Wahl in Österreich:Alexander Van der Bellen, der wandelbare Professor

Erst Sozialdemokrat, dann Chef der Grünen, nun als unabhängiger Kandidat gewählter Bundespräsident - und schon lange glühender Europäer. Ein Porträt in Bildern.

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Alexander Van der Bellen hat die Stichwahl um das Amt des Bundespräsidenten am 4. Dezember 2016 gewonnen. Der wiederholte und verschobene finale Urnengang war ein überraschend klarer Sieg gegen seinen Rivalen Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ.

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Geboren ist der Van der Bellen in Wien. Im vergangenen Jahr hat er seine Parteikollegin Doris Schmidauer geheiratet. Es ist seine zweite Ehe, mit seiner ersten Frau hat er zwei Söhne. Van der Bellen wuchs in Tirol auf und lehrte zunächst an der Universität Innsbruck. Später wurde er Professor für Volkswirtschaftslehre in Wien. Er nennt die Präsidenten John F. Kennedy und Nelson Mandela sowie den österreichischen Kanzler Bruno Kreisky als politische Vorbilder.

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In den Siebzigerjahren trat er in die SPÖ ein. Gleichzeitig gehörte er in Innsbruck auch einer Freimaurerloge an. Um sich intensiver ökologischen Fragen widmen zu können, wechselte "Sascha", wie ihn Freunde nennen, aber von der SPÖ zu den Grünen. Mehr als eine Dekade lang führte er die Partei. Van der Bellen war außerdem 18 Jahre lang Abgeordneter im Nationalrat, dem österreichischen Parlament. Politischen Gegnern gilt er als Opportunist, Anhängern als lernbereiter und unabhängiger Intellektueller.

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Van der Bellens Mutter ist in Estland geboren, sein Vater stammt aus Russland und hat niederländische Vorfahren. Während des Zweiten Weltkriegs flüchtete die Familie vor der Roten Armee in den Westen und ließ sich schließlich in Österreich nieder. In der Flüchtlingspolitik vertritt Van der Bellen nicht zuletzt deswegen eine dezidiert andere Meinung als der Rechtspopulist Norbert Hofer. "Was ich nicht will, sind neue Stacheldrahtzäune mitten in Europa", schreibt Van der Bellen auf seiner Kampagnenseite. Grenzschließungen würden auf Dauer Milliardenverluste für österreichische Unternehmen bedeuten und die Arbeitslosigkeit weiter steigen lassen, heißt es dort. Als Kandidat trat er für eine europäische Lösung der Krise ein.

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(Foto: Quelle: Facebook)

Um Wähler zu erreichen, setzte Van der Bellen auch auf die sozialen Medien. Kurz vor dem finalen Wahlgang gelang ihm mit einem Facebook-Video ein Coup. Die Aufnahme einer 89-jährigen Holocaust-Überlebenden, die vor den Folgen des aufstrebenden Rechtspopulismus warnt und sich an die Dreißigerjahre erinnert fühlt, wurde millionenfach im Internet angesehen. Ende November postete Van der Bellen außerdem ein Video, in dem er mit der "inoffiziellen Hymne Österreichs" für sich wirbt. Der bekannte Liedermacher Rainhard Fendrich stellte dem Kandidaten seinen Song "I am from Austria" zur Verfügung. Mit dem Video präsentierte sich Van der Belle als heimatverbunden und warb für ein "helles, zuversichtliches Österreich".

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Die FPÖ spalte, er hingegen verbinde - diese Botschaft vermittelte Van der Bellen im Wahlkampf - offenbar erfolgreich. Van der Bellen zeigte sich als glühender Europäer, bekannte sich zur europäischen Integration und warnte vor einer Rückkehr zu nationalstaatlichem Denken. Damit unterschied er sich inhaltlich deutlich von FPÖ-Kandidat Norbert Hofer, dessen Partei im Europaparlament der euroskeptischen Fraktion um Marine Le Pen vom rechtsextremen Front National aus Frankreich angehört. Im TV-Duell Ende November warf FPÖ-Kandidat Hofer der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, mit dem Satz "Wir schaffen das" Tausende Flüchtige angelockt und Europa geschadet zu haben. Van der Bellen betonte dagegen die besondere Bedeutung eines guten Verhältnisses zu Deutschland. Der unabhängige Kandidat warf Hofer zudem vor, leichtfertig mit der Vorstellung eines EU-Austritts Österreichs zu spielen.

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Auch persönlich hält Van der Bellen wenig von seinem Rivalen Norbert Hofer und seiner FPÖ - eine Abneigung, die auf Gegenseitigkeit beruht. In der Vergangenheit spielte Van der Bellen offen mit dem Gedanken, als Präsident keinen Bundeskanzler von der FPÖ ernennen zu wollen. Im Laufe des Wahlkampfes schwächte er diese Aussage zwar ab, betonte aber, dass die stärkste Fraktion nicht "automatisch Anspruch auf den Bundeskanzler" habe, weder juristisch noch moralisch. Norbert Hofer reagierte auf Van der Bellens Überlegungen, keinen FPÖ-Kanzler vereidigen zu wollen, mit dem Vorwurf, dieser sei ein "faschistischer grüner Diktator".

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Van der Bellen verhielt sich im Wahlkampf relativ passiv, in den TV-Duellen wurde er von Hofer massiv angegangen. In der letzten TV-Debatte bezichtigten sich beide Kandidaten der Lüge. Die Wahl am 4. Dezember gewann Van der Bellen dann doch überraschend deutlich.

© SZ.de/tfn/Reuters/sjan/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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