheit der Sportler sind sie mehr als eine Nummer zu groß. Daher achtete der Bergführer Hans Prugger, der bereits einige Ramsauer Klettersteige gebaut hat, bei der Linienführung des neuen Austria Klettersteig Sinabell darauf, dass die Schwierigkeiten nicht zu hoch sind. Keine leichte Aufgabe. Beim Blick auf die direkt über dem Guttenberghaus (2147 m) aufragenden, mauerglatten Felsabstürze des Sinabell (2349 m) kommen leichte Zweifel auf, ob der im Juli 2012 eröffnete Steig wirklich nicht schwerer ist als C - so steil und abweisend steht die Wand da.

Selbst beim Einstieg, der von der Hütte aus in wenigen Minuten zu erreichen ist, wirkt die Route noch furchteinflößend. Vor allem der oberste Abschnitt kann Angst machen, der in senkrechten Plattenpassagen mündet.

Doch schon auf den ersten Metern zeigt sich, dass Hans Prugger den Steig überaus geschickt angelegt hat. Das extra dicke Stahlseil ist straff gespannt, es gibt reichlich natürliche Tritte und Griffe - und falls die einmal knapp werden, helfen künstliche Trittbügel weiter. Nach dem steilen Auftakt legt sich das Gelände etwas zurück. Problemlos quert man den Steig zu einem Kaminriss, über den die scheinbar aalglatte Schlusswand erreicht wird. Das sieht nicht nur beeindruckend aus, das ist es auch.

Luftiger Schluss mit Ausblick

Dennoch halten sich die Schwierigkeiten auch hier in Grenzen, da es ausreichend künstliche Tritte gibt. So turnt man mit wachsender Begeisterung über die senkrechte und sehr luftige Passage empor, genießt den Ausblick über die Ramsau und das Ennstal auf die Niederen Tauern und ist fast schon etwas enttäuscht, dass das Ziel des neuen Klettersteigs so schnell erreicht ist. Denn die von unten so imposante Wand bringt es nur auf 230 Meter Höhenunterschied. So tritt der Kletterer nach etwa einer Stunde aus der Senkrechten hinaus in die Waagrechte und genießt die Rast auf dem Wiesenrücken des Sinabell.

Mit dem Sinabell-Klettersteig hat sich das Guttenberghaus neben den Steigen am Dachstein zu einem zweiten Schwerpunkt im Ramsauer Klettersteigangebot weiterentwickelt. Zusammen mit dem 1991 angelegten Eselstein-Klettersteig, dem Ramsauer Klettersteig als Verbindung zum Dachstein sowie den Klettersteigen in der Silberkarklamm bietet sich das gemütliche Guttenberghaus geradezu als Stützpunkt für mehrere Tage an. Und da der Zustieg etwas länger dauert und keine Seilbahn wie am Dachstein den Abstieg erleichtert, wird das Revier auch in Zukunft die ruhige Alternative zum Dachstein bleiben. Obwohl der neue Austria Klettersteig Sinabell durchaus alle Voraussetzungen für einen künftigen Klassiker hat.

Informationen:

Anfahrt: Von München über die Salzburger Autobahn auf die Tauernautobahn zur Ausfahrt Eben im Pongau, über Filzmoos nach Ramsau. Parkplatz unterhalb des Gasthauses "Feisterer".

Anforderung: Schwerer (C), allerdings perfekt abgesicherter Klettersteig mit kurzen senkrechten Passagen.

Zeit: Zustieg drei Stunden, Klettersteig eine Stunde, Abstieg 2,5 Stunden

Karte: Die Route mit genauer Schwierigkeitseinteilung finden Sie hier.

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Ramsau am Dachstein
:Klettersteig Sinabell

In der Ramsau am Dachstein hat man längst erkannt, dass Drahtseile nicht nur für Lifte erforderlich sind, sondern sich auch gut im senkrechten Fels verbauen lassen. Mittlerweile gibt es 17 Eisenwege zwischen Tal und Dachstein, darunter als neuesten den im Sommer eröffneten Austria Klettersteig Sinabell.

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