Westerwelle und die Hamburg-Wahl:Die Schöne und das Biest

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Katja Suding ist der neue PR-Gag von FDP-Chef Guido Westerwelle. Als schön, aber naiv wird sie von Parteikollegen beschrieben. Jetzt soll sie die Hamburg-FDP in die Bürgerschaft hieven - und das trotz Westerwelle.

Thorsten Denkler, Berlin

Der Blick klar, das Lächeln frei und freundlich, so betritt Katja Suding die eigens für diesen Termin aufgebaute Bühne im Atrium des Thomas-Dehler-Hauses, der FDP-Bundeszentrale in Berlin-Mitte. Hinterdrein kommt FDP-Chef Guido Westerwelle. Galant weist er Suding ihren Platz am Pult. In der Mitte soll sie stehen, zwischen ihm und dem Pressesprecher der FDP. Westerwelle lächelt wie ein Erfinder, der stolz seine neueste Errungenschaft präsentiert.

Die neue Wunderwaffe: Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle neben der FDP-Spitzenkandidatin für die Hamburger Bürgerschaftswahl Katja Suding. (Foto: dpa)

Katja Suding, das ist Westerwelles weibliche Geheimwaffe für die Hamburg-Wahl am 20. Februar. Sie soll die FDP endlich über die Fünf-Prozent-Hürde bringen, die sie 2008 noch um 0,2 Prozentpunkte unterboten hat. Gelingt es, könnte Suding Westerwelle wenigstens etwas von seinem alten Glanz zurückgeben.

Suding, 35 Jahre alt, ist Mutter zweier Kinder und strikt gegen die Frauenquote. Sie ist genau der Prototyp Frau, den Westerwelle gerne in wichtige Positionen der Partei hievt, damit sie der FDP ein junges Image verleihen helfen.

Sie macht ihren Job vor der Hauptstadtpresse gut. Sagt, was zu sagen ist in Wahlkampfzeiten. Dass die FDP mit einem guten Ergebnis in die Bürgerschaft einziehen werde, dass sie für Familie, Mittelstand und Bildung stehe, dass sie ein gutes neues Team habe.

Neuanfang, das ist ihr Wort des Tages. Das klingt nach Aufbruch in bessere Zeiten. Westerwelle bräuchte so etwas auch dringend. In Hamburg hat sich dafür fast die komplette Parteispitze erneuert. In Berlin aber findet Westerwelle, dass Neuanfang nur mit ihm geht.

Suding will daran wohl auch nichts ändern. Wie könnte sie auch. Sie ist Westerwelles Produkt, freut sich gar über die "Unterstützung" des Parteichefs. Woanders wären einige Wahlkämpfer froh, wenn sich Westerwelle erst mal dünne machen würde.

Politisch muss Suding für ihren neuen Job offenbar nicht viel können. In die FDP trat sie erst 2006 ein und engagierte sich als Chefredakteurin der Hamburger FDP-Mitgliederzeitschrift Große Freiheit - wohl der einzige Grund, weshalb FDP-intern durchaus einige mit ihrem Namen etwas anzufangen wussten. Ansonsten ist sie nicht sonderlich durch politisch-inhaltliche Arbeit aufgefallen.

Ihr großes Plus ist ihre Ausstrahlung. Auf den Wahlplakaten an Hamburgs Straßen macht sie die mit Abstand beste Figur. Das könnte nach jüngsten Umfragen knapp reichen, um die FDP am 20. Februar in die Bürgerschaft zu bugsieren, in der sie seit 2004 nicht mehr vertreten ist.

Diese Strategie, ein junges, sympathisches Frauengesicht zu plakatieren, ist schon einmal im Sinne Westerwelles aufgegangen. Im Jahr 2004 zauberte er für die Europawahl Silvana Koch-Mehrin aus dem Hut. Mit der neuen Spitzenkandidatin konnte die FDP erstmals seit langem wieder ins Europaparlament einziehen.

Die mehrfache Mutter hat danach allerdings mehr Aufmerksamkeit mit der öffentlichen Zurschaustellung ihres Schwangerenbauches erregt, als mit politischen Initiativen im Europaparlament. Manche sagen, der Schein sei bei ihr deutlich ausgeprägter als profundes Wissen über politische Inhalte und Strategien.

Heute ist Koch-Mehrin Vizepräsidentin des Europaparlamentes und immer noch größter Fan ihres Förderers Guido Westerwelle. Der sei der "erfolgreichste Vorsitzende in der FDP-Geschichte" ließ sie kurz vor dem Dreikönigstreffen der Liberalen in Stuttgart am 6. Januar verlauten. Zu dem Zeitpunkt gab es offene Rückrittsforderungen an den Parteichef.

Als Koch-Mehrin Spitzenkandidatin von Westerwelles Gnaden wurde, galt er noch was. Zumindest seine Fähigkeiten als Oppositionspolitiker waren weitgehend unbestritten.

Die schöne Katja Suding aber hat es mit einem Westerwelle zu tun, der bei einigen Menschen inzwischen das pure Grauen hervorruft. Aus dem strahlenden Helden und Parteiretter ist in den Augen vieler längst das liberale Biest geworden.

Explizit wegen Westerwelle würden heute wohl nur noch ganz Hartgesottene ihr Kreuz bei der FDP machen. Manche bekommen schon Mitleid mit der Partei und ihrem Vorsitzenden - die Höchststrafe im politischen Geschäft.

Das Märchen von der Schönen und dem Biest geht gut aus. Das Biest wird durch die Liebe der schönen Belle von seinem Fluch befreit und in einen Prinzen zurückverwandelt.

Im wahren Leben aber entscheiden Wahlergebnisse, ob Westerwelle das Superwahljahr 2011 politisch überlebt. Hamburg ist da nur eine Etappe. Sollte es der FDP dank Katja Sudings Plakatlächeln gelingen, zum Auftakt des Wahlmarathons in die Bürgerschaft gewählt zu werden, wird Westerwelle dies als seinen persönlichen Erfolg deuten lassen.

Schafft Suding es nicht, wird das wohl das Ende ihrer politischen Karriere in der Hamburger FDP sein. Dort ist es ein offenes Geheimnis: Westerwelles weibliche Wunderwaffe hat einen Versuch frei. Klappt es nicht, muss eine andere Lösung her.

Für Suding ist das anscheinend in Ordnung. Sie ist seit 2004 als freie PR- und Kommunikationsberaterin unterwegs und damit wohl Profi genug, um zu wissen, welche Rolle sie zu spielen hat. Darauf angesprochen sagt sie, die FDP habe es so schließlich geschafft, eine "Menge Aufmerksamkeit zu erzeugen, auch bundesweit. Das nutzen wir."

Westerwelle kann dabei zumindest nicht verlieren. 0,2 Prozentpunkte mehr als 2008 reichen, dann ist die Punkt-Prozent-Hürde geknackt. Westerwelle stünde mal wieder als Sieger da.

Entscheidend aber sind für Westerwelle die Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Berlin. Versagt die FDP da, wird aus dem Biest Westerwelle so schnell kein Prinz mehr werden.

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