Volker Wieker:Aufstieg des unbekannten Uniformträgers

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Auf den künftigen obersten Soldaten der Bundeswehr kommt schwieriges Terrain zu: Generalinspekteur Volker Wieker muss sich um Afghanistan kümmern, aber auch um die Verkürzung der Wehrzeit.

Peter Blechschmidt

Als der neue deutsche Verteidigungsminister am 12. November 2009 seinen Antrittsbesuch bei der Internationalen Schutztruppe Isaf in Afghanistans Hauptstadt Kabul absolvierte, verbreitete die Nachrichtenagentur Reuters ein Foto mit dem Bildtext: "Karl-Theodor zu Guttenberg spricht mit einem nicht identifizierten deutschen Soldaten."

"Karriere hat er nie angestrebt, sie hat sich ergeben", sagt ein Kamerad über Volker Wieker. (Foto: Foto: dpa)

Einen Monat später wurde der unbekannte Uniformträger zum obersten Soldaten der Bundeswehr ernannt. An diesem Montag nun beginnt Volker Wieker seine Arbeit als Generalinspekteur im Verteidigungsministerium in Berlin. Am Dienstag erhält er den vierten Generalsstern - mehr hat die Bundeswehr nicht zu bieten.

Die Bildzeile aus Kabul passt zum Werdegang des 55-Jährigen, der in Delmenhorst geboren wurde. Trotz seiner beachtlichen militärischen Laufbahn hat Wieker nie im Rampenlicht gestanden. Öffentliche Reden oder Interviews von ihm sucht man vergebens. "Karriere hat er nie angestrebt, sie hat sich ergeben", sagt ein Kamerad. So kam Wieker auf eine Liste von drei Kandidaten, die noch dem alten Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) vorgeschlagen worden waren. Denn es war absehbar, dass zur Jahresmitte 2010 ein neuer Generalinspekteur berufen werden müsste, wenn der bisherige Amtsinhaber Wolfgang Schneiderhan endgültig aufhören würde.

Schneiderhans Sturz über die Kundus-Affäre hat Wieker nun schneller als geplant in sein neues Amt befördert. Damit ist auch klar, welches das bestimmende Thema in den nächsten Monaten für ihn sein wird, wenn der Untersuchungsausschuss des Bundestages den Luftschlag vom 4. September 2009 aufklären will, bei dem auf Befehl eines Bundeswehr-Obersten zwei Tanklaster bombardiert und möglicherweise mehr als 140 Menschen getötet worden sind.

Wieker kennt die Situation in Afghanistan aus eigenem Erleben. Erst Anfang Oktober hatte er seinen Posten als Chef des Stabes und damit als Nummer drei im Isaf-Hauptquartier in Kabul angetreten. Er war einer der engsten Mitarbeiter des amerikanischen Isaf-Kommandeurs Stanley McChrystal, der den Luftschlag von Kundus für ein Desaster hält.

Außer bei dem kurzen Intermezzo in Kabul hat Wieker auch in Bosnien und im Kosovo die Realitäten einer Armee im Einsatz kennengelernt, zu der sich die Bundeswehr mittlerweile entwickelt hat. Eine Erfahrung, die, so erwarten es die Soldaten, auch ihnen zugute kommen wird. Darüber hinaus kennt er das Ministerium aus diversen Verwendungen, nicht zuletzt als Adjutant des damaligen Ministers Volker Rühe (CDU) von 1997 bis 1998, der als fordernd und schroff galt. "Wer das überstanden hat, hat alles drauf", sagt ein Insider.

Vielseitigkeit wird Wieker brauchen, wenn es um den Bundeswehr-Haushalt und vor allem darum geht, die Verkürzung der Wehrpflicht auf sechs Monate umzusetzen. Dabei dürfte helfen, was Heeresinspekteur Hans-Otto Budde über Wieker sagt: "Er ist einer, der ein Charakter ist und Charakter hat." Über Wiekers Privatleben erfährt man offiziell nur so viel: Der "exzellente Reiter" ist verheiratet und hat mit seiner Frau Sabine zwei Kinder.

© SZ vom 18.01.2010/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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