Thailand:Bürgerkriegsszenen in Bangkok

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Seit März eskaliert der Konflikt in Bangkok. In wenigen Tagen starben mehr als 20 Menschen. Die Regierung aber will nicht mit den "Rothemden" verhandeln.

Mit Guerillamethoden wie im Bürgerkrieg haben Regierungsgegner am Wochenende in Bangkok versucht, sich dem Zugriff der Armee zu widersetzen. Tausende Soldaten umzingelten das Geschäftsviertel der thailändischen Hauptstadt, in dem sich die oppositionellen "Rothemden" seit Wochen verbarrikadiert haben.

Die Proteste in Thailand werden immer blutiger. (Foto: Foto: AP)

Doch gelang es militanten Aktivisten immer wieder, die Sperren zu umgehen und neue Brandherde zu schüren. Die Regierung stellte ihnen am Sonntag ein neues Ultimatum: Abzug bis Montagnachmittag. Was dann passieren sollte, blieb unklar. Bei den Straßenkämpfen kamen nach Angaben von Krankenhäusern seit Donnerstag 25 Menschen ums Leben, mehr als 200 wurden verletzt.

Deutsche Botschaft geschlossen

Am Samstag erreichten die Kämpfe auch die unmittelbare Nähe der deutschen Botschaft. Das Militär blockierte die Sathorn-Straße vor dem Gebäude. Die Botschaft beschloss daraufhin, den Publikumsverkehr einzustellen. Ein sicherer Zugang sei nicht mehr gewährleistet, sagte Botschafter Hanns Schumacher der dpa. Ein konsularischer Notdienst für Deutsche, die in Schwierigkeiten geraten, werde in den Räumen der französischen Botschaft außerhalb der Gefahrenzone angeboten.

Über den abgeriegelten Viertel standen am Sonntagnachmittag hohe Rauchsäulen. Die Armee warnte, dass in dem Areal scharf geschossen werde. Immer wieder waren Gewehrsalven zu hören. Tausende Soldaten kauerten in Hauseingängen und hinter Hecken, mit Maschinengewehren im Anschlag. Aus den Reihen der Demonstranten flogen Molotowcocktails und Brandbomben in Richtung Sicherheitskräfte.

Augenzeugen berichteten, dass viele Frauen und Kinder, die seit Wochen unter den Demonstranten kampiert hatten, die Zone verließen. "In der Innenstadt sitzt ein harter Kern aus 1000 bis 2000 gewaltbereiten Rothemden", sagte der Botschafter dem audio-Dienst der dpa. Die Regierung habe versucht, mit Fingerspitzengefühl und Zurückhaltung zu agieren. "Das übliche von den Medien verbreitete Bild, der arme Bauer kämpft gegen die Unterdrücker aus Bangkok, das stimmt hier einfach nicht", sagte er.

Keine Chance für friedliche Lösung

Ministerpräsident Abhisit Vejjajiva brandmarkte die militanten Aktivisten als Terroristen. Das Militär habe keine andere Wahl als hart durchzugreifen, sagte er. Er sehe keine Chance mehr für eine friedliche Lösung. Abhisit kündigte zwei arbeitsfreie Tage in Bangkok an. Die 400 Schulen blieben geschlossen, ebenso der öffentliche Verkehr. Eine zunächst angekündigte Ausgangssperre wurde nicht umgesetzt. Militärsprecher Sansern Kaewkamnerd schätzte die Zahl der noch ausharrenden Demonstranten auf 5000. "Wenn sie die Situation nicht beenden, werden wir in das Lager eindringen müssen", sagte der Oberst.

Die seit Mitte März in Bangkok demonstrierenden Rothemden verlangen die Auflösung des Parlaments. Sie sind überwiegend Anhänger des 2006 gestürzten Regierungschefs Thaksin Shinawatra, der sie aus dem Exil kräftig anfeuert. Ein Angebot von Abhisit für Neuwahlen im November war vergangene Woche in greifbarer Nähe, doch erhob das Oppositionsbündnis UDD dann neue Forderungen. Es ging dem Vernehmen nach darum, den Anführern der Proteste Untersuchungshaft zu ersparen.

"Minütlich einem Bürgerkrieg näher"

Bei Straßenschlachten und Schießereien wurden nach Angaben der Behörden bis Samstag 25 Menschen getötet und mehr als 170 verletzt. Die Streitkräfte erklärten einen Teil des Stadtzentrums von Bangkok zur Sperrzone, in der vor Schusswaffengebrauch gewarnt wird. Auf den Dächern von Hochhäusern am Rand der Protestzone wurden Scharfschützen postiert. "Die Lage kommt minütlich einem Bürgerkrieg nähe", sagte einer der Führer der Protestbewegung, Jatuporn Prompan. Zugleich erklärte er den Widerstandswillen der "Rothemden".

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon appellierte an beide Seiten, weiteres Blutvergießen zu vermeiden. Die US-Botschaft in Bangkok bot den Angehörigen ihrer Mitarbeiter an, sie aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Bundesaußenminister Guido Westerwelle äußerte sich sehr beunruhigt über die Lage in Bangkok und riet dringend von Reisen in die thailändische Hauptstadt ab.

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