ADAC-Check:Fernbus-Bahnhöfe sind oft eine Zumutung

  • Der ADAC hat zehn Fernbus-Bahnhöfe getestet, von denen sechs gerade mal als ausreichend oder schlechter bewertet wurden.
  • Die Bahnhöfe in Göttingen und Bremen seien gar "sehr mangelhaft".
  • Am angenehmsten startet die Reise demnach in Stuttgart - doch mit "sehr gut" wurde keiner der Abfahrtsorte bewertet.

"Die lassen die Leute im Regen stehen", sagt ein Sprecher des ADAC und meint das nicht nur im übertragenen Sinn: Am Göttinger Fernbus-Bahnhof schützt nicht einmal ein Dach vor Schauern oder Schnee. Da überrascht es kaum, dass die Prüfer vom ADAC dort außerdem weder elektronische Anzeigen für aktuelle Informationen noch einen zentralen Ticketschalter vorfanden, sogar die weiße Farbe für Zebrastreifen wurde gespart. Dabei könnte es gut sein, dass einige Passagiere umherirren: Die Beschilderung sei ebenfalls schlecht, so das Urteil.

Auch am Bremer Fernbusbahnhof dürften die Kunden nicht nur aus Reisevorfreude erleichtert sein, wenn die Fahrt endlich losgeht: Die Station schnitt kaum besser ab.

Der Autoclub hatte zehn Fernbus-Bahnhöfe getestet, von denen sechs nur die Note "ausreichend" oder schlechter bekamen. Dortmund wurde mit "mangelhaft" benotet; Mannheim, Berlin-Südkreuz und Rostock erhielten ein "Ausreichend". "Gut" schnitten hingegen München, Hannover, Hamburg Bus-Port sowie der Testsieger Stuttgart ab. "Sehr gut" war allerdings keiner.

"Haltestellen am Fahrbahnrand"

Es gebe keine einheitlichen Standards, kritisiert der ADAC. "Oftmals müssen Fernbusreisende noch immer mit Haltestellen am Fahrbahnrand oder ohne geeignete Infrastruktur vorliebnehmen." Der Bürgersteig sei häufig zu schmal für Rollstuhlfahrer, zudem mangele es in den Bahnhöfen an automatischen Türen. Nur wenige Fernbus-Stationen seien kundenfreundlich, so der Autoclub.

Das Testergebnis verdeutlicht ein grundsätzliches Dilemma: Vor allem Neubauten vor den Toren der Städte schnitten gut ab, etwa in Stuttgart, wo die Fernbusse direkt am Flughafen halten. Hier ist das Terminal komplett überdacht, Reiseinfos werden mehrsprachig angezeigt und zusätzlich über Lautsprecher verkündet. Zudem sind ein zentraler Ticket- und Infoschalter sowie Duschen und Baby-Wickelplätze vorhanden. Mit der S-Bahn fahren Reisende jedoch ab Stadtmitte eine knappe halbe Stunde zum Fernbusbahnhof, der erst seit vergangenem Jahr in Betrieb ist. Damit liegt dieser fernab des Hauptziels der Reisenden, bemängeln ADAC und Branchenriese Flixbus einmütig.

Mancher Innenstadt-Standort hingegen ist gut gelegen, aber veraltet. Im kritisierten Göttingen etwa ist der Fernbus-Halt unweit des Hauptbahnhofes. Aus Sicht der Tester ist das zwar ein Pluspunkt, ändert aber am schlechten Gesamturteil nichts.

"Menschen wären bereit, für vernünftige Infrastruktur zu zahlen"

"Der Fernbusmarkt hat sich in den letzten Jahren schneller entwickelt als die dazugehörige Infrastruktur", sagte der für Verbraucherschutz zuständige ADAC-Geschäftsführer Alexander Möller. Die Angebote der Städte bildeten derzeit nicht die Bedürfnisse und Wünsche der Fahrgäste ab. Daher müsse dringend nachgebessert werden.

Tester ADAC war bis 2014 selbst im Fernbusmarkt aktiv, zog sich dann aber aus seiner Beteiligung an Postbus zurück. Im Jahr 2016 waren etwa 25 Millionen Passagiere mit deutschen Fernbussen unterwegs. Im hart umkämpften Markt sind inzwischen etliche Anbieter gescheitert, Flixbus ist zum dominierenden Marktführer geworden.

Hitzig debattiert wird über die Einführung einer Fernbus-Maut, mit der auch die Infrastruktur finanziert und verbessert werden soll. Der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag, Martin Burkert (SPD), nennt für die Maut 0,4 Cent pro Fahrgast und Kilometer als Richtgröße. "Ich glaube, die Menschen wären bereit, das zu zahlen, wenn sie dafür eine vernünftige Businfrastruktur, also etwa ordentliche Busbahnhöfe mit Kiosk und Toiletten bekämen", sagte er.

Der Bustouristik-Verband ist davon wenig begeistert: Seiner Meinung nach würde diese die Existenz von Mietomnibussen gefährden, die etwa der Kegelverein für seine Tour buche und die nicht reguläre Fernbusstrecken bedienten.

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