Wahl in den Niederlanden:Rechtspopulist Wilders will regieren

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Politisches Erdbeben in Den Haag: Die Christdemokraten stürzen ab, Premier Balkenende tritt zurück. Die niederländischen Rechtsliberalen erreichen zwar die meisten Sitze - der eigentliche Gewinner der Wahl ist ein anderer.

Bei der Parlamentswahl in den Niederlanden haben die Liberalen nach jüngsten Hochrechnungen einen knappen Vorsprung vor den Sozialdemokraten erzielt. Nach Auszählung von 96,5 Prozent der Stimmen lag die VVD von Mark Rutte am Donnerstagmorgen mit 31 von insgesamt 150 Sitzen im künftigen Parlament vor den Sozialdemokraten (PvdA), die auf 30 Sitze kamen. Drittstärkste Kraft ist der Rechtspopulist Geert Wilders, der es mit seiner Partei für die Freiheit (PVV) auf 24 Sitze (2006: 9 Sitze) brachte und bereits Anspruch auf Beteiligung an der künftigen Regierung erhoben hat.

"Wir wollen regieren": Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders. (Foto: afp)

Die Christdemokraten (CDA) von Regierungschef Jan Peter Balkenende erlebten ein Debakel und büßten fast die Hälfte ihrer Mandate ein: Aus 41 Sitzen wurden 21, Balkenende legte daraufhin den Parteivorsitz nieder. "Der große Gewinner", so der öffentlich-rechtliche Rundfunk NOS, war Wilders' PVV. Der Rechtspopulist hatte unter anderem einen Einwanderungsstopp für Muslime und die Kürzung der Sozialhilfe für neue Immigranten gefordert.

Noch in der Nacht bekräftigte er seine Forderung nach Beteiligung an der nächsten Regierung. "Wir wollen regieren", sagte er. Es wäre "nicht demokratisch", so Wilders, wenn die anderen Parteien bei der Regierungsbildung an der Tatsache vorbeigehen würden, dass seine PVV von rund 1,5 Millionen Niederländern gewählt worden sei.

"Sehr, sehr enttäuschend"

Wilders strebt nach eigenen Worten eine Koalition mit der rechtsliberalen VVD und den Christdemokraten an. Als möglicher weiterer Koalitionspartner käme die kleine orthodox-calvinistische Partei SGD (2 Sitze) in Betracht. Allerdings gibt es ein großes Streitthema: Wilders erklärte, es werde keine Diskussion über eine Erhöhung des Rentenalters über 65 Jahre hinaus geben. Eine Anhebung auf 67 Jahre fordern jedoch nahezu alle übrigen Parteien, um den Staatshaushalt zu sanieren - und gerade die VVD konnte sich mit einem Sparprogramm profilieren.

PvdA-Spitzenkandidat Job Cohen gratulierte Wilders. "Wir haben den gewaltigen Zuwachs der PVV zu respektieren", sagte er. Auch VVD-Chef Mark Rutte gratulierte Wilders und nannte das Ergebnis seiner eigenen Partei "prachtvoll".

"Das ist sehr, sehr enttäuschend", sagte Balkenende über das Ergebnis der Christdemokraten. Er übernahm dafür die Verantwortung und legte den Parteivorsitz nieder. Er werde auch kein Mandat im Parlament anstreben, sagte er. Balkenende bleibt noch als Ministerpräsident im Amt, bis eine neue Regierung gebildet ist.

Zu den Wahlgewinnern gehören auch die Grün-Linken, die nach dem Zwischenergebnis auf 10 Mandate kommen (vorher 7). Die linksliberale Partei Demokraten 66 steigerte sich von 3 auf 10 Mandate. Die Sozialistische Partei sackte auf 15 Mandate ab (vorher 25). Der bisherige kleine Regierungspartner von der ChristenUnie verlor einen Sitz und kommt nun auf 5 Mandate. Daneben ist noch die Partei für die Tiere mit 2 Sitzen in der Tweede Kamer in Den Haag vertreten.

Die Wahl war die erste in einem Land der Eurozone nach dem Ausbruch der Schuldenkrise und galt daher auch als Stimmungstest in Europa. Das inoffizielle Endergebnis wird erst im Laufe des heutigen Donnerstags erwartet.

© sueddeutsche.de/dpa/Rtr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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