Aktivurlaub:Urwald mit Strand

Die Kanareninsel La Gomera ist ein Paradies für Eltern und Kinder

Die Delfine sind überall. Oder besser: Sie scheinen überall zu sein. Während der Überfahrt von Teneriffa nach La Gomera schweift der Blick durch salzblinde Scheiben über die Wellen, ohne auch nur die kleinste Rückenflosse ausmachen zu können. Nur der kleinste Mitreisende ist damit zufrieden: Knapp zwei Stunden "Tom und Jerry" im Bordprogramm lassen Seekrankheit sowie jegliches Interesse an der Meeresfauna verschwinden.

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(Foto: Foto: DPA)

Schon am Flughafen auf Teneriffa haben sich Rucksack- von Rollenkoffer-Reisenden getrennt, und als die Gangway auf die Hafenmole der Touristenhochburg Los Christianos gezogen wird, beschleicht den Gomera-Urlauber zum ersten Mal das Gefühl, zu einem Kreis von Auserwählten zu gehören. Die Mitreisenden, so es sich überhaupt um Nicht-Kanarier handelt, scheinen nach Hause zurückzukehren: An einen Ort, wo indische Röcke, Babys in Tragetüchern und akustische Gitarren auf dem Rücken so selbstverständlich zum Strandbild gehören wie die bunten Fischerboote.

Im Hafen von Valle Gran Rey braucht Elfi, die deutsche Reiseleiterin, nicht einmal das obligatorische Firmenschild, um die Gäste aus der Menge zu fischen. Der alte Taxifahrer fährt durch spärlich erleuchtete Gassen und Bananenplantagen auf die andere Seite der nur wenige Kilometer breiten Bucht. Das Ortsschild verkündet "Playa" - eine Ansammlung von Villen und Ferienanlagen, die landeinwärts von den steil aufragenden Felswänden des La Merica begrenzt wird.

Abends haben sich Einheimische wie Touristen an der kurzen Strandpromenade versammelt. Eine Mischung aus dörflicher Schlichtheit und unaufgeregtem Promenaden-Flair, in die sich die von Deutschen betriebenen Alternativ-Läden einfügen. Während sich Musiker mit ihren Instrumenten um die Plastiktische des neon-beleuchteten Fischrestaurants scharen, bieten ein paar Überlebenskünstler selbst geknüpfte Muschelarmbänder auf der Mauer an. Ein idealer Ort, um den Kindern von den eigenen Interrail- Abenteuern vorzuschwärmen.

Logenplatz im Buggy

Nur selten mischen sich Motorengeräusche von der gegenüberliegenden Küstenstraße in das nächtliche Wellenrauschen. Dafür freudige Wiedersehensgesten, wohin man blickt. Auch wir gehören, selbst wenn wir es noch nicht wissen, spätestens in zwei Tagen dazu. Die ersten Gitarrenkoffer werden aufgeklappt, das Akkordeon aus dem Rucksack gehievt und die Querflöte zusammengesteckt. Der Buggy wird zum Logenplatz, und den Kindern steht die Bewunderung für das bunte Ensemble ins Gesicht geschrieben. Eine Stelzenläuferin schwankt anmutig durch die Runde, Trommler, Gitarristen und ein Geiger im Schottenrock verstärken das Orchester. Erst zwei Stunden später können wir die improvisierte Bühne unter kindlichem Protest verlassen - nach der Versicherung, uns morgen pünktlich wieder einzufinden.

Am nächsten Vormittag begegnen wir den Zuschauern von gestern in neuer Umgebung wieder: Eine ist die Verkäuferin des Bioladens, eine zweite berät in der Goldschmiede-Boutique, und eine dritte entpuppt sich als Managerin einer kleinen privaten Ferienanlage. Einige der Musiker dagegen picknicken mit Familie im schwarzen Vulkansand. In der sanft geschwungenen Bucht reiten die Kinder auf kleinen Wellenbrettern durch die Dünung. "Habt Ihr auch die vielen Delfine auf der Überfahrt gesehen?" Wir beneiden unsere Strandnachbarn ein wenig - aber schließlich steht uns die Exkursion zu den Meeressäugern ja noch bevor.

Urwald mit Strand

Reiseleiterin Elfi entlädt ihren Kombi: Bambusstangen, ausgediente Wasserflaschen, Schnur und Garnelen. Werkzeug, um mit den Kindern Fischreusen zu bauen. Kaum hat der kleinste Angler seinen Köder in einem von der Brandung ausgewaschenen Lavabecken versenkt, ertönt ein Aufschrei: "Ich hab ihn!" Er ist in diesem Fall ein handtellergroßer Wels, der wieder ins Meer entlassen wird. Für das Mittagessen reicht das nicht: Wir werfen kurzerhand die restlichen Garnelenköder mit Spaghetti in die Pfanne.

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(Foto: Foto: AP)

Die Mischung aus Urlaubsschlendrian und organisiertem Abenteuer erlaubt beides: Man darf Strandfaulenzer und Entdecker sein. Playa ist so klein und entspannt, dass die Kinder bereits am zweiten Tag alleine zum Eismann gehen. Gleichzeitig bleibt die schroffe Wildnis immer in Sichtweite. Der abgezäunte All-Inclusive-Tourismus von Teneriffa hat hier noch nicht Fuß gefasst. Statt auf dem Jet-Ski herumzulärmen, schaut man einfach in die Brandung.

Noch ruhiger ist es in den Hochlagen der Vulkaninsel: Wir wandern durch den Lorbeer-Urwald, der die oft nebligen Gebirgsgipfel bedeckt. Mit spannenden Geschichten lockt Elfi die Kinder durch die moosüberwucherten Hohlwege im fast menschenleeren Nationalpark Alto de Garajonay, bis uns lautes Gemecker begrüßt: Ein Ziegenbock versperrt den Weg zur Berghütte und den Holztiegeln mit der Brunnenkressesuppe. Ein kleiner Vorgeschmack auf die Köstlichkeiten, die am nächsten Tag beim Ziegenhirten Luis warten. Nach einem Panorama-Abstieg in das Seitental von Vallehermoso wirkt die Szenerie in der kleinen Hirtenhütte beinahe unwirklich: Luis serviert frische Tortillas aus der Pfanne. Dazu hat er eine Tafel mit verschiedenen Ziegenkäsen, Obst und selbst gemachter Tomatenmarmelade gedeckt.

Eine Orangenplantage in der Nähe scheint von ihren Besitzern seit einiger Zeit aufgegeben. Und auch sonst holt sich die Natur in den kleinen Seitentälern vieles von dem zurück, was Menschen hier einst aufbauten. Immer weniger Gomeros, erzählt Luis, seien bereit, die Landwirtschaft ihrer Eltern fortzuführen. Ohne Nebeneinkünfte durch sanften Tourismus könnten die Erträge niemanden mehr ernähren. Auch Carol vom "Burro Parque" in El Guro erzählt von der Auflösung traditioneller Lebensformen: Sie hat deshalb einige von den Bauern nicht mehr gebrauchte Nutztiere in Pflege genommen und bietet kleinere Ausritte auf den trittsicheren Eseln an. Das inoffizielle Maskottchen der Insel jedoch bleibt der Delfin: Sein Abbild begegnet uns immer wieder an überraschenden Orten - sei es in einer Anzeige für einen Delfin-Vortrag in einem nahen Strandhotel, sei es auf den Werbezetteln für ein von deutschen Therapeuten betreutes "delfinisch-systemisches Familienstellen". Und natürlich fiebern die Kinder dem geplanten Schiffsausflug zu den Delfinen entgegen. Anstatt der bunt beworbenen Touristentour mit Buffet und Gitarrenmusik hat Elfi auf das kleine Fischerboot mit einer Meeresbiologin eingeladen. Eine Sturmwarnungam letzten Tag allerdings macht den Plan zunichte: Der Kalima bläst roten Saharastaub durch die Luft und legt selbst den Fährverkehr vorübergehend still. Aber zum Glück ist da längst eine gomerische Gelassenheit über uns gekommen - und es ist klar: Beim nächsten Mal sehen wir sie bestimmt, die Delfine.

Kontakt: "La Gomera For Family" heißt ein 15-tägiger Familien-Aktivurlaub auf der Kanareninsel mit Whale-Watching, Esel-Touren, Wanderungen, Schnorcheln und Spielen. Inklusive Flug, Transfer, Übernachtungen und Programm kostet die Reise für Erwachsene 1450 Euro, für Kinder 810 Euro.

Gomera Trekking Tours Tel. 0911-20787 www.trekkingreisen.de

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