Waffendeals zwischen Nordkorea und Kuba:Reis gegen "MiG"-Jets

Lesezeit: 2 min

230.000 Zuckersäcke müssen die Behörden in Panama per Hand von Bord bringen. Inspektoren der UN sollen die Ladung des beschlagnahmten nordkoreanischen Waffenfrachters "Chong Chon Gang" untersuchen. Es erhärtet sich der Verdacht auf einen umfangreicheren Rüstungsdeal zwischen Nordkorea und Kuba.

Von Paul-Anton Krüger

Nordkorea hat von Panama verlangt, den am Sonntag aufgebrachten Waffenfrachter Chong Chon Gang und seine 35-köpfige Besatzung sofort wieder freizugeben. Das mittelamerikanische Land hatte das Schiff gestoppt, nachdem es vom Pazifik aus kommend den Panamakanal durchfahren hatte. Die Behörden hatten laut offiziellen Angaben zunächst Drogen an Bord vermutet. Bei einer Durchsuchung fanden sich dann aber unter Zigtausenden Zuckersäcken mindestens fünf Container, die Luftabwehrsysteme sowjetischer Bauart enthielten sowie neun Raketen in Teilen, zwei MiG-21-Kampfjets und 15 Düsentriebwerke.

Das Material sei "legal transportiert" und "auf Grundlage eines legitimen Vertrages" in Nordkorea repariert worden, hieß es in einer Erklärung des Außenministeriums in Pjöngjang, die am Donnerstag von der amtlichen Nachrichtenagentur KCNA verbreitet wurde. Kuba hatte tags zuvor eingeräumt, der Besitzer der teils museumsreifen Waffen zu sein.

Panama hat seinerseits den UN-Sicherheitsrat eingeschaltet und will es dem Gremium überlassen, was mit der Fracht und dem Schiff weiter geschieht. Gegen Nordkorea besteht ein Waffenembargo, das nach Einschätzung von Diplomaten des zuständigen Sanktionsausschusses zumindest eine Ausnahmegenehmigung erforderlich gemacht hätte. Diese hätten aber weder Nordkorea noch Kuba beantragt, teilten Diplomaten am Sitz der UN in New York mit. Die jüngste Resolution des Sicherheitsrats vom März 2013 forderte alle Staaten explizit auf, Fracht zu inspizieren, die aus Nordkorea kommt oder für das Land bestimmt ist, wenn der Verdacht auf Sanktionsverstöße besteht.

230.000 Zuckersäcke per Hand von Bord

Die Behörden in Panama waren indes weiter damit beschäftigt, das Schiff zu entladen. Die Crew hatte die Kräne des Schiffes zerstört, sodass nun 230.000 Zuckersäcke von Hand von Bord gebracht werden müssen. Inspektoren der UN sollen die Fracht in den kommenden Tagen untersuchen. Die Mannschaft, die sich laut panamaischen Angaben gegen die Durchsuchung gewehrt hatte, sollte wegen Verstößen gegen Sicherheitsgesetze des Landes angeklagt werden. Sie befindet sich derzeit komplett in Haft.

Inzwischen erhärtet sich der Verdacht auf einen umfangreicheren Rüstungsdeal zwischen den beiden kommunistischen Staaten. Nordkorea habe ein lukratives Geschäft daraus gemacht, alternde Militärausrüstung aus sowjetischer Produktion zu warten und zu modernisieren, berichtet das Fachmagazin Jane's Defence. Zugleich versuche Nordkorea Ersatzteile für sein eigenes Militär auf dem Gebrauchtmarkt aufzutreiben, darunter vor allem Düsentriebwerke für MiG-Jets. Auch akzeptiere das notorisch klamme Land Vergütung über Tauschgeschäfte, etwa Reis oder in diesem Fall möglicherweise Zucker.

Weiteres verdächtiges Schiff

Die Jane's-Experten haben zudem ein weiteres nordkoreanisches Schiff ausgemacht, das im April und Mai des Jahres 2012 die gleiche Route vom Hafen Nachodka im Fernen Osten Russlands aus durch den Panamakanal nach Havanna genommen hat, die Oun Chong Nyon Ho. Ihre Spur verlor sich später auf dem Rückweg 60 Seemeilen vor dem nordkoreanischen Hafen Nampo im Süden des Landes. Belege, dass auch dieser Frachter Waffen an Bord hatte, liegen allerdings bislang nicht vor. Auffällig sei aber, dass beide Schiffe normalerweise nur vor Nordkoreas Küste unterwegs seien. Nur fünf Schiffe unter der Flagge des Landes haben demnach seit 2010 überhaupt den Panamakanal durchquert.

Die Daten stammen von sogenannten Transpondern, die automatisch die Position von Schiffen melden. Die Mannschaft der Chong Chon Gang hatte dieses Gerät nach der Passage durch den Panamakanal offenbar ausgeschaltet und damit zusätzlich Verdacht erweckt. Das Schiff war bereits mehrmals mit Drogen und Munition an Bord gestoppt worden. Zudem gilt ein Flug einer Maschine von Kuba über Westafrika nach Nordkorea als verdächtig, der den UN im Frühjahr 2013 gemeldet worden war. US-Geheimdienste verfolgen routinemäßig die Routen nordkoreanischer Schiffe, um zu verhindern, dass sie ballistische Raketen oder Atomtechnik schmuggeln.

© SZ vom 19.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: