Syrien-Krieg:Putin: Vermisster russischer Kampfjet-Pilot gerettet

  • Eines der zwei Besatzungsmitglieder des russischen Kampfjets, der von der Türkei an der Grenze zu Syrien abgeschossen worden war, lebt.
  • Nach US-Angaben war das Flugzeug im syrischen Luftraum getroffen worden, nachdem es kurzzeitig den Luftraum der Türkei verletzt hatte.
  • Sowohl die russische wie die türkische Seite betonen am Mittwoch ihre Dialogbereitschaft.
  • Als Reaktion auf Abschuss erhalten die russischen Kampfjets bei ihren Einsätzen über Syrien nun Begleitschutz.

Putin: Vermisstes Besatzungsmitglied ist in Syrien

Nach dem Abschuss eines russischen Kampfjets durch die Türkei hat Präsident Wladimir Putin die Rettung eines der beiden Piloten bestätigt. Der Soldat befinde sich auf der russischen Basis Hamaimim (Khmeimim) südlich von Latakia in Syrien, sagte der Kremlchef am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge.

Bereits zuvor war bekannt geworden, dass der Pilot von der syrischen Armee aufgegriffen worden war. Der zweite Pilot sei islamistischen Rebellen entkommen, sagte der russische Botschafter in Frankreich, Alexander Orlow, dem Radiosender Europe 1. Die libanesische Nachrichtenseite Al-Mayadeen, die gute Kontakte zu Syriens Regierung hat, meldete, der Soldat sei bei einer Aktion "hinter den Linien der Bewaffneten (Rebellen)" gerettet worden.

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Putin bestätigte, dass einer der beiden Piloten bei dem Zwischenfall am Vortag ums Leben gekommen sei.

Der russische Botschafter sagte, dieser sei verletzt worden, als er mit dem Fallschirm absprang und von Dschihadisten in der Gegend auf grausame Art ermordet worden.

Ein weiterer russischer Militärangehöriger war am Dienstag nach russischen Angaben beim Angriff von syrischen Rebellen auf einen russischen Hubschrauber ums Leben gekommen. Für Russland sind es die ersten toten Soldaten im Syrien-Einsatz seit Beginn der Luftangriffe im September.

Moskau und Ankara betonen Dialogbereitschaft

Der Abschuss des russischen Kampfjets durch das türkische Militär an der Grenze zu Syrien belastet die Beziehungen beider Länder. Am Mittwoch zeigten sich sowohl Moskau als auch Ankara dialog- und kooperationsbereit. Im Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) sei Russland zur Einrichtung eines "gemeinsamen Generalstabs" mit den USA, Frankreich und anderen Ländern wie selbst der Türkei bereit, sagte der russische Botschafter in Paris.

"Wir sind bereit, (...) zusammen Luftangriffe auf Positionen von Daesch (den IS; Anm. d. Red.) zu planen und dafür eine gemeinsamen Generalstab einzurichten mit Frankreich, mit Amerika, mit allen Ländern, die sich an dieser Koalition beteiligen wollen", sagte er "Die Türken sind willkommen, wenn sie wollen."

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan warb seinerseits für eine Entschärfung des Konflikts. "Wir denken definitiv nicht an so etwas wie eine Eskalation dieses Zwischenfalls", sagte er nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in Istanbul. "Wir verteidigen nur unsere eigene Sicherheit und das Recht unserer Brüder." Laut Erdoğan stellte sich erst nach dem Abschuss des Kampfjets heraus, dass es sich um ein russisches Flugzeug handelte.

USA: Russischer Kampfjet in syrischem Luftraum abgeschossen

Der abgeschossene russische Kampfjet ist nach US-Einschätzung innerhalb des syrischen Luftraums getroffen worden. Die Maschine sei zwar kurzzeitig im türkischen Luftraum gewesen, dort aber nicht getroffen worden, sagte ein Vertreter der US-Regierung, der nicht namentlich genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur Reuters. Diese Beurteilung basiere auf Wärmedaten des Jets.

Die Türkei hatte das Flugzeug am Dienstag abgeschossen. Nach Darstellung des Nato-Landes wurde der Pilot mehrfach gewarnt, ohne jedoch den Kurs zu ändern. Die Maschine habe türkischen Luftraum verletzt. Russlands Präsident Wladimir Putin sagte indes, das Flugzeug sei über syrischem Gebiet abgeschossen worden. Die Türkei sei in keiner Form bedroht gewesen. Der Vorfall werde ernste Konsequenzen für die Beziehungen beider Staaten haben.

US-Präsident Barack Obama hat unterdessen mit seinem türkischen Amtskollegen Recep Tayyip Erdoğan telefoniert, wie das US-Präsidialamt mitteilte. Die USA unterstützten zwar das Recht der Türkei, die Landesgrenze zu verteidigen. Es habe aber auch Einigkeit gegeben, dass die Lage nach dem Abschuss jetzt entschärft werden müsse und so etwas nicht wieder vorkommen dürfe.

Russische Bomber bekommen Begleitschutz

Als Reaktion auf den Vorfall werden alle Luftwaffeneinsätze Russlands gegen die Terrormiliz IS in Syrien ab sofort von eigenen Kampfjets begleitet, wie der Generalstab in Moskau laut dem staatlichen Nachrichtenportal "Sputniknews" bekanntgab. Zuvor hätten Bomber keinen derartigen Schutz bekommen. Außerdem wurde der russische Raketenkreuzer Moskwa demnach angewiesen, vor der syrischen Mittelmeerküste Position zu beziehen und alle Ziele zu vernichten, die Russlands Luftwaffe in dem Bürgerkriegsland gefährden könnten.

Russlands Nato-Botschafter Alexander Gruschko kritisierte nach der von Ankara beantragten Sondersitzung des Bündnisses am Dienstag, die Türkei sei für ihr Verhalten nicht verurteilt worden. Auch habe Moskau keine Beileidsnote nach dem Tod zweier Piloten erhalten. Einer von ihnen saß nach russischen Angaben in dem abgeschossenen Bomber, der andere in einem Hubschrauber, der von syrischen Rebellen auf dem Weg zur Rettung der verunglückten Flugzeugbesatzung beschossen wurde. Das Schicksal des zweiten Su-24-Piloten ist ungeklärt. Für Russlands Streitkräfte sind es die ersten offiziell bestätigten Verluste seit Beginn ihrer Intervention im syrischen Bürgerkrieg im September.

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