Handys im Flugzeug:Anschluss über den Wolken

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Telefonieren an Bord ist zwar sicher, aber unangenehm. (Foto: Christoph Schmidt/dpa)

Auf immer mehr Flügen können Passagiere an Bord telefonieren. Was manche Reisende für einen Segen halten, ist für andere jedoch ein Fluch. Viele Airlines zögern deshalb.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Für manchen ist es der Traum auf Erden: Auch im Flugzeug telefonieren. Das Handy nicht ausschalten, sobald der Flug ansteht, sondern noch mit dem Kollegen oder dem Ehepartner etwas Dringendes bereden. Für andere gibt es schon bei Reisen am Boden nichts Nervigeres als das: Im Zug sitzt ein Geschäftsmann, der am Handy die neuesten Meetings erläutert und über die Kunden schimpft. Im Zug kann man in einen anderen Wagen flüchten oder ins Bordrestaurant. Aber wie soll das im Flugzeug gehen?

Telefonieren im Flugzeug, das bewegt sich zwischen Wunsch und Horror. Wenn es nach dem republikanischen US-Abgeordneten Bill Shuster geht, dann ist die Sache klar. "Bei Mobiltelefonen an Bord soll gelten: Tippe, aber spreche nicht." Anders ausgedrückt: Shuster, der im Verkehrsausschuss des Repräsentantenhauses sitzt, will verhindern, dass Passagiere künftig auch während des Fluges telefonieren.

Shuster findet, dass die Mitreisenden durch Telefonieren zu sehr gestört werden. Shuster hat deswegen eine Gesetzesvorlage eingebracht. Demnach sollen Handy-Anrufe während des Fluges verboten werden, grundsätzlich.

Handys stören nur selten Bordsysteme

Shusters Initiative, die sich nach Umfragen einer nicht unwesentlichen Unterstützung erfreut, hat einen ernsten Hintergrund. Denn sowohl in den Vereinigten Staaten als auch in Europa sind die mit der Flugsicherheit betrauten Behörden dabei, die Richtlinien für die Nutzung von Telefonen an Bord neu zu fassen. Im Grundsatz wollen sie Regeln lockern.

Denn mittlerweile hat sich auch zu den vorsichtigsten Beamten herumgesprochen, dass Handys und Computer nur äußerst selten den Bordsystemen dazwischenfunken, wenn überhaupt. Beschränkungen aus Sicherheitsgründen sind deshalb schon lange nicht mehr zu rechtfertigen. So hat die amerikanische Federal Communications Commission Ende des vergangenen Jahres Änderungen vorgeschlagen. "Es ist an der Zeit, unsere restriktiven und überholten Bestimmungen zu überarbeiten", so die Kommission.

In der Europäischen Union ist es den Fluggesellschaften rechtlich unter bestimmten Bedingungen sogar schon seit sechs Jahren möglich, das Telefonieren mit Handys während des Fluges zu erlauben. Sie brauchen eine Genehmigung des jeweiligen Landes und müssen nachweisen, dass die dafür nötigen Geräte nicht die Bordsysteme stören können.

Bei Tablets sind bereits gelockerte Regeln in Kraft. Grundsätzlich dürfen die Passagiere die Geräte im Flugmodus nun durchgehend benutzen, also auch bei Start und Landung. Die Flugzeuge brauchen dafür allerdings eine spezielle Zulassung, weswegen bei Lufthansa zunächst nur die Boeing 747-8-Flotte freigegeben war. Seit Anfang März an sollen die Fluggäste aber an Bord aller Maschinen vom Verlassen der Startbahn bis zum Ende des Landeanflugs ihre digitale Zeitung oder elektronischen Bücher lesen können.

Das Flugzeug ist also schon längst kommunikationstechnisch nicht mehr von der Außenwelt abgeschnitten. Die amerikanische Jetblue Airways bietet seit Jahren Live-Fernsehen, dem Beispiel sind Konkurrenten gefolgt.

Der Breitbandanschluss ermöglicht es, auch Dienste wie Skype zu nutzen

Internet: Ja. Was allerdings das Telefonieren angeht, ist der Abgeordnete Shuster mit seinen Bedenken nicht alleine - im Gegenteil. Die überwältigende Mehrheit der Fluggesellschaften lehnt Telefonieren an Bord weiterhin ab, und zwar aus den gleichen Gründen. Es mag zwar sicher sein, aber angenehm ist es nicht. Die Lufthansa etwa gehört zwar bei der Einführung von Internet an Bord und somit neuen Kommunikationsmöglichkeiten zu den Pionieren und hat viel Geld in die Technologien gesteckt, doch auch sie will weiterhin das Telefonieren an Bord verbieten.

Ganz verhindern kann sie es indes nicht. Denn zwar finden die Handys im Reiseflug natürlich kein Netz, doch sie können über Wlan mit dem Hot Spot an Bord verbunden werden. Der Breitbandzugang, den Lufthansa mittlerweile auf fast allen Langstreckenflugzeugen anbietet, ermöglicht es den Passagieren, Dienste wie Skype zu nutzen. Skype wird nicht blockiert, aber die Kabinenbesatzung soll darauf achten, dass die Passagiere das Telefonierverbot nicht allzu dreist unterlaufen. Es ist also zumindest Diskretion angesagt.

Die meisten anderen Fluggesellschaften, auch die zweitgrößte deutsche Fluggesellschaft Air Berlin, wollen ebenfalls an der bisherigen Regelung festhalten, auch wenn technisch durchaus mehr Kommunikation möglich wäre.

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Aeromobile hat Roaming-Abkommen mit zahlreichen Mobilfunkfirmen abgeschlossen. Die Fluggäste haben dann die Wahl, ob sie sich per Wlan (knapp 20 Euro für 24 Stunden) oder über GSM Datenkommunikation ermöglichen. Neun Lufthansa-Jets sind derzeit ausgestattet, bis Jahresende soll die Langstreckenflotte umgerüstet sein, das sind mehr als 100 Flugzeuge. Die einzige große Airline, die ihren Kunden das Telefonieren an Bord schon erlaubt, ist Emirates. Rund 90 Flugzeuge sind derzeit mit den nötigen Systemen ausgerüstet.

Die Roamingabkommen laufen wie bei Lufthansa über Aeromobile. Abgerechnet wird über die Mobilfunkrechnung des Kunden. Wie viel die Passagiere an Bord tatsächlich telefonieren, darüber macht Emirates keine Angaben. Nur so viel: Es haben sich zehn Millionen Fluggäste zumindest einmal eingewählt. Angesichts der Roaming-Gebühren von meist mehreren Euro pro Minute dürften sich aber ausführliche Schwätzchen über Geschäftsabschlüsse oder Privates für viele Reisende verbieten.

© SZ vom 23.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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