TV-Duell in Niedersachsen:Wie McAllister und Weil Schwäche zeigen

TV-Duell McAllister - Weil

TV-Duell zwischen Ministerpräsident McAllister und Herausforderer Weil

(Foto: dpa)

Zu eitel, zu zahm, überzuckert: Überraschend deutlich offenbaren David McAllister und Stephan Weil im TV-Duell manche Unzulänglichkeiten. Dass der Schlagabtausch vor der Landtagswahl in Niedersachsen ohne Sieger endete, lag auch an verpassten Steilvorlagen - und Angela Merkel.

Eine Analyse von Carsten Eberts, Hamburg, und Oliver Das Gupta

Um 22:02 Uhr haben es David McAllister und Stephan Weil hinter sich gebracht. Mit kleiner Überlänge endet das niedersächsische Fernsehduell der Ministerpräsidenten-Kandidaten von CDU und SPD. Die Rivalen geben sich die Hand, posieren kurz für Fotos, dann wird die Verkabelung entfernt.

Das Fernsehen interviewt in der Zwischenzeit Journalisten. Tenor: möglicherweise kleine Vorteile für den Amtsinhaber. Eindeutig gewonnen hat diesen verbalen Schlagabtausch weder der eine noch der andere. Aufschlussreich war die Diskussion trotzdem, denn beide Kandidaten haben vor laufender Kamera Schwächen gezeigt.

SPD-Kandidat Stephan Weil wirkte mehrmals unsouverän - und zu zahm. Dabei muss man Hannovers Oberbürgermeister zugutehalten, einmal von NDR-Moderator Andreas Cichowicz überrascht worden zu sein: Der präsentierte eine Umfrage, die eigentlich erst zu einem späteren Zeitpunkt veröffentlicht werden sollte. Demnach darf die lange unter der parlamentarischen Hürde darbende FDP mit fünf Prozent doch wieder auf einen Einzug in den Landtag hoffen - und damit McAllister auf eine Fortsetzung seiner schwarz-gelben Koalition.

Weils Stolpern in die nächste Verlegenheit

Der CDU-Mann frohlockte ausführlich, Weil schaute konsterniert drein und vergaß dabei glatt, energisch darauf hinzuweisen, dass auch dieser Umfrage zufolge sein rot-grünes Lager mit 46 Prozent immer noch einen Vorsprung vor Schwarz-Gelb mit 45 Prozent hätte.

Dann stolperte der Sozialdemokrat gleich in die nächste Verlegenheit. Und das bei einer Frage, mit der Weil rechnen musste: Wie hältst du es mit der Linken? Gibt es nach der Wahl eine mögliche Zusammenarbeit der SPD mit den Sozialisten? "Das wird nicht eintreten, der Fall", antwortete Weil schmallippig und kühl.

McAllister schnappte sofort zu. "Sie eiern bei der Frage rum", warf er seinem Rivalen vor. "Verräterisch" sei das. Weil schien mit der plötzlichen Attacke nicht gerechnet zu haben, zumindest brachte er nur den Satz heraus, dass er nicht mit einer Splitterpartei kooperiere. Ausgebufft war Weil in diesem Moment kein bisschen, er wirkte dünnhäutig und spröde. Die Interpretation könnte lauten: Wird es knapp, würde sich Weil auch mit den Linken einlassen. Das stand nun im Raum. Wegwischen konnte Weil diesen Eindruck nicht mehr.

McAllister wirkte bei diesem Wortgefecht, wie er sich gerne sieht: als Staatsmann und Politprofi. Und Weil wirkte, wie er sich nicht gerne sieht: als Bürgermeister, dem das Amt des Ministerpräsidenten zu groß ist. Es war klar, dass McAllister auf die Haltung zur Linkspartei drängen würde. Weil hätte vorbereitet sein müssen.

McAllisters zur Schau gestellte Eitelkeit

Es lag jedoch ebenso an Weil, dass er nach diesem schlechten Start nicht als Verlierer aus dem Duell ging. Bei seinen Leib- und Magenthemen, der Familien- und Bildungspolitik, wirkte der SPD-Mann kompetenter als sein Gegner, brachte ohne große Mühe seine Argumente durch. Als "Symbol für eine rückständige Bildungspolitik" bezeichnete er das Festhalten McAllisters an den umstrittenen Studiengebühren. Neben Bayern ist Niedersachsen das einzige Bundesland, das noch Gebühren erhebt. Kommt es zu Rot-Grün in Niedersachsen, kündigte Weil an, sollen Studiengebühren bis spätestens zum Wintersemester 2014/15 passé sein.

Und McAllister? Schaffte es im Umkehrschluss nicht, die Führung aus den ersten Minuten über die Zeit zu retten. Der CDU-Mann übertrieb es schlichtweg mit der Schönfärberei. Studiengebühren, Verkehrsinfrastruktur, Flüchtlingspolitik: alles heile, alles wunderbar dank der CDU, versuchte McAllister zu suggerieren und schloss dabei gerne mit Sätzen wie: "Dafür stehe ich auch ganz persönlich."

Passend zur zuckrigen Ode auf seine Regierung lieferte David McAllister noch ein Beispiel von persönlicher Überheblichkeit: Seine große Nähe zur CDU-Chefin Angela Merkel (nicht umsonst wird er "Muttis Bester" genannt) betonte er nicht nur einmal, sondern zwei-, dreimal. "Ich habe einen ganz engen Draht zur Bundeskanzlerin", erklärte McAllister und wirkte wie ein siebenjähriger Nachwuchskicker, der mit dem Trainer ab und zu eine Cola trinken darf.

Die zur Schau gestellte Eitelkeit sollte seinen Kontrahenten Weil, den Oberbürgermeister, noch kleiner machen. Dazu dieses süßliche Lächeln, das McAllister-Lächeln. Der Ministerpräsident hätte das Gepose nicht nötig gehabt. Den Niedersachsen wird immerhin nachgesagt, dass ihnen zwischen Harz und Emsland herzlich egal ist, was ihr Ministerpräsident in Berlin treibt.

Verpasste Steilvorlage beim Thema Krankenhausprivatisierung

Weil wiederum schaffte es nicht, McAllisters Angriffsflächen zu erkennen und zu attackieren. Als der Ministerpräsident sich mühte, erneut ohne eine klare Abgrenzung zu Förderer und Ex-Bundespräsident Christian Wulff davonzukommen, stieß Weil nicht nach.

Eine weitere Gelegenheit, McAllister in Bedrängnis zu bringen, verpasste Weil, indem er sie gar nicht ansprach. Kurz vor dem TV-Duell hatten SZ und NDR berichtet, das Land Niedersachsen habe sich unter der Führung von Christian Wulff bei der Privatisierung von Krankenhäusern verspekuliert und die Kliniken massiv unter Wert an private Investoren verkauft. Nun ermittelt der Landesrechnungshof, betroffen ist die Regierungszeit von 2005 bis 2007. Damals saß McAllister schon Jahre im Landtag und führte die CDU-Fraktion. Die Causa wäre eine Steilvorlage für den Herausforderer Weil gewesen, den Amtsinhaber festzunageln - doch Weil tat es nicht.

Und so blieb es der Abend der verpassten Chancen. Für den Kandidaten, der für seine Grünschnäbeligkeit bezahlte. Und für den Ministerpräsidenten, der ziemlich leicht als Sieger aus diesem Duell hätte hervorgehen können. Es aber nicht tat, weil er überzog.

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