Zum Tod des Königs:Abdullah verbat sich Handküsse

Saudi Arabian King Abdullah dies

Der saudische König Abdullah bei der Beerdigung seines Halbbruders im Jahre 2005

(Foto: AFP)
  • Der in der Nacht zum Freitag verstorbene König Abdullah war ein gemäßigter Reformer - Konservative kritisierten ihn ebenso wie die fortschrittlichen Kräfte Saudi-Arabiens.
  • Sein Verhältnis zu den USA war gespannt, er misstraute der Außenpolitik der Supermacht.
  • Nachfolger Salman wird den Kurs des alten Königs vermutlich forsetzen.

Von Rudolph Chimelli und Paul-Anton Krüger

Obwohl König Abdullah einer der reichsten und einflussreichsten Männer der Welt war, galt er als bescheiden. Sofern man das von jemanden sagen kann, der mit seiner Entourage in mehreren Jumbojets reiste und Hotels komplett mietete. Wegen seiner Vorliebe für die traditionelle Lebensführung war er beim Volk beliebter als die meisten seiner Vorgänger. Handküsse verbat er sich, ebenso schmeichelnde Anreden wie "Majestät".

In der Nacht zum Freitag ist Saudi-Arabiens König Abdullah im Alter von mutmaßlich 90 Jahren gestorben. Die Thronfolge trat sofort sein 79-jähriger Halbbruder Salman an, seit drei Jahren Verteidigungsminister und zuvor fast ein halbes Jahrhundert lang Gouverneur von Riad. Als künftiger Kronprinz rückt unmittelbar der 69-jährige Prinz Mukrin nach, wie es ein von Abdullah geschaffener Familienrat bestimmt hat, der aus Söhnen und befähigten Enkeln des Staatsgründers Abdel Asis Ibn Saud besteht. Die Enkelgeneration kommt in der bereits getroffenen Regelung jedoch noch nicht zum Zuge. Ein nach außen sichtbarer Machtkampf wurde auch diesmal vermieden.

Veränderung - aber nur schrittweise

Abdullah, der nach islamischem Ritus noch am späteren Freitag beigesetzt wird, lag seit Ende Dezember mit einer Lungenentzündung im Krankenhaus. Zeit seiner Herrschaft versuchte er einen Balance-Akt zwischen den Traditionen einer extrem konservativen nomadischen Gesellschaft und den Anforderungen der Moderne.

Sein gemäßigter Reformkurs erfüllte nicht die Erwartungen fortschrittlich gesinnter Saudis, wurde aber zugleich von Konservativen als zu weit gehend kritisiert. Er dürfte vom neuen König mit nur geringen Abwandlungen fortgesetzt werden, weil die einzelnen Maßnahmen von Abdullah im Konsens mit der Familie eingeführt wurden.

Eine davon war, dass er in die Beratende Versammlung, die allerdings keine Entscheidungsbefugnisse hat, erstmals 30 Frauen aufnahm. Als dieser Schura-Rat im Februar 2013 eingeführt wurde, betonte Abdallah: "Die Veränderungen, die wir anstreben, müssen schrittweise erfolgen." Die oft erhobene Forderung von Frauen, Auto fahren zu dürfen, verschleppte Abdullah jedoch. Bei den partiellen Gemeindewahlen, die der König einführte, haben sie kein Stimmrecht, das Familienrecht benachteiligt sie.

Gespanntes Verhältnis zu den USA

Das traditionell gute Verhältnis Saudi-Arabiens zu den USA geriet unter Abdullah unter Belastungen. Er misstraute zutiefst der Bereitschaft Washingtons, demokratischen Bestrebungen in der arabischen Welt eine Chance zu geben. Dass die USA den Sturz des ägyptischen Präsidenten Mubarak zuließen, eines persönlichen Freundes des Königs, verübelte er ihnen nachhaltig. Dem gestürzten tunesischen Diktator Ben Ali gaben die Saudis Asyl. Mit besonderen Sorgen verfolgte der König, dass die USA mit Iran, dem großen regionalen Rivalen jenseits des Golfs, einen Ausgleich im Atomstreit suchen. Fallende Ölpreise, die Irans Möglichkeiten schwächen, scheuten die Saudis unter Abdullah nicht.

Zur Öffnung des Landes trug sicher ein von ihm ins Leben gerufenes Programm bei, das in den vergangenen Jahren Zehntausende junger Saudis an Universitäten in den USA und Europa schickte. Sie sollen einmal die Führungselite in dem konservativen Land stellen. Den Fall des Bloggers Raif Badawi verwies er an den Obersten Gerichtshof, die verhängte Prügelstrafe stoppte er aber nicht.

Mit Salman kommt wieder ein Sudairi an die Macht, einer der sieben Söhne einer Lieblingsfrau des Staatsgründers, Hassa Bint Sudairi. Abdullahs Vorgänger, König Fahd, und viele Mächtige des Reiches gehörten zu den Sudairi-Sieben, die eng zusammenhielten. Sie gelten in der regierenden Familie generell als Vertreter einer härteren konservativen Linie.

Abdullah war Fahd schon 1996 als Regent nachgefolgt und wurde im Jahr 2005 formell König. Seine Mutter entstammte dem Beduinenstammt der Schammar, die im Norden Saudi-Arabiens und in Syrien nomadisieren. Sein Vater hatte ihn streng erzogen. "Ich halte meine Söhne dazu an, barfuß zu gehen, zwei Stunden vor Sonnenaufgang aufzustehen, wenig zu essen und ohne Sattel zu reiten." Einmal, als der junge Abdullah nicht aufstand, um einem Gast Platz zu machen, ließ ihn Abdel Assis Ibn Saud drei Tage einsperren. Jahrzehntelang kommandierte Abdullah die Nationalgarde, die sich aus den Beduinenstämmen rekrutierte und als Parallel-Armee absolute Treue zum Herrscherhaus hielt.

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