Hotel-Bewertungen im Internet:Gib's mir!

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Online-Bewertungen von Hotels sorgen immer wieder für Konflikte. (Foto: Al Mohtasib)

Falsche Behauptungen, Schmähkritik, manipulierte Einträge - Hoteliers klagen über Bewertungsportale, immer öfter landen Fälle vor Gericht. Dabei können Hotels von Reklamationen sogar profitieren.

Von Stefan Fischer

In Südfrankreich hat sich über den Sommer bei derart vielen Hoteliers eine Wut auf Online-Bewertungsportale aufgestaut, dass die Zeitung La Provence den Zorn schließlich kanalisiert hat. In etlichen Hotels wurde der empathische Artikel über die von der Branche empfundene Ungerechtigkeit und Ohnmacht ausgehängt, versehen oft mit Hervorhebungen in grellen Textmarker-Farben.

In England ist der Betreiber des Broadway Hotels in Bath sogar zur Selbstjustiz geschritten und hat die Kreditkarte eines Gäste-Ehepaars nach einer negativen Bewertung bei Trip Advisor mit 100 Pfund belastet. Das Hotel verwies auf einen Passus in seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen - der verschwand jedoch schnell, nachdem die BBC den Fall publik gemacht hatte. Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist auch in England ein hohes Gut.

Man kann die beiden Beispiele als jene Possen abtun, die sie sind. Zugleich stehen sie stellvertretend für Probleme, die diese rasante, den touristischen Markt massiv verändernde Entwicklung aufwirft - etwa die Rückständigkeit vieler Hoteliers. "Die Digitalisierung wälzt ganz viele Geschäftsmodelle im Tourismus um", sagt Roland Conrady, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Tourismuswissenschaft und wissenschaftlicher Leiter des ITB-Kongresses.

"Es ist ein Realitätssinn eingekehrt"

Die Bewertungsportale fügen sich da ein. Gemessen an der Bedeutung würden viele Hoteliers das Thema Digitalisierung jedoch nach wie vor unterschätzen. "Das liegt daran, dass die deutsche Hotellerie überwiegend mittelständisch geprägt ist", sagt Conrady, der mit seinem Team an der FH Worms dieses Jahr eine Studie über Bewertungsportale erstellt hat.

Eines der Ergebnisse ist, verglichen mit einer vorhergehenden Studie, die in Teilen Ähnliches erforscht hat: "Die Kompetenz im Umgang mit diesen Webseiten ist zuletzt massiv gestiegen." Das gilt ebenso für die Nutzer der Seiten wie für die Bewerteten. "In der Hotellerie", folgert Conrady, "ist ein Realitätssinn eingekehrt." In immer mehr Häusern entwickelt sich ein Bewusstsein für die Notwendigkeit, negative Kritik richtig aufzunehmen und zu beantworten.

"Eine gut gemanagte Reklamation kann positiv wirken", sagt Michael Buller, Vorstand des Verbands Internet Reisevertrieb (V.I.R.). Die Gäste merken: Da kümmert sich jemand. Wer Bewertungen auf seiner eigenen Homepage ermöglicht, erreicht aufgrund der erhöhten Aktivität auf der Seite letztlich sogar ein besseres Ranking bei Suchmaschinen. "Außerdem bekommen die Hoteliers und Veranstalter unentgeltlich Marktforschungsdaten, die ins Qualitätsmanagement einfließen können", sagt Roland Conrady.

Umgekehrt ist die Qualitätssicherung auch für die Betreiber der Portale essenziell. Fälle, in denen es um Bewertungen in Reise-Portalen geht, gehören inzwischen "zur alltäglichen Praxis vor Gericht", so die auf IT-Recht spezialisierte Anwältin Jana Jentzsch. Die Fälle landeten dort entweder, weil in den Beurteilungen falsche Tatsachen behauptet oder sie den Tatbestand einer Schmähkritik erfüllen würden. Die Meinungsfreiheit erlaubt viel, aber längst nicht alles. Und sobald die Betreiber eines Portals Kenntnis erlangen von einem rechtswidrigen Eintrag, sind sie in der Haftung - aber auch erst dann.

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Die meisten Portale unterhalten ein Qualitätssicherungsteam, um unstatthafte Einträge auszumachen. Oft ist das Team für effektive Arbeit jedoch zu klein, hat die Studie der FH Worms ergeben. Eine insgesamt positive Bewertung bekommen darin nur Holiday Check und Opodo. Es gibt sogar Portale, die sich auf eine rein technisch basierte Überprüfung der Einträge verlassen. "Das ist unseriös", sagt der V.I.R.-Vorstand Michael Buller. Ein anderes Problem sind gefälschte Einträge.

Holiday Check versieht Hotels, bei denen der Verdacht auf manipulierte Einträge besteht, mit einem Stempel. "Den setzen wir ein-, zweimal in der Woche ein", so Ulrich Cramer, Sprecher des Portals. Die Fälschungen gingen in der Regel von den Hotels selbst aus. "Das ist aber zu kurz gedacht", so Cramer. Abgesehen davon, dass man teilweise massiv fälschen müsse, um einen Gesamteindruck zu korrigieren, würde man mit unrealistisch positiven Bewertungen Kunden anlocken, die dann erst recht unzufrieden sind.

© SZ vom 27.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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