Vorbehalte bei der SPD-Basis:Vier Schritte zur großen Koalition

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Setzt auf das Votum der Parteibasis: SPD-Chef Sigmar Gabriel (Foto: AFP)

Die geplante SPD-Mitgliederbefragung stellt ein Hindernis für die Bildung einer großen Koalition dar. Denn die Parteibasis wird einem Regierungsbündnis nicht nur deshalb zustimmen, weil die SPD-Führung ein paar schöne Ministerposten erhält. Es geht ihr um Inhalte. Die Sozialdemokraten sollten sicherstellen, dass ihre Ziele tatsächlich umgesetzt werden. Mit einem strategisch klugen Vorgehen ist das möglich.

Ein Kommentar von Heribert Prantl

Es gibt zwei Hindernisse, die einer großen Koalition entgegenstehen. Das erste Hindernis heißt Horst Seehofer. Die kraftmeierische Art, mit der er der SPD herablassende Ratschläge gibt, wirkt wie Gesprächsgift und bestärkt die SPD-Basis in ihrer abgrundtiefen Skepsis. Die geplante Befragung dieser Basis, also der SPD-Mitglieder, ist das zweite Hindernis.

Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht, sagt das Sprichwort. Die SPD geht mit der Union, bis sie zerbricht, sagt die Basis. Sie wird sich für eine große Koalition nicht dadurch gewinnen lassen, dass sich die Parteiführung in der künftigen Bundesregierung sechs schöne Ministerämter sichert. Es gehe doch nicht um Posten, sagen die Kritiker, sondern um Positionen.

Diese Positionen soll ein Koalitionsvertrag sichern. Aber: Was ist so ein Vertrag wert? Was hilft es, wenn Noch-Finanzminister Schäuble jetzt ein Schaurechnen veranstaltet, in dem er eine Reichensteuer aufs Papier malt? Papier ist geduldig. Und manchmal ist der Koalitionsvertrag sein Papier nicht wert: So war es 2009, beim Vertrag der Union mit der FDP, in dem Steuersenkungen bis zu 24 Milliarden Euro pro Jahr vorgesehen waren. Das Loch, das sich zwischen diesem Versprechen und der Realität auftat, hat nun die FDP verschluckt.

Große Koalition ist keine Himmelsleiter

Die SPD-Führung wird sehr Substanzielles vorweisen müssen, um ihre Mitglieder bei einer Abstimmung von der großen Koalition zu überzeugen. Ein Procedere, mit dem das gelingt, könnte in vier Schritten so aussehen.

Erstens: Die SPD verhandelt mit der CDU/CSU. Ist die wider Erwarten nicht zu Zugeständnissen bereit, müsste die SPD in die Opposition.

Zweitens: Erreicht die SPD ein für sie gutes Verhandlungsergebnis, könnte sie ihre Unterschrift unter den Koalitionsvertrag an eine Bedingung knüpfen: dass nämlich erst einmal ein, zwei im Koalitionsvertrag vereinbarte Gesetze verabschiedet werden, über den Mindestlohn, die doppelte Staatsbürgerschaft und die Frauenquote - und zwar noch vor der SPD-Unterschrift unter den Koalitionsvertrag. Über ein solches Junktim könnten dann die Mitglieder abstimmen.

Drittens: Das Parlament muss ja innerhalb von dreißig Tagen nach der Wahl zusammentreten, auch wenn es noch zu keinem Koalitionsvertrag gekommen ist; der Bundespräsident ist verpflichtet, einen Kanzler vorzuschlagen; das wäre Angela Merkel. Die SPD müsste zusagen, sie zur Kanzlerin zu wählen und das dann auch tun. Die erste Tranche, die "CDU-Tranche" des Kabinetts, könnte nun bestellt werden; und die SPD könnte die mit der Union vereinbarten Gesetze im neuen Bundestag einbringen.

Viertens: Wenn dort die Gesetze beschlossen sind, kann der Koalitionsvertrag unterschrieben und das Kabinett mit SPD-Ministern ergänzt werden. So würde, etwas kompliziert, aber für Union wie SPD verträglich, stabiles Regieren eingeleitet.

Die große Koalition ist für keine der beteiligten Parteien eine Himmelsleiter in die Zukunft, für die SPD schon gar nicht. Dem Land kann aber eine solche große Koalition eine bemessene Zeit lang guttun, wenn sie wirklich gut fundiert ist.

© SZ vom 30.09.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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