Deutsche Bahn:Polizei fordert Alkoholverbot in der Bahn

Wegen betrunkener, aggressiver Fußballfans will die Polizeigewerkschaft an Spieltagen Alkohol in den Zügen verbieten - doch dann könnte sich das Problem verlagern.

Sie trinken auf der Hinfahrt zum Spiel, sie trinken auf der Rückfahrt, und wenn es für die anderen Passagiere im Zug schlecht läuft, werden einige alkoholisierte Fussballfans auch noch aggressiv. Doch nicht nur Bahnfahrer müssen bei Sportereignissen unter sturzbetrunkenen Mitfahrern leiden.

Die Belastungen für die Polizisten während der Fußballspiele habe Dimensionen angenommen, die kaum noch zu ertragen seien, erklärte der Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg. Alkohol sei häufig der Auslöser für Gewalttaten.

"Wo Alkohol im Spiel ist, kommt es vor allem bei Jugendlichen immer häufiger zu Sachbeschädigung und Körperverletzung", sagte er der Bild-Zeitung. Daher spreche sich die Polizeigewerkschaft für ein teilweises Verkaufsverbot von Alkohol an Bahnhöfen aus, "wenn zum Beispiel Fußballchaoten zu den Spielen unterwegs sind". Es müsse zudem kontrolliert werden, dass Fahrgäste keinen Alkohol mit in die Bahnen nähmen.

Freiberg erklärte, über die Teilverbote werde bereits mit der Deutschen Bahn und dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes, Theo Zwanziger, gesprochen.

Eine Sprecherin der Bahn AG bestätigte, dass die Deutsche Bahn der Diskussion um ein Alkoholverbot im öffentlichen Nahverkehr offen gegenüber stehe. Vor allem bei Groß- und Massenveranstaltungen gebe es Probleme. Doch in der "Mehrzahl der Freizeitverkehre" führe Alkoholkonsum nicht zu Schwierigkeiten.

Bei einem Verbot bestehe jedoch die Gefahr, "dass alkoholisierte Personen verstärkt auf den Individualverkehr ausweichen" - also ins Auto steigen. Das könne nicht im Interesse der öffentlichen Sicherheit sein, argumentierte die Bahnsprecherin.

Zudem stellt sich das Problem, die neue Regelung auch durchzusetzen. Das zeigt sich etwa im Berliner Nahverkehr, wo das bestehende Alkoholverbot vielen Fahrgästen gar nicht bekannt ist. Darauf verweist auch die Verkehrsgewerkschaft GDBA, die den Einsatz von mehr Bahnmitarbeitern und Sicherheitspersonal in "Problemzügen" fordert.

GDBA-Sprecher Uwe Reitz gibt zudem zu bedenken, dass ein generelles Alkoholverbot an Bahnhöfen und in den Zügen auch den Geschäftsmann treffen würde, der nach einem langen Arbeitstag im Bordbistro ein Bier trinken möchte.

Probleme gebe es bei Großveranstaltungen wie Fußballspielen und Volksfesten sowie an Wochenenden, wenn Jugendliche auf dem Weg in die Disco seien. "Darüber haben wir auch schon mit der Bahn gesprochen", sagte Reitz. Ähnlich äußerte sich die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL).

Besonders in einschlägig bekannten Gegenden und in den Abend- und Nachtstunden müsse mehr Personal eingesetzt werden, verlangte die GDL. Die Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zitiert den Gewerkschaftschef Claus Weselsky: "Gelingt es uns nicht, die Gewaltspirale herunterzudrehen, werden Busse und Bahnen Kunden verlieren und der Individualverkehr nimmt zu. Das kann keiner wollen."

"Zug wird zum Katastrophengebiet"

Die norddeutsche Eisenbahngesellschaft Metronom zieht wegen der Belästigung von Reisenden und Vandalismus betrunkener Fahrgäste schon die Notbremse: Das norddeutsche Unternehmen führt ab dem 15. November ein generelles Alkoholverbot ein. Exzessiver Alkoholkonsum verwandele viele Züge in regelrechte "Katastrophengebiete", erklärte ein Sprecher.

Die private Bahngesellschaft transportiert nach eigenen Angaben täglich 80.000 Fahrgäste aus Niedersachsen, Hamburg und Bremen. Metronom hat festgestellt, dass Pendler Züge zu bestimmten Zeiten bereits meiden. "Ungehemmtes Benehmen, Belästigungen und sogar Bedrohungen von Fahrgästen und Mitarbeitern, Vandalismus und Verunreinigungen der Züge sind Auswüchse, die fast immer in Verbindung mit Alkoholkonsum stehen", erklärte das Uelzener Unternehmen.

Mit dem Alkoholverbot glaubt das Unternehmen, im Interesse der meisten Kunden zu handeln: "Bei einer Befragung sprach sich eine große Mehrheit der Fahrgäste - teilweise nachdrücklich - für ein Alkoholkonsumverbot aus."

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