Neue Initiative der Fluglinien:Wie Handgepäck kleiner werden soll

Handgepäck, Airline, Fliegen, Flugreise

Was als Handgepäck durchgeht, wird sich bei vielen Airlines bald ändern.

(Foto: imago/Westend61)

Das Handgepäck in Flugzeugen soll schrumpfen, sagt der Weltluftfahrtverband IATA - auch zum Besten der Reisenden. Wie soll das gehen?

Was sieht die neue Richtlinie genau vor?

Die International Air Transport Association (IATA) möchte mit einem neuen Standard die Größe des Handgepäcks vereinheitlichen. Flugpassagiere sollen demnach künftig keine Trolleys mehr an Bord nehmen, die die Maße von 55x35x20 Zentimeter überschreiten. Im Vergleich zu aktuell geltenden Maßen könnten also bis zu 40 Prozent des Volumens (zwölf Liter) wegfallen - ein durchaus spürbarer Unterschied für Reisende.

Sind die Maße künftig verpflichtend?

Nein. Die IATA hat eine Empfehlung ausgesprochen. Es steht jeder ihrer derzeit mehr als 250 Mitglieder frei, die Handgepäckmaße entsprechend anzupassen - oder weiter eigene Vorgaben zu machen. Schon bislang haben Fluglinien immer wieder individuell ihre Geschäftsbedingungen geändert. So etwa die US-Linien American Airlines (AA), Delta und United, die im vergangenen Sommer ihre Passagiere mit neuen, strengeren Maßen 56x35x23 Zentimeter überraschten.

Bei welchen Airlines sind Änderungen zu erwarten?

Laut IATA sind momentan bereits 30 bis 40 Fluggesellschaften interessiert, ein Dutzend davon habe konkrete Pläne zur Umstellung. Darunter sind laut Tom Windmueller, IATA-Vizepräsident, große Namen wie Lufthansa und Emirates. Ein Lufthansa-Sprecher sagte am Donnerstag, man habe über die Änderung noch nicht entschieden, begrüße aber grundsätzlich eine Standardisierung. Die Billigflieger Easyjet und Ryanair sind keine Mitglieder der IATA.

Die Auswirkungen auf Passagiere würden bei den einzelnen Airlines sehr unterschiedlich ausfallen. Lufthansa erlaubt derzeit noch deutlich umfangreichere Trolleys, sie dürfen bei der größten deutschen Airline 55x40x23 Zentimeter erreichen (ebenso wie bei AirBerlin, Swiss und Austrian Airlines). Easyjet und British Airways sind mit 56x45x25 Zentimetern noch großzügiger beim Carry-on. Andere, wie die erwähnten US-Linien AA, United, und Delta, liegen bereits jetzt recht nah an dem IATA-Vorschlag.

Ab wann wird die Neuerung für Reisende relevant?

Die IATA hat die Initiative bei ihrer Jahresversammlung in Miami vorgestellt und eine baldige Umsetzung angekündigt, einen genauen Zeitplan ließ sie jedoch offen.

Wie wird die Initiative begründet?

Fluggesellschaften betrachten Handgepäck seit Längerem als Problem. Vor allem bei ausgebuchten Flügen sei es oft schwierig, Platz für die Carry-ons aller Passagiere zu finden. Mit der neuen Standardgröße werde es künftig zumindest "theoretisch" möglich sein, in Maschinen mit 120 oder mehr Passagieren pro Person sicher ein Gepäckstück in der Kabine zu verstauen. Auch die Abfertigung werde künftig schneller gehen.

Was ist über die neuen Normkoffer bekannt?

Prototypen der neuen "IATA Cabin Ok"-Koffer wurden in Miami in dieser Woche bereits vorgestellt. Die großen Produzenten wie Samsonite und Delsey seien bereits im Vorfeld in die Planungen mit einbezogen worden, so IATA-Vize Windmueller. Entsprechende neue Modelle würden noch im Laufe des Jahres in den Handel kommen.

Warum soll die Neuregelung gut für die Reisenden sein?

Die IATA präsentiert ihre Initiative als Win-win-Situation für alle. Die neue Einheitlichkeit werde das Fliegen für alle angenehmer machen, "auch und vor allem für die Passagiere", so IATA-Vize Tom Windmueller. Durch einen elektronischen Chip in den neuen "IATA Cabin Ok"-Koffern werde lästiges Messen beim Einchecken künftig entfallen. Außerdem würde im Falle des Verlusts eines solchen neuen Modells das Wiederfinden durch einen individuellen Code am Gepäckstück vereinfacht. Über die Unannehmlichkeit, sich erst einen solchen neuen Koffer kaufen zu müssen, verliert die IATA freilich kein Wort. Ebensowenig über das, was Betroffene am meisten ärgern dürfte: dass sie auf Volumen verzichten müssen.

Was bedeutet das für die Gewichtsvorgaben beim Handgepäck?

Dazu hat die IATA keine neuen Vorschläge gemacht. Sie argumentiert bei ihrer Größen-Initiative mit Platzproblemen, nicht mit Gewicht. Bei der Frage, wie schwer die Carry-ons sein dürfen, gilt also weiter, die Vorgaben der jeweiligen Fluglinie zu beachten. Oft liegen diese zwischen sechs Kilogramm (etwa bei Condor und Tuifly) und acht Kilogramm (bei Lufthansa und Germanwings). Einzelne Billigflieger erlauben deutlich mehr.

Wie relevant sind Handgepäcksregeln überhaupt?

Bekanntlich sind die offiziellen Vorgaben einer Airline oft strenger als die Mitarbeiter am Gate. Wie kulant sich die Fluglinien nach der Einführung des neuen Standards verhalten werden, bleibt abzuwarten.

Was sollte jeder im Handgepäck haben?

Auch wenn künftig möglicherweise noch deutlich genauer überlegt sein will, was mit in die Kabine kommt: Einige Dinge sollten weiterhin auf jeden Fall im Handgepäck transportiert werden. Dazu gehören:

  • wichtige Dokumente (Reisepass, Ausweis, Führerschein etc.)
  • der Geldbeutel mit den Zahlungsmitteln (EC- und Kreditkarten, Reiseschecks etc.)
  • Wertsachen und Schlüssel
  • persönliche Geräte wie Smartphone, Tablet oder Laptop
  • Medikamente, die eventuell akut benötigt werden
  • etwas Kleidung zum Wechseln und weitere Notfallutensilien für den Fall, dass das Aufgabegepäck nach der Landung nicht sofort abholbereit ist oder gar für länger verloren geht

Mit welchen Tricks lässt sich mehr im kleinen Handgepäck unterbringen?

Grundsätzlich gilt: Rollen und Griffe werden bei den Maßen mitgezählt - durch sie geht also Volumen verloren, das ansonsten vollgepackt werden könnte. Mehr nutzbaren Platz bieten Gepäckstücke, die keine abstehenden Teile haben. Ebenfalls oft platzsparender im Vergleich zu Hartschalentrolleys sind elastische Carry-ons. Es lohnt sich, sich zu informieren, ob Laptop-Taschen separat mit in die Kabine genommen werden dürfen.

Zeitlose Tipps zum Kofferpacken finden sich hier:

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: