Wahlkampf in Österreich:Stronach provoziert mit Ruf nach Todesstrafe

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Er ist Milliardär, koaliert in Salzburg mit den Grünen - und fällt im österreichischen Wahlkampf mit bizarren Aktionen auf. Bei der Bestrafung von Verbrechen gibt sich Polit-Neuling Frank Stronach sogar noch radikaler als die rechtspopulistische FPÖ. Da wird selbst seinen Gefolgsleuten mulmig.

Von Oliver Das Gupta

Dass das Team von Frank Stronach (hier auf einem Wahlplakat) künftig im Parlament sitzt, halten Meinungsforscher für eine ausgemachte Sache. (Foto: Dominic Ebenbichler/Reuters)

Der österreichischen Nationalrats-Wahlkampf ist berüchtigt dafür, dass es im Vergleich zum deutschen Bundestagswahlkampf rüder und radikaler zugeht. Doch nun ist auch für die ruppigen Verhältnisse in der österreichischen Innenpolitik ein ungewöhnlicher Tiefpunkt erreicht worden. Gut drei Wochen vor der Wahl hat der Polit-Neuling Frank Stronach die Wiedereinführung der Todesstrafe verlangt. Wörtlich sagte der in Kanada zu Milliarden und Einfluss gekommene Parteigründer ("Team Stronach") den Vorarlberger Nachrichten: "Für Berufskiller soll es eine Todesstrafe geben". Begründung: Sie gefährdeten die Rechtssicherheit.

Auch in einem vom Österreichischen Rundfunk ORF produzierten Interview-Format mit dem Titel "Die Wahlfahrt" äußert sich Stronach positiv zur Todesstrafe. Er halte Hinrichtungen für gerechtfertigt, im Falle eines "geplanten Berufsmordes", sagt Stronach, "Mafia Type". In dem im Internet abrufbaren Video, das am 28. August entstanden sein soll, sagt Stronach zu einer Gefolgsfrau, dass man das Parteiprogramm dahingehend "noch erweitern" müsse.

Radikaler als die FPÖ

Stronach schöpft seit seinem Einstieg in die Politik aus dem Wählerpotenzial der rechtspopulistischen FPÖ, was deren Anführer Heinz-Christian Strache den Traum von der baldigen Kanzlerschaft vermasselt hat. Mit dem Todesstrafen-Vorstoß übertrumpft Stronach aber sogar noch die FPÖ an Radikalität, denn diese lehnt die Todesstrafe ab.

Inzwischen scheint auch Stronach zu dämmern, dass er damit zu weit gegangen ist. Schließlich ist die Todesstrafe in Österreich seit 1950 abgeschafft. In keinem Land Europas, mit Ausnahme Weißrusslands, werden Todesurteile noch vollstreckt.

Eilig teilte Stronachs Partei inzwischen in einer Presseerklärung mit, die Todesstrafe nicht gutzuheißen. Und der Parteichef Stronach erklärt seine Aussagen nun plötzlich zu Aussagen des Privatmannes Stronach. Das klingt dann so: "Bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Gefährdung des Rechtsstaates und seiner Institutionen durch verbrecherische Organisationen habe ich ein gewisses Verständnis für die Todesstrafe, aber das ist meine persönliche Ansicht."

So einfach ist das für Stronach. Er verweist dann noch darauf, durch seinen jahrzehntelangen Aufenthalt in Nordamerika geprägt zu sein - in den USA gibt es die Todesstrafe. Stronach räumt schließlich ein, dass "führende Persönlichkeiten" in seiner Partei seine Meinung nicht teilen. Sprich: Seinen sonst so ergebenen Gefolgsleuten wurde es mulmig. Weiter heißt es in der Presseerklärung: Deshalb komme der Punkt Todesstrafe "selbstverständlich nicht ins Parteiprogramm". Aus, Schluss, Problem gelöst.

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Von Cathrin Kahlweit, Wien

Der in diesen Tagen 81 Jahre alt werdende Wirtschaftsmagnat ( hier ein Porträt) fällt immer wieder mit bizarrem Verhalten auf. In Fernsehauftritten kanzelt er gerne Journalisten ab; bei der Parteigründung holzte er gegen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und kündigte an, Weltgeschichte zu schreiben.

Ungeniert engagiert Stronach unzufriedene Politiker aus anderen Parteien - und ist auf diese Weise mit seiner Neugründung schon vor der Wahl im Nationalrat vertreten. Zuletzt posierte er mit entblößtem Oberkörper - um seine für sein Alter passable körperliche Physis unter Beweis zu stellen. Rechtspopulist Strache zog übrigens eilig nach - und posierte seinerseits in Badehose.

Die Bürger der Republik Österreich wählen am 29. September, eine Woche nach der Bundesrepublik, ein neues Parlament. Bislang deuten Umfragen darauf hin, dass der amtierende Bundeskanzler Werner Feymann (SPÖ) seine rot-schwarze Koalition fortsetzen kann.

So gut wie sicher auch nach der Wahl im Nationalrat

Doch die Mehrheit der großen Koalition droht zu schmelzen, auch wegen neuer Skandale und Affären. Stronach als Polit-Neuling und Selfmademann geißelt ausgiebig die " rot-schwarze Freunderlwirtschaft" - und profitiert vom Unmut in der Bevölkerung. Umfragen prognostizieren den sicheren Einzug seines "Teams" in den Nationalrat. Möglicherweise könnte er nach dem Wahltag sogar ein umworbenes Zünglein an der Waage werden.

Dann könnten sie in Wien in Richtung Westen schauen, ins Bundesland Salzburg. Dort zeigt sich nämlich bereits die enorme politische Flexibilität des alerten Stronach. Seit Juni regiert seine Partei in Salzburg mit - in einer Koalition mit der konservativen ÖVP und den Grünen.

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