Wenn es noch eines Beweises bedurfte, dass der konservative britische Premierminister Cameron seine Partei nicht unter Kontrolle hat, dann ist er nun erbracht. Erneut haben sich 53 Abgeordnete bei einer Abstimmung zum Thema Europa gegen den eigenen Chef gestellt und sich tags drauf für ihre Prinzipientreue gerühmt.
Erst vor zwei Wochen hatte Cameron einen neuen Parlamentarischen Geschäftsführer ernannt, verbunden mit der Hoffnung, dieser könnte ihm helfen, die Partei zu disziplinieren. Doch die Konservative Partei, das musste Cameron wieder einmal feststellen, ist nicht zu disziplinieren.
Das liegt daran, dass der europaskeptische Flügel der Tories in erster Linie ideologisch motiviert ist. Diese Abgeordneten würden eher eine Parlamentswahl verlieren, als von ihren Grundsätzen abzuweichen - was sie bereits 1997 eindrucksvoll bewiesen haben. An dieser notorischen Sturheit sind die konservativen Premiers Thatcher und Major gescheitert. Cameron droht nun das gleiche Schicksal.
Die Regierung präsentiert sich als zutiefst zerstritten, die oppositionelle Labour-Partei sieht genüsslich dabei zu, wie die Tories sich selbst zerfleischen. Cameron hat bei Verhandlungen in Brüssel immer weniger Spielraum. Daraus ergibt sich eine Situation der doppelten Schwäche: Zu Hause wird ihm seine Machtlosigkeit vorgeführt, in Europa marginalisiert er sich selbst.