Verteidigungsminister de Maizière:"Starke Vorbehalte"

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Noch vor einem Jahr warb Verteidigungsminister de Maizière vehement für ein Drohnenprojekt der Nato. FDP-Politikerin Elke Hoff erinnert sich jetzt, dass ihre Fraktion schon damals starke Vorbehalte gehabt habe. Gleichwohl hatten auch die Liberalen für das Projekt gestimmt.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Verteidigungsminister Thomas de Maizière: Die FDP will schon länger gegen die Nato-Drohne gewesen sein. (Foto: dpa)

Nach dem Scheitern des Drohnenprojekts Euro Hawk distanziert sich die FDP in scharfer Form vom Nato-Drohnenprogramm AGS ("Alliance Ground Surveillance"), das Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) persönlich vorangetrieben hat. "Ich hatte starke Vorbehalte gegen AGS und habe das im vergangenen Jahr auch in Einzelgesprächen mit dem Ministerium deutlich gemacht", sagte die FDP-Verteidigungsexpertin Elke Hoff der Süddeutschen Zeitung. "Mit meinen Bedenken war ich nicht allein, die Skepsis war auch bei Fraktionskollegen vorhanden", fügte sie hinzu.

Für das Aufklärungs- und Überwachungsprogramm sollen Drohnen des Typs Global Hawk eingesetzt werden, auf dem der Euro Hawk basiert. Es wird vermutet, dass sie vor der gleichen Zulassungsproblematik stehen, an welcher der Euro Hawk gescheitert ist. Daraus ergibt sich der Verdacht einer weiteren Fehlinvestition. Das Projekt AGS stand auf dem Programm des Nato-Gipfels in Chicago im Mai vergangenen Jahres. In der Zeit um den Gipfel herum setzte sich de Maizière vor Abgeordneten dafür ein, das Projekt zu unterstützen. Die Schwierigkeiten bei der Zulassung des Euro Hawk indes waren im Ministerium bereits seit 2011 bekannt.

"Skepsis offensichtlich berechtigt"

Die FDP-Abgeordnete Hoff erinnert sich, der für die Nato zuständige parlamentarische Staatssekretär Christian Schmidt (CSU) habe ihr wegen der Bedenken "noch einmal sehr deutlich gemacht, wie wichtig das Projekt vor dem Hintergrund unserer Bündnisverpflichtungen gerade im Vorfeld des Chicago-Gipfels" sei. "Es wurde auch vorgetragen, dass die Bundesregierung für dieses Projekt eigentlich keine Zustimmung des Parlaments benötige, sondern dies auch alleine entscheiden könne."

"Meine Skepsis ging auf den in langen Jahren entwickelten Instinkt zurück, dass bei derartigen multinationalen Großprojekten, die immer wieder Unsummen verschlingen, regelmäßig die Finanzierung und die Kontrolle aus dem Ruder laufen", sagt Hoff. "Und vor dem Hintergrund der heutigen Erkenntnisse war diese Skepsis offensichtlich berechtigt."

Im Verteidigungsausschuss stimmten gleichwohl im Mai 2012 die Abgeordneten von Union, FDP und SPD dafür, die Vorlage des Finanzministeriums zum AGS-Projekt anzunehmen. Entscheidend war aber ohnehin der Haushaltsausschuss. Dort saß der FDP-Abgeordnete Jürgen Koppelin, der sich an die Stimmung in der Fraktion so erinnert: "Da standen auf der einen Seite die Verteidigungs- und Haushaltspolitiker, die skeptisch waren. Auf der anderen Seite standen die Transatlantiker, für die es um das Großprojekt mit Amerika ging."

Minister de Maizière hat angekündigt, das AGS-Programm in die chronologische Aufarbeitung des Euro Hawk-Scheiterns einzubeziehen, die er dem Verteidigungsausschuss am 5. Juni vorlegen will. Aus Kreisen der FDP-Fraktion verlautete am Donnerstag, dass es am Tag zuvor eine gemeinsame Sitzung der Sicherheits- und Verteidigungspolitiker der Fraktionen von Union und FDP geben solle, an der auch de Maizière teilnehmen werde. Im Ministerium wurde dies nicht bestätigt, allerdings auch nicht dementiert. Stattdessen verwies der Sprecher des Hauses auf den engen Zeitplan des Ministers. So stehe an jenem 4. Juni noch die Teilnahme de Maizières am Treffen der Nato-Verteidigungsminister in Brüssel an.

Global-Hawk-Hersteller wehrt sich

Der Sprecher begründete darüber hinaus die Entscheidung, den Abteilungsleiter Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung im Ministerium, Detlef Selhausen, zum Leiter jener Arbeitsgruppe zu machen, welche die Vorgänge rund um die Beschaffung des Euro Hawk aufarbeiten soll. Zur Kritik, Selhausen sei selbst einer der handelnden Akteure gewesen, sagte der Sprecher: "Er ist der zuständige Abteilungsleiter und damit auch dafür zuständig." Zudem sei die Arbeitsgruppe "abteilungsübergreifend" zusammengesetzt und bestehe aus etwa 40 Leuten.

Der Hersteller des Global Hawk, das US-Unternehmen Northrop Grumman, wehrte sich derweil gegen Darstellungen aus dem Verteidigungsministerium. Ein Sprecher des Unternehmens sagte der Zeit zu dem Vorhalt, es seien nicht sämtliche Baupläne nach Deutschland geliefert worden, der Auftraggeber habe "nie eine klare Anweisung gegeben, welche Dokumente für die Erlangung der notwendigen Zertifizierungen und damit letztlich für die Zulassung in Europa notwendig gewesen" seien. Man habe dem Kunden "uneingeschränkten Zugang zu über 4000 Dokumenten gewährt", um ihn bei dem Prozess zu unterstützen.

© SZ vom 24.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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