Verteidigungsminister Guttenberg:Überraschungsbesuch in Afghanistan

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Unter massiven Sicherheitsvorkehrungen trifft Verteidigungsminister Guttenberg in Kabul ein. Derweil verwirft Barack Obama alle ihm vorgelegten Pläne zur amerikanischen Afghanistan-Strategie - offenbar vermisst der Präsident ein überzeugendes Exit-Szenario.

Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ist am Donnerstagmorgen unter strengen Sicherheitsvorkehrungen zu einem nicht angekündigten Besuch in Afghanistan eingetroffen.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) während des Flugs nach Kabul in einem Transportflugzeug der Bundeswehr neben dem Generalinspekteuer der Bundeswehr, Wolfgang Schneiderhan (re.) (Foto: Foto: dpa)

Guttenberg wurde in der Hauptstadt Kabul vom deutschen Botschafter Werner Hans Lauk in Empfang genommen. Anschließend ist ein Treffen mit dem afghanischen Präsidenten Hamid Karsai geplant. Auch ein Gespräch mit dem Kommandeur der Nato-Truppe Isaf, dem US-General Stanley McChrystal, ist vorgesehen. Es ist der erste Besuch Guttenbergs in Afghanistan.

Billigung der US-Offensive

Bei seiner Ankunft machte Guttenberg deutlich, dass er das verstärkte Vorgehen von US-Elitetruppen gegen die radikal-islamischen Taliban im deutschen Einsatzgebiet im Norden des Landes grundsätzlich billigt. "Ich sehe das prinzipiell nicht negativ", sagte der Minister.

Die Aktionen der US-Truppen sorgten in der Unruheregion Kundus für mehr Sicherheit. Bisher sei die Abstimmung miteinander sehr gut. Es sei wichtig, dass dies auch in Zukunft so bleibe.

US-Spezialkräfte hatten zuletzt verstärkt in der eigentlich von den Deutschen kontrollierten Region Kundus eingegriffen. Gemeinsam mit Hunderten afghanischen Soldaten töteten sie Anfang November nach eigenen Angaben mindestens 130 Taliban in und um den Bezirk Chahar Darrah nahe der Stadt Kundus. Erst am Mittwoch war bei einem weiteren Gefecht ein Bundeswehrsoldat verwundet worden.

Die Bundeswehr war auch von Seiten der USA in die Kritik geraten, als sie im gleichen Gebiet einen US-Luftangriff auf zwei von Taliban entführte Tanklaster angeordnete hatte. Bei der Bombardierung starben nach Angaben der afghanischen Regierung neben 69 Taliban auch 30 Zivilisten.

Guttenberg hatte sich hinter die deutschen Soldaten gestellt und den Angriff als militärisch angemessen verteidigt. Derzeit prüft die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe den Vorfall.

US-Botschafter sieht Truppenaufstockung kritisch

US-Präsident Barack Obama lehnte derweil bei einem Treffen mit seinen Militärberatern alle bislang vorgelegten Pläne für eine künftige Strategie in Afghanistan ab. Stattdessen habe er eine Klärung der verfügbaren Optionen verlangt, sagte ein hoher Regierungsbeamter. Dabei gehe es vor allem um die Frage, wie und wann die US-Truppen der afghanischen Regierung die Verantwortung für die Sicherheit übergeben könnten.

Zu den Optionen, die im sogenannten Kriegsrat ( War Council) der US-Regierung erörtert wurden, gehört die Entsendung von 30.000 zusätzlichen Soldaten nach Afghanistan. Drei weitere Pläne sehen andere Zahlen vor, von einer relativ geringen Truppenverstärkung bis hin zur Entsendung von 40.000 Soldaten, wie es vom US-Kommandeur in Afghanistan, General Stanley McChrystal, befürwortet wird.

Obama wolle vor allem deutlich machen, dass der Einsatz in Afghanistan nicht endlos sein könne, verlautete aus Regierungskreisen. Zurzeit befinden sich 68.000 US-Soldaten in Afghanistan, so viel wie nie seit Beginn des Krieges im Herbst 2001.

Auch der US-Botschafter in Kabul, Karl Eikenberry, äußerte Vorbehalte gegen eine weitere Truppenverstärkung, wie aus Washingtoner Regierungskreisen verlautete. Der Diplomat erklärte, er habe Bedenken gegen eine weitere Aufstockung der Militärpräsenz, solange es noch so viele Fragen zur Regierung von Präsident Hamid Karsai gebe.

Es wird erwartet, dass Obama seine Entscheidung zur künftigen Afghanistan-Strategie bald nach seiner Asienreise treffen wird. Der US-Präsident bricht am heutigen Donnerstag zu der neuntägigen Reise auf, die ihn nach Japan, China, zum APEC-Gipfel in Singapur und nach Südkorea führen wird.

In den vergangenen Wochen hatte es immer wieder Spekulationen gegeben, die Bundesregierung könnte auf Druck der USA mehr Soldaten entsenden wollen - von einer Aufstockung der Truppe auf 7000 Kräfte war die Rede. Dies wurde dementiert. Guttenberg setzt auf eine baldige internationale Afghanistankonferenz, die klare Ziele und Zeitvorgaben beschließen solle. Ferner will er die neue Konzeption der USA abwarten. Der Minister betonte zugleich, Deutschland werde sich weiterhin stark engagieren.

Im Magazin Stern machte Guttenberg klar, dass die Frage eines Abzugs der Deutschen aus Afghanistan politisch immer bedeutender werde, sollten sich dort die Verhältnisse nicht verbessern. "Die Sankt-Nimmerleins-Haltung ist politisch nicht mehr tragbar. Das Wort 'Exit-(Ausstiegs)-Strategie' nehmen wir nicht mehr nur verschüchtert in den Mund, wie noch vor ein, zwei Jahren."

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