Handgepäck bei Airlines:Mein Koffer und ich

Handgepäck bei Airlines: 55 x 40 x 23 cm darf das Handgepäck auf einem Air-Berlin-Flug messen. Was größer ist, muss in den Frachtraum. Das kann teuer werden.

55 x 40 x 23 cm darf das Handgepäck auf einem Air-Berlin-Flug messen. Was größer ist, muss in den Frachtraum. Das kann teuer werden.

(Foto: dpa)

Viele Flugreisende nehmen ihren Koffer gern mit in die Kabine. Das wird jetzt komplizierter.

Von Lea Hampel

Eigentlich ist er eine profane Konstruktion: Textilfasern, Plastik und Reißverschluss, oft in Schwarz. Und doch, der Koffer ist ein hoch emotionaler Gegenstand. Und das zeigen nicht nur die langen Gesichter von Menschen, die in Flughäfen am "Lost-and-found"-Schalter stehen. Der internationale Fluggesellschaftenverband IATA hatte am 9. Juni vorgeschlagen, das Handgepäck für Flüge auf ein neues, kleineres Standardmaß zu normieren. Nach einer Woche hatten sich genug Kunden und Politiker beschwert, die IATA ruderte zurück.

Den Koffer in der Kabine bei sich zu haben, ist längst Selbstverständlichkeit. Die Gründe dafür mögen Besitzangst oder Eile sein. Ein weiteres Motiv aber ist: Gepäck aufzugeben und im Frachtraum reisen zu lassen, kostet immer häufiger Geld. Seit 4. August gelten bei Air Berlin für einige Tarife höhere Gebühren für aufgegebenes Gepäck. Auch Lufthansa hat kürzlich seine Freigepäck-Regeln geändert.

Die beiden Gesellschaften treiben eine Tendenz voran, die Verbraucherschützer seit einigen Jahren beobachten: das Prinzip, einzelne Leistungen separat zu berechnen. Der Trend kommt aus den USA, in Europa waren Billig-Anbieter wie Ryanair Vorreiter, "jetzt gehen andere Anbieter in die Knie", sagt eine Sprecherin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes. Waren es anfangs noch Gebühren für die Zahlung mit Kreditkarte, wurde es dann der Aufpreis für Plätze mit Beinfreiheit. Nach dem Motto: je flexibler und individueller, desto höher die Kosten.

Air Berlin überträgt das Prinzip nun auf den Koffer und nennt es veränderte "Zonenlogik". War früher die Länge der Strecke, die ein Koffer transportiert wird, entscheidend und wurde zwischen Kurz- und Mittelstrecken nicht unterschieden, wird nun stärker differenziert. Angewandt werden die neuen Regeln vor allem auf die Just-Fly-Tarife - also jene Preissparten, in denen bisher bei der Buchung lediglich der Preis für das Recht, befördert zu werden, angezeigt wird. Wer sich weniger als 30 Stunden vor Abflug entscheidet, dass doch der größere Koffer mit soll, zahlt nun 40 statt 30 Euro. Auf Strecken innerhalb von Europa sind es gar 60 statt 30 Euro.

Die Fluggesellschaften erklären solche Maßnahmen mit Transparenz: "Der Kunde zahlt nur für das, was er in Anspruch nimmt", sagt eine Sprecherin des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft. Tatsächlich hat die Taktik, Leistungen einzeln zu berechnen, andere Ursachen. Man habe sich "dem Wettbewerb angepasst", sagt eine Air-Berlin-Sprecherin. Das ist nötig: Der Flugverkehr ist ein umkämpfter Markt, der Gewinn beträgt im Schnitt nicht einmal ein Prozent des Umsatzes und gerade Air Berlin hatte in den vergangenen Jahren Schwierigkeiten.

Das Internet ermöglicht zudem jederzeit Preisvergleiche; und konnte lange mit 1-Euro-Flügen geworben werden, muss nun laut Rechtslage der tatsächliche Preis am Anfang genannt werden. Entsprechend wichtig ist ein niedriger Grundpreis für Fluggesellschaften. In der Folge gibt es längst mehrstündige Flüge, auf denen nicht einmal ein Glas Wasser kostenlos ist.

Fraglich ist allerdings, ob die Taktik, gerade am Gepäck zu verdienen, aufgeht. Denn je stärker die Kosten für aufgegebene Koffer steigen, desto mehr Menschen werden sie mit in die Kabine nehmen: Das wiederum erhöht den Druck auf Airlines, an anderen Punkten Kosten zu berechnen. Air Berlin hat sich noch eine weitere Option überlegt: Die Servicecard kostet 119 Euro im Jahr und ermöglicht kostenlose Gepäckaufgabe innerhalb des üblichen Gewichtsrahmens von 23 Kilogramm.

Wahrscheinlicher ist jedoch, dass so mancher Fluggast diesen Betrag zahlen würde, um den geliebten Koffer mit an Bord nehmen zu dürfen.

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