Tod von Ayatollah Montaseri:Hunderttausende protestieren in Iran

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Die Trauerfeier für den Regimekritiker Ayatollah Montaseri wird zum Massenprotest. Hunderttausende fordern in Ghom das Regime heraus.

Hunderttausende Regimegegner in Iran haben nach Berichten aus Oppositionskreisen die Trauerfeier für den am Sonntag gestorbenen Großayatollah Hussein Ali Montaseri zu Protesten gegen das Regime genutzt. Auf Websites der Opposition wurde von ersten Zusammenstößen mit Sicherheitskräften gesprochen.

Sie halten Bilder des verstorbenen Ayatollah Montaseri hoch und tragen die Farbe Grün der Opposition gegen das Regime: Hunderttausende kamen zur Trauerfeier für Ayatollah Montaseri in die Stadt Ghom. (Foto: Foto: Reuters)

In Ghom, etwa 130 Kilometer südlich von Teheran, wo der Geistliche am Morgen beerdigt wurde, fanden sich mehrere hunderttausend Menschen ein. "Die Leute singen 'Tod dem Diktator'" berichtete ein Augenzeuge über die Internetplattform Twitter. Bilder der iranischen Nachrichtenagentur Mehr News zeigen Demonstranten, die Bilder von Montaseri tragen. Mehrere Videos auf einem Youtube-Kanal zeigen die Menschenmassen auf der Trauerfeier. Ausländische Medien dürfen von der Veranstaltung in der Stadt Ghom nicht berichten.

Das staatliche Fernsehen meldete, die Montaseri-Familie wolle keine Proteste bei der Trauerfeier. "Wer es glaubt, wird selig", konterte ein Mitglied der Montaseris. "Der Ajatollah war einer der heftigsten Kritiker der Ahmadinedschad-Regierung, und das hört mit seinem Tod nicht auf."

Unter den Teilnehmern an der Trauerfeier sollen nach Berichten der BBC auch die Oppositionspolitiker Mir Hussein Mussawi und Mehdi Karrubi sein. Unklar war zunächst, ob auch die ehemaligen Präsidenten Akbar Haschemi Rafsandschani und Mohammed Chatami in Ghom dabei waren.

Die Sicherheitskräfte in der Stadt waren nach Angaben von Beobachtern seit dem frühen Morgen in Alarmbereitschaft. Demnach wurden schon auf der Fahrt nach Ghom Demonstranten gestoppt. Oppositionelle berichteten, zumindest ein Bus mit Trauergästen sei auf der Fahrt angehalten worden.

Doch ganz unterbinden konnte die Regierung die Ansammlung von Trauernden nicht: "Es war schwierig für Regierung und Polizei, Menschen in einem islamischen Land daran zu hindern, an der Beerdigung eines Großayatollahs teilzunehmen", sagte ein iranischer Journalist.

"Die Basidschi ( die regimetreue Miliz, Anm. d. Red.) singen Anti-Oppositionslieder", berichtete ein Beobachter auf der Internetplattform Twitter. "Sie zerreißen Bilder von Montaseri und werfen Steine auf die Demonstranten." Nach BBC-Informationen sollen mehrere Demonstranten festgenommen worden sein. Auch in Najafabad, dem Geburtsort von Montaseri, kam es nach Angaben von Oppositionellen zu Protesten.

Der 87-jährige Großayatollah Hussein Ali Montaseri galt als einer der einflussreichsten kritischen Geistlichen in Iran und Gegner des umstrittenen Präsidenten Ahmadinedschad. Nach der manipulierten Präsidentschaftswahl im Juni wurde Montaseri zu einem der Fürsprecher der Oppositionsbewegung. Der Geistliche erließ eine Fatwa, ein religiöses Gutachten, in der er das gewaltsame Vorgehen des Regimes gegen die Demonstranten als Ungerechtigkeit und Tyrannei verurteilte.

Montaseri galt nach der Islamischen Revolution 1979 zunächst als möglicher Nachfolger von Revolutionsführer Ayatollah Khomeini. Nachdem Montaseri sich aber zunehmend kritisch zur Entwicklung der Islamischen Republik geäußert hatte, fiel er in Ungnade. In den achtziger Jahren wurde er von Khomeini entmachtet und unter Hausarrest gestellt. Montaseri ließ sich jedoch nicht davon abhalten, immer wieder darauf hinzuweisen, dass auch in der Islamischen Republik die Macht vom Volke und nicht von Diktatoren ausgehen solle.

Sein Tod kommt für Teheran zu einem ungünstigen Zeitpunkt, da sich nun die Proteste weiter ausbreiten dürften. Für den Nachmittag seien weitere Demonstrationen geplant, schrieben Oppositionelle auf der Internetplattform Twitter.

© sueddeutsche.de/dpa/rasa/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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Trauerfeier für Montaseri
:Hunderttausende protestieren in Iran

Auf der Trauerfeier für den Regimekritiker Montaseri protestieren in der Stadt Ghom Hunderttausende.

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