Vorwürfe gegen Invisible Children:Kony-Jäger sollen ugandischen Oppositionellen verraten haben

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Eine Wikileaks-Enthüllung bringt die Organisation "Invisible Children" in Bedrängnis: Die Macher der Youtube-Kampagne "Kony 2012" sollen bei ihrer Jagd auf den ugandischen Warlord versehentlich einen Oppositionellen an die ugandische Regierung ausgeliefert haben.

Ronen Steinke

Schon nach der ersten Welle der Kritik zeigte Jason Russell, 33, öffentlich Nerven: Das Kampagnen-Video von Russells Organisation Invisible Children, ein 30-minütiger Film, der auf die Verbrechen des Warlords Joseph Kony in Zentralafrika aufmerksam machen sollte, war gerade erst zur Youtube-Sensation avanciert, mit annähernd 100 Millionen Klicks. Da mehrten sich die Fragen nach dem Finanzgebaren der Hilfsorganisation. Russell brach unter dem öffentlichen Druck zusammen. In San Diego griff ihn die Polizei am 15. März auf offener Straße auf. Russell war nur mit einer Unterhose bekleidet und hatte Autofahrer belästigt.

Nun sieht sich die Organisation Invisible Children, nur wenige Tage nach der Veröffentlichung ihres zweiten Kony-Videos, einem noch viel schwerer wiegenden Vorwurf ausgesetzt. Die Mitarbeiter der Organisation sollen der ugandischen Regierung dabei geholfen haben, einen ugandischen Oppositionellen zu verhaften - womöglich nicht absichtlich, aber aus Unachtsamkeit.

Darauf deutet ein Dokument hin, das die Enthüllungsplattform Wikileaks bereits vor Monaten veröffentlichte und das nun die Medien in Uganda beschäftigt. In einer auf den 11. Juni 2009 datierten Depesche des damaligen amerikanischen Botschafters in Uganda, Steve Browning, heißt es: Einer der Köpfe "einer neuen Widerstandsbewegung namens Peoples' Patriotic Front (PPF)", Patrick Komakech, sei von Ugandas Sicherheitskräften verhaftet worden. Es ist die Rede von einem "Tipp", den die Regierung von Invisible Children bekommen habe, "betreffend den Aufenthaltsort von Patrick Komakech."

"Die Sicherheitsbehörden sprangen sofort an"

Mit dem Oppositionellen Patrick Komakech arbeitete Invisible Children da schon länger zusammen. Der junge Ugander war einst ein Kindersoldat in den Reihen des Warlords Joseph Kony gewesen. Er tauchte auch in den Kampagnen-Filmen der amerikanischen Hilfsorganisation auf.

Nachdem Komakech sich allerdings einer Rebellenbewegung gegen Ugandas Präsident Yoweri Museveni anschloss, wurde ihm die Nähe zu der amerikanischen Hilfsorganisation möglicherweise zum Verhängnis. So berichtete der US-Botschafter in Uganda im Juni 2009: Invisible Children hätten im März 2009 vermeldet, dass der zuvor untergetauchte Komakech sich nun wieder in der Stadt Gulu aufhalte, wo er in einem Haus der Hilfsorganisation wohne. Dazu notierte der US-Botschafter: "Die Sicherheitsbehörden sprangen auf den Tipp sofort an und verhafteten Komakech am 5. März."

"Notwendiger Teil der Aktivitäten"

Kritiker halten der Organisation Invisible Children vor, in ihrer Kampagne gegen den Warlord Joseph Kony mit der ugandischen Regierung zusammenzuarbeiten. Darauf antwortete die Organisation im vergangenen Monat auf ihrer Webseite, sie verteidige nicht die Menschenrechtsverletzungen durch die ugandische Regierung. Spendengelder würden nie dazu verwendet werden, die Regierung zu unterstützen. Andererseits sei die ugandische Armee "ein notwendiger Teil in den Aktivitäten" gegen Joseph Konys Miliz, die Lord's Resistance Army (LRA).

Die Sprecherin von Invisible Children in Uganda, Florence Ogola, erklärte der ugandischen Zeitung Daily Mirror, die bei Wikileaks aufgetauchte Depesche des US-Botschafters sei unwahr. "Wir befassen uns mit nichts, das mit Sicherheit zu tun hat. Uns geht es nur um Entwicklung." Den Vorwurf, die Hilfsorganisation würde ugandische Oppositionelle an die Behörden ausliefern, nannte die Sprecherin "Propaganda".

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